Speicherteich für den Obstbau
Bauern mit empfindlichen Kulturen müssen sich besonders an den Klimawandel anpassen. Im Obstbau hilft Frostschutzberegnung, daher gibt es schon Speicherteiche fast wie in Skigebieten.
„Wir waren klimatisch sehr begünstigt, mussten uns da keine Gedanken machen.“Wenn Josef Singer, Obstbauer aus der Gemeinde Hartl in der Oststeiermark, über frühere Zeiten redet, klingt alles einfach. Ja, Hagelschäden habe es immer wieder gegeben, die Region im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld sei sogar das stärkste Hagelgebiet in Europa gewesen. Daher wurden vor vielen Jahren schon Hagelschutznetze aufgestellt. Aber die Probleme durch Spätfrost hielten sich wenigstens in Grenzen.
Seit die Vegetation durch die Klimaerwärmung immer früher einsetzt, ist aber die Gefahr durch Frost, der Blüten oder kleine Früchte ruiniert, viel größer geworden. Früher habe man nur Erdbeeren schützen müssen, „denn die sind ganz nah am Boden, da ist es am kältesten“. Josef Singer sagt, damit hätten schon seine Eltern begonnen: „Erdbeeren beregnen wir seit 40 Jahren.“Jetzt aber habe man eher ein „Südtiroler Klima“. Auf dem Hof gedeiht von Erdbeeren und Heidelbeeren, Äpfeln (13 Sorten!) und mehreren Sorten Birnen über Kirschen, Weichseln und Marillen bis zu Pfirsichen und Zwetschken (9 Sorten) eine große Vielfalt.
Inzwischen hat der Obstbauhof Singer massiv aufgerüstet: von den 15 Hektar Obstkulturen können 8 beregnet werden, wenn im Frühjahr Frost droht. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man genug Wasser zur Verfügung hat. Also wurde auch in einen Speicherteich
investiert, aber der Reihe nach.
In Südtirol, wo die Obstbaukulturen viel näher an den Bergen liegen, habe es die Frostproblematik schon früher viel stärker gegeben, daher habe man sich dort viel abschauen können, sagt der steirische Obstbauer, der mit seiner Frau Victoria 2019 in vierter Generation den Hof übernommen hat. In Südtirol gebe es keine Obstkultur ohne Wasserleitungen, sei es zur Bewässerung oder eben zur Frostschutzberegnung. „Die haben Frostwachen und ein Sirenensystem.“Das gebe es in
Josef Singer,
Österreich noch nicht so in organisierter Form. „Bei uns fehlt Infrastruktur und teilweise auch Knowhow“, sagt der Obstbauer. Ein weiteres Problem sei, dass Schutzkonzepte auf Pachtflächen nicht leicht umzusetzen seien.
Die Funktionsweise der Frostschutzberegnung erklärt Josef Singer so: „Durch den Frost dehnt sich das Wasser aus und das setzt Wärme frei.“Im Ergebnis wird durch die Eishülle um die Pflanzkultur die Temperatur im Inneren bei null Grad gehalten, was die Pflanzen noch aushalten, und so bleiben sie geschützt. Bei Äpfeln gebe es Ausfälle, das sei dann nicht mehr in Supermärkten verkaufbar, sondern nur noch Industrieobst zum Pressen. Ein Frost etwa im Oktober sei weit weniger gefährlich, weil die Früchte durch den eingelagerten Zucker widerstandsfähiger sind.
In Singers Betrieb – auf einer Höhenlage zwischen 360 und 420 Metern und Dutzende Kilometer entfernt von Skigebieten mit millionenteuren Beschneiungsanlagen – befindet sich der Speicherteich mit rund 20.000 Kubikmetern Fassungsvermögen am unteren Ende der Kulturflächen. Dadurch könne ein Teil des Wassers, das für die Frostschutzberegnung verwendet wird, in einem Kreislauf gehalten werden. Das Wasser komme aus einer Quelle und aus Tiefdrainagen.
Für die Beregnungsanlage werden Kreisregner mit 8 Metern Radius verwendet, pro Hektar sind in der Stunde rund 40.000 Liter Wasser nötig. „Da braucht es schon eine Zuleitung vom Teich mit 18 Zentimetern Durchmesser“, sagt der Obstbauer nicht ohne Stolz.
Für die Heidelbeeren sei die Beregnungsanlage heuer installiert worden. Bei den Kirschen plant Josef Singer eine Unterkronenberegnung – also eine Besprenkelung mit Wasser von unten. Billig ist das nicht. „Bei einem Hektar reden wir von 100.000 Euro“, sagt Singer. Würde man einen umfassenden Schutz wie bei einem Folientunnel planen, wäre es das Vier- bis Fünffache, schätzt er. Die Förderungen im Rahmen der EU-Programme für die ländliche Entwicklung seien früher 25 bis 30 Prozent gewesen, inzwischen vielleicht 35 Prozent, aber das müsse natürlich gut überlegt werden. Es gelte nämlich viele Parameter zu beachten. Wenn man sich etwa am Abend für die Beregnung entscheide, müsse man es bis in der Früh durchziehen, denn am kältesten ist es unmittelbar vor dem Sonnenaufgang zwischen 6 und 7 Uhr. Bei Marillen zum Beispiel sei ein wasserdurchlässiger Boden wichtig. Und wenn dann der Sonnenschein die Eiszapfen wieder auftaut, kühlen die kalten Tropfen den Boden aus, erläutert Singer. Er habe viele Sensoren beim Haus angebracht. Oft machten schon zehn Höhenmeter einen Unterschied.
Man dürfe es aber nicht übertreiben, so habe es in der benachbarten Apfelbaugemeinde BuchSt. Magdalena Ende April Kulturen gegeben, die unter der Last des Eises zusammenbrachen.
Josef Singer ist stolz, dass trotz des Frosteinbruchs heuer auf seinem Betrieb von jeder Obstkultur etwas gerettet werden konnte. Bei Versicherungen müsse man bei 100 Prozent Schaden einen Selbstbehalt von 25 Prozent tragen. Viele Betriebe seien daher bisher eher unterversichert gewesen.