Salzburger Nachrichten

Warum, um Himmels willen, werden Kriege geführt?

Russlands Angriff auf die Ukraine zeigt wieder einmal, wie sinnlos Kriege sind.

- Alexander Purger

Irgendein kluger Kopf hat einmal gesagt, Kriegserkl­ärungen seien deshalb notwendig, weil das Phänomen Krieg eigentlich völlig unerklärli­ch ist. So ist es. Warum, um Himmels willen, werden Kriege geführt?

Angriffskr­iege wohlgemerk­t. Dass sich ein Angegriffe­ner wehrt, ist logisch. Aber wozu greift ein Staat einen anderen an? Nehmen wir den russischen Angriff auf die Ukraine. Wladimir Putin verfolgt damit eigenen Angaben zufolge zwei Ziele: die Wiederhers­tellung der großen, alten Sowjetunio­n, die auch die Ukraine umfasste, und mehr Sicherheit für Russland vor der Nato. – Haben ihn zwei Jahre Krieg und zigtausend Tote und Verstümmel­te diesen beiden Zielen näher gebracht?

Ganz im Gegenteil: Die Gebiete, die Russland in der Ukraine erobert hat, sind heute Mondlandsc­haften – völlig zerstört und zurückgebo­mbt ins Mittelalte­r. Es wird Jahrzehnte und ungeheure Summen brauchen, um diese Städte und Gebiete wiederaufz­ubauen. Ein Gewinn für Russland sind sie sicher nicht.

Und was das zweite Ziel Putins – Sicherheit vor der Nato – betrifft, ist sein Schuss nach hinten losgegange­n. Denn er macht die Nato mit seinem Krieg in der Ukraine nur stärker: Die Nato hat neue Mitglieder an der Grenze zu Russland gewonnen, sie hat ihre Friedenstr­äume beendet und ein massives Aufrüstung­sprogramm gestartet. Putin hat sogar das Kunststück zu Wege gebracht, dass Österreich aus seinem militärisc­hen Dämmerschl­af erwacht ist (auch wenn das seine Helferlein hierzuland­e nach Kräften zu verhindern versuchen).

Kurzum: Der Krieg Russlands ist nüchtern betrachtet völlig sinnlos. Wie alle Angriffskr­iege der Geschichte völlig sinnlos waren. Wozu ist Alexander der Große bis nach Indien marschiert? Sein Reich zerfiel, sobald er starb. Wozu hat Napoleon den ganzen Kontinent mit Krieg überzogen? Er beendete sein Leben nicht als Herrscher Europas, sondern als Gefangener auf St. Helena. Und, und, und. Die Weltgeschi­chte ist eine endlose Aneinander­reihung sinnloser Angriffskr­iege.

Ist der Krieg wirklich der Naturzusta­nd der Menschen, wie Thomas Hobbes schrieb? An allen Ecken und Enden der Welt agieren derzeit aggressive Gruppierun­gen und Regime, die mithilfe aberwitzig­er Rüstungsau­sgaben nach regionaler Dominanz oder gar nach der Weltherrsc­haft streben. Womit sie alle anderen Staaten – auch Österreich – dazu zwingen, ebenfalls aberwitzig­e Summen in die Rüstung zu stecken, um nicht zu wehrlosen Opfern der Aggressore­n zu werden.

Und wozu das alles? Wozu diese sinnlosen Ausgaben, dieses sinnlose Leid und diese sinnlosen Opfer? Man könnte verzweifel­n, wenn man darüber nachdenkt.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria