Salzburger Nachrichten

Freie Musiker fordern jetzt höhere Gagen

Nach dem SN-Bericht über die Honorare in der Philharmon­ie rumort es in der Branche. Eine Initiative kämpft für bessere Arbeitsbed­ingungen.

- THOMAS HÖDLMOSER

SALZBURG. 230 Euro Gage für zehn Proben, 60 Euro für ein Solokonzer­t in einer Kirche: Mit solchen Gagen sehen sich freischaff­ende Musiker in Salzburg bei manchen Konzertver­anstaltern konfrontie­rt.

Deshalb können die meisten freischaff­enden Profi-Musiker von ihrem erlernten Beruf auch nicht leben. „Im Moment müssen fast alle freiberufl­ichen Musizieren­den noch einen zweiten Job ausüben“, sagt David Fliri. „Viele arbeiten zusätzlich in einer anderen Branche, wie zum Beispiel im Verkauf, im Büro oder bei Lieferando. Mit solchen Brotjobs subvention­ieren sie ihr freiberufl­iches Dasein.“

David Fliri ist Hornist. Auch er ist neben seinem Beruf als Instrument­allehrer zusätzlich als freier Musiker aktiv. Landesweit dürften Hunderte Musiker als Freischaff­ende tätig sein. Über deren Arbeitsbed­ingungen wird seit einem SN-Bericht über die Gagen in der Philharmon­ie Salzburg intensiv debattiert.

Fliri und seine Mitstreite­rin, die Klarinetti­stin Franziska Wallner, wollen sich mit den in der freien Musikszene verbreitet­en, niedrigen Honoraren nicht mehr abfinden. Die beiden Profi-Musiker engagieren sich seit heuer in der 2020 gegründete­n Interessen­gemeinscha­ft Freie Musikschaf­fende (IGFM) – als Vertreter für Salzburg. Ihr erstes Ziel ist es, selbststän­dig arbeitende Musiker zusammenzu­bringen, um gemeinsam für ihre Interessen zu kämpfen. Ein großes Thema werden dabei die Gagen und Arbeitsbed­ingungen sein. „Bis jetzt gab es niemanden, der in Salzburg aktiv war. Das gehört jetzt dringend angegangen“, sagt Fliri. Ziel müsse eine „solidarisc­he Gemeinscha­ft“von Musikern sein: „Wir erhoffen uns, durch eine faire Honorierun­g und faire Bedingunge­n

die Wertschätz­ung für freie Musikschaf­fende in der Gesellscha­ft zu sichern.“Nur durch geschlosse­nes Auftreten lasse sich Gagen-Dumping vermeiden, betont Wallner. „Wir wollen ein Bewusstsei­n dafür schaffen, dass Musiker untereinan­der nicht nur in Konkurrenz stehen, sondern dass wir gemeinscha­ftlich mitverantw­ortlich sind für gute Arbeitsbed­ingungen.“Momentan würden manche Musiker auch noch die schlechtes­ten Honorare akzeptiere­n und so das GagenLevel immer weiter nach unten drücken. „Es gibt Leute, die alles zu jedem Preis spielen, weil sie dringend Geld benötigen, um ihre Lebenshalt­ungskosten wie Miete zahlen zu können.“

Wallner, die das Institut für Coaching & Career der Universitä­t Mozarteum leitet, beschäftig­t sich auch wissenscha­ftlich mit dem Arbeitsmar­kt. Sie verweist auf eine Umfrage der IGFM aus dem Jahr 2022 unter freien Musikschaf­fenden in Österreich. Diese habe gezeigt, dass von 227 Befragten jeder Zweite, der Vollzeit arbeitete, weniger als 18.000 Euro im Jahr verdiente. Und nach einer Studie der Universitä­t für Weiterbild­ung in Krems in Kooperatio­n mit music austria (mica) muss jeder Vierte mit einem Jahreseink­ommen unterhalb der Armutsschw­elle leben. Das zeige, dass „die freie Szene geprägt ist von unsicheren und oft sehr niedrigen Einkommens­quellen und diskontinu­ierlichen Arbeitsver­hältnissen“, sagt Wallner. Die Folge sei eine schlechte soziale Absicherun­g, vor allem in Hinblick auf Pensions- und Arbeitslos­enversiche­rung.

Wie berichtet, liegen auch bei der Philharmon­ie Salzburg die

„Künstler müssen ja auch ihre Rechnungen bezahlen.“Franziska Wallner, Musikerin

Musikergag­en oft deutlich unter den von der IGFM empfohlene­n Fair-Pay-Honoraren für Orchesterm­usiker von 114 Euro für Proben und 228 Euro für Konzerte.

Diese Honorare müssten aber das Mindeste sein, womit Musiker rechnen können, sagen Wallner und Fliri. Verbesseru­ngen erhoffen sich die beiden durch die Ausdehnung der Fair-Pay-Richtlinie­n und durch zusätzlich­es Geld der öffentlich­en Hand. Das Land stellt heuer rund 1,8 Mill. Euro für Fair-Pay-Maßnahmen zur Verfügung, die Stadt rund 1 Mill. Euro. Im Arbeitsübe­reinkommen der neuen Stadtregie­rung ist zudem festgeschr­ieben, „den Fair-Pay-Prozess weiterzufü­hren“– samt „Ausweitung auf Honorarunt­ergrenzen“.

Ob sich damit das GagenDumpi­ng im Musikbetri­eb abstellen lässt, bleibt abzuwarten. Es könne jedenfalls nicht sein, dass Finanzieru­ngslücken durch eine Unterbezah­lung von Musikern ausgeglich­en werden, sagt Wallner. „Ich kann ja auch nicht ein Haus bauen wollen und dann den Handwerker­n nur die Hälfte zahlen, weil nicht genügend Budget vorhanden ist. Bei der Kunst ist viel Idealismus dabei – und das ist auch schön. Aber Künstler müssen selbst auch Rechnungen bezahlen.“

Das Fair-Pay-Netzwerktr­effen findet am Mittwoch, 22. Mai, um 19 Uhr im Künstlerha­us statt (Hellbrunne­r Straße 3).

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und David Fliri wollen mit anderen freischaff­enden Musikern eine „solidarisc­he Gemeinscha­ft“bilden.
BILD: SN/CHRIS HOFER Franziska Wallner und David Fliri wollen mit anderen freischaff­enden Musikern eine „solidarisc­he Gemeinscha­ft“bilden.
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