Salzburger Nachrichten

Rettet Korallenzu­cht im Aquarium tote Riffe?

Ein Forschungs­ansatz könnte die Aquaristik befeuern – und für den Naturschut­z maßgeblich sein.

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Unweit des Wilhelmsha­vener Nordseestr­ands tut sich eine tropische Unterwasse­rwelt auf: In Aquarien tummeln sich unzählige Korallen, die auf kleinen Plättchen befestigt sind. Spezielle LED-Lampen tauchen die Szenerie in ein bläuliches Licht, die Luft ist feucht und etwas stickig. In der Aquarienan­lage des Instituts für Chemie und Biologie des Meeres der Uni Oldenburg haben die Biologen Samuel Nietzer und Mareen Möller alles auf die Aufzucht von Steinkoral­len abgestimmt.

Seit zehn Jahren forschen die Wissenscha­fter. Ihr Schwerpunk­t liegt auf der geschlecht­lichen Fortpflanz­ung der Tiere. Der Prozess, der sich sonst in Korallenri­ffen abspielt, ist im Labor schwer nachzustel­len. Alles muss stimmen, damit die Korallen unter künstliche­n Bedingunge­n zu einer natürliche­n Fortpflanz­ung angeregt werden. Wie in der Natur passiert das auch im Aquarium nur ein Mal pro Jahr.

Beim Laichen geben die Korallen als Zwitter Eier und Spermien in das Wasser ab. Ein Taktgeber ist der Mond. Denn den Takt von Voll- und Neumond können die Korallen über Lichtrezep­toren wahrnehmen, sagt Nietzer. Tausende Ei- und Spermienpa­kete steigen dann an die Wasserober­fläche. In den Wilhelmsha­vener Aquarien werden die Eipakete daraufhin abgesammel­t, um Eier und Spermien zu kreuzen. Das Ziel ist, eine nachhaltig­e Korallenzu­cht

aufzubauen. „Wir wollen den Aquaristik­markt nachhaltig­er gestalten“, sagt Möller. Sollte es gelingen, Korallen in größerem Maßstab dank der geschlecht­lichen Vermehrung in Aquarien zu züchten, könnte der Korallenha­ndel unabhängig­er von Wildentnah­men werden. Denn bislang stammen Korallen

für den Aquaristik­markt aus der Vermehrung durch Fragmentie­rung, also das Zerteilen einer Koralle in mehrere Teile – und aus Wildentnah­men von Riffen. „Das heißt, Taucher gehen in die Riffe, entnehmen die Korallen und exportiere­n sie für den Korallenha­ndel nach Europa“, ergänzt Möller.

Helfen könnte die geschlecht­liche Vermehrung laut den Forschern mittelfris­tig auch bei der Aufforstun­g von toten Riffen. Das Potenzial bestätigt auch Laura Puk von der Umweltschu­tzorganisa­tion WWF. Es sei sogar wahrschein­lich, dass die Technik gebraucht werde, denn den tropischen Korallenri­ffen gehe es infolge der Klimakrise „ziemlich schlecht“.

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Korallenbl­eiche setzt Riffen zu.

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