Künstlerin macht Fleisch zum Thema
„Warum streicheln wir einen Hund, während wir gleichzeitig ein Schnitzel essen?“Ness Rubey lädt mit der Ausstellung „Fleisch“zum Nachdenken ein.
SALZBURG-STADT. Übergroße Bilder an der Wand zeigen Fotos, die in einem Schlachthof entstanden sind. Aber nicht der Schlachtvorgang steht im Vordergrund, sondern jene Teile von Tieren, die man als Fleischkonsument sonst nicht sieht. „So wie dieses Bauchnetz eines Schweines“, erklärt Ness Rubey und ergänzt dann: „Das sieht bei uns Menschen genauso aus. Das gilt auch für die inneren Organe der Tiere.“
Zu sehen sind die Werke der oberösterreichischen Konzeptfotografin ab Donnerstagabend bis zum 20. Juni im Café Das Memberg in Salzburg-Schallmoos. Die 28-Jährige ernährt sich seit 14 Jahren fleischlos und verzichtet immer häufiger auch auf Milchprodukte und Eier. Ihre Ausstellung soll aber weder ein Gruselkabinett noch ein Ort der Zwangsbekehrung für Fleischesser sein. Vielmehr will sie damit einen Raum zum Nachdenken und zum Ins-Gespräch-Kommen schaffen. Sie habe sich lange überlegt, wie sie einen solchen Raum zugänglich für alle machen könne, ohne Besucherinnen und Besucher abzuschrecken. Aber beim Thema Fleischkonsum „kann ich ja auch nicht alles schönreden“, sagt die Künstlerin.
Als Ausgleich bzw. Gegenpol zum Fleisch gibt es in der Ausstellung ein zweites Motiv – Grünkohl. Das Gemüse zieht sich auf übergroßen Sitzkissen durch den Ausstellungsraum und lädt die Besucherinnen und Besucher dazu ein, Platz zu nehmen und das Angebot der Künstlerin – die an mehreren Tagen auch persönlich dort sein wird – anzunehmen. Vegane Brunches und ein veganes Dinner ergänzen die Ausstellung. „Ich kann keine Antworten geben, nur Fragen stellen“, betont sie. Wie zum Beispiel: „Warum streicheln wir einen Hund, wenn wir gleichzeitig ein Schnitzel essen? Ist es so, wie wenn man raucht, obwohl man weiß, dass es schädlich ist? Oder warum man sich ein schönes Kleid kauft, wenn einem möglicherweise bewusst ist, dass es durch Ausbeutung entstanden ist?“Widersprüche wie diese sind es, die die Künstlerin bewegen. Ihre Themen sind – neben Fleisch – auch Plastikmüll und Gleichberechtigung. „Für mich gehört das alles zusammen. Deshalb versuche ich jeden so zu behandeln, wie ich behandelt werden möchte.“Dazu gehöre, dass sie in keiner Welt voll Plastikmüll leben will, und „ich will auch nicht von anderen gegessen werden“.
Wenn sie darauf angesprochen wird, warum sie sich für ihre Ausstellung in Salzburg ein so polarisierendes und schwieriges Thema ausgesucht habe, antworte sie: „Das habe ich mir nicht ausgesucht. Das beschäftigt mich.“
Einen Ort für diese Ausstellung zu finden, sei sehr schwierig gewesen, sagt Ness Rubey. Die aus Aschach an der Steyr stammende Künstlerin hat eine Reihe möglicher Locations in Salzburg angeschrieben – und Absagen bekommen. Das liege einerseits am Thema, andererseits aber auch daran, dass man sie in Salzburg nicht kenne. „In Linz wäre es einfacher gewesen, aber eben auch keine Herausforderung.“Und dass ihre Ausstellung in Salzburg stattfinden sollte, sei auch der Kunsthilfe Salzburg ein großes Anliegen gewesen. Denn mit dem Konzept setzte sie sich bei einer Ausschreibung der Kunsthilfe Salzburg gegen rund 40 Mitbewerberinnen und Mitbewerber durch. Unter dem Titel „Circle of life – How can we get into the circle of life again?“hatte die Kunsthilfe Salzburg Projekte zum Thema Klima, Natur, Umwelt, Nachhaltigkeit und Solidarität gesucht. Dass „Fleisch“nun im Café Das Memberg gezeigt wird, ist Ness Rubey sehr recht. Immerhin kämen beim Essen bekanntlich die Leute zusammen.
Ness Rubey wurde mehrfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Reclaim Award, dem Tokio International Photo Award und dem Barcelona International Gallery Award. Werke von ihr wurden in Berlin, Italien und Südkorea gezeigt.
„Ich kann keine Antworten geben, nur Fragen stellen.“Ness Rubey, Künstlerin