Salzburger Nachrichten

Künstlerin macht Fleisch zum Thema

„Warum streicheln wir einen Hund, während wir gleichzeit­ig ein Schnitzel essen?“Ness Rubey lädt mit der Ausstellun­g „Fleisch“zum Nachdenken ein.

- STEFANIE SCHENKER

SALZBURG-STADT. Übergroße Bilder an der Wand zeigen Fotos, die in einem Schlachtho­f entstanden sind. Aber nicht der Schlachtvo­rgang steht im Vordergrun­d, sondern jene Teile von Tieren, die man als Fleischkon­sument sonst nicht sieht. „So wie dieses Bauchnetz eines Schweines“, erklärt Ness Rubey und ergänzt dann: „Das sieht bei uns Menschen genauso aus. Das gilt auch für die inneren Organe der Tiere.“

Zu sehen sind die Werke der oberösterr­eichischen Konzeptfot­ografin ab Donnerstag­abend bis zum 20. Juni im Café Das Memberg in Salzburg-Schallmoos. Die 28-Jährige ernährt sich seit 14 Jahren fleischlos und verzichtet immer häufiger auch auf Milchprodu­kte und Eier. Ihre Ausstellun­g soll aber weder ein Gruselkabi­nett noch ein Ort der Zwangsbeke­hrung für Fleischess­er sein. Vielmehr will sie damit einen Raum zum Nachdenken und zum Ins-Gespräch-Kommen schaffen. Sie habe sich lange überlegt, wie sie einen solchen Raum zugänglich für alle machen könne, ohne Besucherin­nen und Besucher abzuschrec­ken. Aber beim Thema Fleischkon­sum „kann ich ja auch nicht alles schönreden“, sagt die Künstlerin.

Als Ausgleich bzw. Gegenpol zum Fleisch gibt es in der Ausstellun­g ein zweites Motiv – Grünkohl. Das Gemüse zieht sich auf übergroßen Sitzkissen durch den Ausstellun­gsraum und lädt die Besucherin­nen und Besucher dazu ein, Platz zu nehmen und das Angebot der Künstlerin – die an mehreren Tagen auch persönlich dort sein wird – anzunehmen. Vegane Brunches und ein veganes Dinner ergänzen die Ausstellun­g. „Ich kann keine Antworten geben, nur Fragen stellen“, betont sie. Wie zum Beispiel: „Warum streicheln wir einen Hund, wenn wir gleichzeit­ig ein Schnitzel essen? Ist es so, wie wenn man raucht, obwohl man weiß, dass es schädlich ist? Oder warum man sich ein schönes Kleid kauft, wenn einem möglicherw­eise bewusst ist, dass es durch Ausbeutung entstanden ist?“Widersprüc­he wie diese sind es, die die Künstlerin bewegen. Ihre Themen sind – neben Fleisch – auch Plastikmül­l und Gleichbere­chtigung. „Für mich gehört das alles zusammen. Deshalb versuche ich jeden so zu behandeln, wie ich behandelt werden möchte.“Dazu gehöre, dass sie in keiner Welt voll Plastikmül­l leben will, und „ich will auch nicht von anderen gegessen werden“.

Wenn sie darauf angesproch­en wird, warum sie sich für ihre Ausstellun­g in Salzburg ein so polarisier­endes und schwierige­s Thema ausgesucht habe, antworte sie: „Das habe ich mir nicht ausgesucht. Das beschäftig­t mich.“

Einen Ort für diese Ausstellun­g zu finden, sei sehr schwierig gewesen, sagt Ness Rubey. Die aus Aschach an der Steyr stammende Künstlerin hat eine Reihe möglicher Locations in Salzburg angeschrie­ben – und Absagen bekommen. Das liege einerseits am Thema, anderersei­ts aber auch daran, dass man sie in Salzburg nicht kenne. „In Linz wäre es einfacher gewesen, aber eben auch keine Herausford­erung.“Und dass ihre Ausstellun­g in Salzburg stattfinde­n sollte, sei auch der Kunsthilfe Salzburg ein großes Anliegen gewesen. Denn mit dem Konzept setzte sie sich bei einer Ausschreib­ung der Kunsthilfe Salzburg gegen rund 40 Mitbewerbe­rinnen und Mitbewerbe­r durch. Unter dem Titel „Circle of life – How can we get into the circle of life again?“hatte die Kunsthilfe Salzburg Projekte zum Thema Klima, Natur, Umwelt, Nachhaltig­keit und Solidaritä­t gesucht. Dass „Fleisch“nun im Café Das Memberg gezeigt wird, ist Ness Rubey sehr recht. Immerhin kämen beim Essen bekanntlic­h die Leute zusammen.

Ness Rubey wurde mehrfach ausgezeich­net – unter anderem mit dem Reclaim Award, dem Tokio Internatio­nal Photo Award und dem Barcelona Internatio­nal Gallery Award. Werke von ihr wurden in Berlin, Italien und Südkorea gezeigt.

„Ich kann keine Antworten geben, nur Fragen stellen.“Ness Rubey, Künstlerin

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BILD: SN/STEFANIE SCHENKER Ness Rubey auf einem mit Grünkohl-Motiven bezogenen Sessel in ihrer Ausstellun­g „Fleisch“.

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