Freie Musiker fordern jetzt höhere Gagen
Nach dem SN-Bericht über die Honorare in der Philharmonie rumort es in der Branche. Eine Initiative kämpft für bessere Arbeitsbedingungen.
SALZBURG. 230 Euro Gage für zehn Proben, 60 Euro für ein Solokonzert in einer Kirche: Mit solchen Gagen sehen sich freischaffende Musiker in Salzburg bei manchen Konzertveranstaltern konfrontiert.
Deshalb können die meisten freischaffenden Profi-Musiker von ihrem erlernten Beruf auch nicht leben. „Im Moment müssen fast alle freiberuflichen Musizierenden noch einen zweiten Job ausüben“, sagt David Fliri. „Viele arbeiten zusätzlich in einer anderen Branche, wie zum Beispiel im Verkauf, im Büro oder bei Lieferando. Mit solchen Brotjobs subventionieren sie ihr freiberufliches Dasein.“
David Fliri ist Hornist. Auch er ist neben seinem Beruf als Instrumentallehrer zusätzlich als freier Musiker aktiv. Landesweit dürften Hunderte Musiker als Freischaffende tätig sein. Über deren Arbeitsbedingungen wird seit einem SN-Bericht über die Gagen in der Philharmonie Salzburg intensiv debattiert.
Fliri und seine Mitstreiterin, die Klarinettistin Franziska Wallner, wollen sich mit den in der freien Musikszene verbreiteten, niedrigen Honoraren nicht mehr abfinden. Die beiden Profi-Musiker engagieren sich seit heuer in der 2020 gegründeten Interessengemeinschaft Freie Musikschaffende (IGFM) – als Vertreter für Salzburg. Ihr erstes Ziel ist es, selbstständig arbeitende Musiker zusammenzubringen, um gemeinsam für ihre Interessen zu kämpfen. Ein großes Thema werden dabei die Gagen und Arbeitsbedingungen sein. „Bis jetzt gab es niemanden, der in Salzburg aktiv war. Das gehört jetzt dringend angegangen“, sagt Fliri. Ziel müsse eine „solidarische Gemeinschaft“von Musikern sein: „Wir erhoffen uns, durch eine faire Honorierung und faire Bedingungen
die Wertschätzung für freie Musikschaffende in der Gesellschaft zu sichern.“Nur durch geschlossenes Auftreten lasse sich Gagen-Dumping vermeiden, betont Wallner. „Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Musiker untereinander nicht nur in Konkurrenz stehen, sondern dass wir gemeinschaftlich mitverantwortlich sind für gute Arbeitsbedingungen.“Momentan würden manche Musiker auch noch die schlechtesten Honorare akzeptieren und so das GagenLevel immer weiter nach unten drücken. „Es gibt Leute, die alles zu jedem Preis spielen, weil sie dringend Geld benötigen, um ihre Lebenshaltungskosten wie Miete zahlen zu können.“
Wallner, die das Institut für Coaching & Career der Universität Mozarteum leitet, beschäftigt sich auch wissenschaftlich mit dem Arbeitsmarkt. Sie verweist auf eine Umfrage der IGFM aus dem Jahr 2022 unter freien Musikschaffenden in Österreich. Diese habe gezeigt, dass von 227 Befragten jeder Zweite, der Vollzeit arbeitete, weniger als 18.000 Euro im Jahr verdiente. Und nach einer Studie der Universität für Weiterbildung in Krems in Kooperation mit music austria (mica) muss jeder Vierte mit einem Jahreseinkommen unterhalb der Armutsschwelle leben. Das zeige, dass „die freie Szene geprägt ist von unsicheren und oft sehr niedrigen Einkommensquellen und diskontinuierlichen Arbeitsverhältnissen“, sagt Wallner. Die Folge sei eine schlechte soziale Absicherung, vor allem in Hinblick auf Pensions- und Arbeitslosenversicherung.
Wie berichtet, liegen auch bei der Philharmonie Salzburg die
„Künstler müssen ja auch ihre Rechnungen bezahlen.“Franziska Wallner, Musikerin
Musikergagen oft deutlich unter den von der IGFM empfohlenen Fair-Pay-Honoraren für Orchestermusiker von 114 Euro für Proben und 228 Euro für Konzerte.
Diese Honorare müssten aber das Mindeste sein, womit Musiker rechnen können, sagen Wallner und Fliri. Verbesserungen erhoffen sich die beiden durch die Ausdehnung der Fair-Pay-Richtlinien und durch zusätzliches Geld der öffentlichen Hand. Das Land stellt heuer rund 1,8 Mill. Euro für Fair-Pay-Maßnahmen zur Verfügung, die Stadt rund 1 Mill. Euro. Im Arbeitsübereinkommen der neuen Stadtregierung ist zudem festgeschrieben, „den Fair-Pay-Prozess weiterzuführen“– samt „Ausweitung auf Honoraruntergrenzen“.
Ob sich damit das GagenDumping im Musikbetrieb abstellen lässt, bleibt abzuwarten. Es könne jedenfalls nicht sein, dass Finanzierungslücken durch eine Unterbezahlung von Musikern ausgeglichen werden, sagt Wallner. „Ich kann ja auch nicht ein Haus bauen wollen und dann den Handwerkern nur die Hälfte zahlen, weil nicht genügend Budget vorhanden ist. Bei der Kunst ist viel Idealismus dabei – und das ist auch schön. Aber Künstler müssen selbst auch Rechnungen bezahlen.“
Das Fair-Pay-Netzwerktreffen findet am Mittwoch, 22. Mai, um 19 Uhr im Künstlerhaus statt (Hellbrunner Straße 3).