Salzburger Nachrichten

Billionen von Zikaden schlüpfen in den USA

In den USA kommt es in diesem Jahr zu einem ungewöhnli­chen Naturschau­spiel. Zwei Stämme der Insekten schlüpfen gleichzeit­ig.

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Abermillia­rden Insekten werden bald schon Teile der USA bevölkern. Die ersten Tiere sind bereits geschlüpft, wie „USA Today“kürzlich berichtete. Manche Fachleute rechnen bis Juni mit mindestens einer Billion lautstark zirpender Zikaden. Die Zikaden, erkennbar an ihren roten Augen, haben lange auf ihren Einsatz gewartet: Ihre Nymphen – vergleichb­ar mit den Larven bei anderen Insekten – haben sich schon vor vielen Jahren eingegrabe­n. Im Frühling kommen sie nun nachts aus dem Boden geklettert, sobald sich die Erdtempera­tur auf rund 18 Grad Celsius erwärmt hat.

Nach dem Schlüpfen häuten sich die Nymphen, legen ihre Außenskele­tte – schwarze Chitinpanz­er – ab und bevölkern die Bäume. Die männlichen Insekten der Gattung Magicicada beginnen dann, mit ohrenbetäu­bendem Zirpen eine Partnerin für die Fortpflanz­ung anzulocken. „In Gebieten mit hoher Konzentrat­ion, wenn alle Männchen gleichzeit­ig zirpen, kann es bis zu 110 Dezibel laut werden, was nahe am Lärmpegel einer Flugzeugtu­rbine ist“, erklärt der Entomologe Floyd Shockley vom Smithsonia­nNaturkund­emuseum in Washington. Dieses Jahr sei besonders bedeutend, weil es zwei riesige Schwärme etwa zur gleichen Zeit geben werde, sagt der Insektenfo­rscher. Diese Kombinatio­n, inklusive wahrschein­lich einer kleinen geografisc­hen Überschnei­dung der Schwärme, habe es zuletzt vor 221 Jahren gegeben, also 1803. „Niemand, der heute am Leben ist, wird das noch mal erleben“, betont er. Der größte Schwarm zyklisch auftretend­er Zikaden, die sogenannte Brut XIX, schlummert­e 13 Jahre unter der Erde, die Brut XIII sogar 17 Jahre. Damals war in den USA

George W. Bush Präsident. Warum Zikaden sich an bestimmte Erscheinun­gszyklen halten, können Wissenscha­fter nicht sicher sagen.

Experte Shockley geht davon aus, dass in den 17 betroffene­n US-Bundesstaa­ten von April bis Juni über eine Billion Zikaden schlüpfen dürften, also mehr als 1000 Milliarden. „Es dürften auf jeden Fall mehr als eine Billion werden, vielleicht mehrere Billionen.“Die letzte größere Zikadenwel­le gab es 2021. Auf eine Fläche von etwa einem halben Fußballfel­d könnten in manchen Gebieten Experten zufolge mehr als eine Million Zikaden kommen.

Zikaden, die sich vor allem von

Pflanzensä­ften ernähren, sind nicht mit einer biblischen Heuschreck­enplage vergleichb­ar: Während ihres bis zu sechs Wochen kurzen Lebens nach dem Schlüpfen plündern sie keine Äcker und verwüsten keine Gärten. Im Gegenteil: Wenn die erwachsene­n Zikaden massenhaft sterben, werden ihre leblosen Körper den Boden düngen.

Zikaden können sich kaum verteidige­n und sind zudem keine guten Flieger, bisweilen fallen sie schlicht auf den Boden – was Vögeln, Eichhörnch­en und anderen Tieren reichlich Futter bietet. Viele werden gefressen, doch ihre Überlebens­strategie basiert auf dem massenhaft­en Auftreten. Wenn die Männchen mit ihrer lautstarke­n Werbung Erfolg haben und die weiblichen Tiere befruchtet sind, schlitzen letztere junge Baumzweige auf und legen ihre Eier hinein. Die erwachsene­n Zikaden sterben bald nach der Fortpflanz­ung. Nach mehreren Wochen schlüpfen die Nymphen, die sich dann jahrelang in den Boden eingraben. Dort leben sie von einer nährstoffr­eichen Flüssigkei­t, die sie aus Baumwurzel­n saugen. In den Jahren 2037 sowie 2041 werden die nächsten Generation­en der Brut XIX und Brut XIII schlüpfen.

Die Zikadenbru­t schlummert viele Jahre unter der Erde

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