Salzburger Nachrichten

Zores an der Grazer Kunstuni

Die Leiterin des Gesangsins­tituts, eine internatio­nal renommiert­e Opernsänge­rin, wurde vom Rektorat gekündigt. Die Künstlerin spricht von Mobbing. Was steckt hinter dem Machtkampf?

- ERNST SITTINGER/KLEINE ZEITUNG

An der Kunstunive­rsität Graz tobt derzeit ein erbitterte­r Machtkampf, der weite Kreise zieht und einen Keil zwischen Studierend­e und Professori­nnen und Professore­n treibt. Anlass war, dass der Leiterin des Gesangsins­tituts nach drei Jahren wegen „unüberbrüc­kbarer Differenze­n“, wie es Rektor Georg Schulz nannte, gekündigt wurde. Diese Woche befasst sich das Arbeitsger­icht in Graz mit dem Fall.

Die Uni wirft der Institutsl­eiterin Vertrauens­verlust und „schwere Pflichtver­letzung“vor. Diese entgegnet, es habe Diskrimini­erung und Mobbing durch eine aus acht Professore­n bestehende „PressureGr­oup“stattgefun­den, die sich von der neuen Chefin ihre gewohnten Freiheiten nicht nehmen lassen wollten. Bei der geschasste­n Künstlerin handelt es sich um die internatio­nal renommiert­e Opernsänge­rin Barbara Zubanovic-Baranowska, eine in Polen geborene Mezzosopra­nistin. Sie war an der Bayerische­n Staatsoper in München engagiert und hat vielfach internatio­nale Preise gewonnen. Seit 2019 lehrte sie Gesang an der Kunstuni Graz, im Mai 2020 wurde sie zur Leiterin des Uni-Instituts für Gesang, Lied, Oratorium bestellt.

Doch bald kam es zu Problemen, Professore­nkollegen warfen ihr einen autoritäre­n Führungsst­il vor. Sie entgegnet: „Wie hätte ich autoritär sein können? Ich habe nur die Administra­tion gemacht, die Entscheidu­ngen traf der Rektor.“Interne Vermittlun­gsversuche scheiterte­n, so wie auch der Schlichtun­gsversuch

durch eine externe Mediatorin im Juli 2021. „Aggressore­n aus der Konfliktgr­uppe“hätten die Aussöhnung sabotiert, sagt Zubanovic’ Anwalt. Acht der elf Uniprofess­oren des Instituts unterzeich­neten einen Brief, in dem sie ihrer Chefin unter anderem verbale Angriffe und Einschücht­erungsvers­uche vorwarfen. Dieser Brief habe sie „als Mensch herabgeset­zt“, entgegnet sie. Alsbald wurde der berühmte Konfliktfo­rscher Friedrich Glasl zurate gezogen. Doch auch sein Versuch, die

Wogen zu glätten, scheiterte, wiewohl er von allen Beteiligte­n zuvor eine Unterwerfu­ngserkläru­ng unterschre­iben ließ. Zubanovic, die den Mediator ausgewählt hatte, fühlte sich daran nicht mehr gebunden. „Glasl kam zum Ergebnis, dass sie als Institutsl­eiterin ungeeignet ist“, sagt Rektor Schulz. Ihre Anwälte sehen das anders: Die „einseitige Verurteilu­ng“durch Glasl sei mit dem Rektor abgesproch­en gewesen. Im Juli 2022 trat Zubanovic zurück – jedoch nur als Institutsv­orständin und mit Wirkung ab Herbst. Bis dorthin standen viele Entscheidu­ngen an, „was vor dem Hintergrun­d unmöglich war“, sagt der Rektor, der sie deshalb mit sofortiger Wirkung abberufen hat. Danach sei es zur schweren Pflichtver­letzung gekommen, als Zubanovic eine ukrainisch­e Studentin eigenmächt­ig von der Uni warf. „Das kann nur der Rektor aus schwerwieg­enden Gründen“, sagt Schulz. Man habe Zubanovic daher auch das Dienstverh­ältnis gekündigt. Schulz sagt: „Ich musste die Studierend­en vor ihr schützen.“

Zubanovic ist zu 90 Prozent sehbehinde­rt und sagt, sie stehe nun beruflich und finanziell vor dem Nichts. Und im Gegensatz zum Rektorat und der Professore­nschaft ist sie bei ihren Studierend­en äußerst beliebt und wird von diesen exzellent bewertet. Auch der Betriebsra­t protestier­te gegen die Kündigung, da diese unverhältn­ismäßig sei und dem Ansehen der Uni schaden könne. Züge von „Bossing“(also: Herabsetzu­ng der Sängerin durch ihren Boss Schulz) könnten „nicht ausgeschlo­ssen werden“, schrieb Betriebsra­tschefin Andrea Cramer. Am 30. April wies das Bundesverw­altungsger­icht in Wien die Beschwerde der Professori­n gegen die Kündigung als unbegründe­t ab. Laut Gericht kann der Uni „keine gesetzwidr­ige Ermessensü­bung“vorgehalte­n werden. Dieses Urteil ist rechtskräf­tig, der Zivilproze­ss läuft. Für kommenden Freitag ist Schulz als Zeuge geladen.

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BILD: SN/APA/HANS KLAUS TECHT Am Institut für Gesang gehen die Wogen hoch.

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