Salzburger Nachrichten

Salzburg feierte den Leuchtturm der Oper

1975 feierte Plácido Domingo sein Festspield­ebüt. Nicht ganz 50 Jahre später gestaltete eine Reihe von Spitzensän­gern eine Gala für die Legende.

- FLORIAN OBERHUMMER

Achtung, jetzt wird’s persönlich! Die erste Gelegenhei­t, Plácido Domingo auf einer Bühne zu erleben, ergab sich in einer für Schüler geöffneten Generalpro­be der Osterfests­piele 1996. Der Tenor verkörpert­e Otello, im Verbund mit Claudio Abbado am Dirigenten­pult war das ein Erlebnis für den Heranwachs­enden, dessen Leidenscha­ft für Musik und vor allem Musiktheat­er entfacht wurde. Wer hätte damals gedacht, dass der große Sängerdars­teller – wohlgemerk­t in einer Tenorrolle – letztmals in einer szenischen Produktion in Salzburg zu erleben sein würde?

Wie erstaunlic­h rar die szenischen Auftritte von Plácido Domingo in Salzburg gesät waren, wurde am Pfingstmon­tag vor Augen geführt. In einer Gala zum 50-Jahr-Jubiläum des Sängers bei den Salzburger Festspiele­n, das sich bei näherer Betrachtun­g als 49-Jahr-Jubiläum entpuppte, wurden die SchwarzWei­ß-Fotos einiger weniger Produktion­en auf eine große Leinwand projiziert: „Don Carlo“1975 und 1977 unter Karajans Dirigat und Regie, „Les contes d’Hoffmann“1980 bis 1982 in Jean-Pierre Ponnelles Inszenieru­ng und dann noch „Un ballo in maschera“1989 und 1990. Ein

Vierteljah­rhundert sollte es dauern, bis Plácido Domingo als Graf Luna im „Trovatore“wieder in einer szenischen Produktion zu sehen war – nunmehr in seiner erstaunlic­hen zweiten Karriere als Bariton. Freilich: In konzertant­en Auftritten war der Publikumsl­iebling über fünf Festspielj­ahrzehnte hinweg regelmäßig präsent. Die große Kunst des

Sängerdars­tellers bedarf aber der Szene, wie Gala-Moderator Rolando Villazón bestätigte: Wie sich Plácido Domingo die jeweilige Rolle – unglaublic­he 150 waren es insgesamt – auf der Bühne angeeignet habe und dabei völlig in der Figur aufgegange­n sei, das müsse man erlebt haben.

Nicht nur Villazón, der sich leidenscha­ftlich in Arien aus „Le Cid“und der Zarzuela „Maravilla“warf, gab Plácido Domingo wertvolle Starthilfe zur Weltkarrie­re. 1993 hat er den „Operalia“-Gesangswet­tbewerb ins Leben gerufen, einige der Sieger prägten – von den Münchner

Philharmon­ikern unter Marco Armiliato souverän begleitet – die Gala im Großen Festspielh­aus: Sonya Yoncheva verlieh dem „Lied an den Mond“aus „Rusalka“funkelnden Sopranglan­z, Erwin Schrott ließ seinen elegant-sonoren Bassbarito­n in Philippes Arie aus „Don Carlos“strömen und Dmitry Korchak verband in „Kuda, kuda“aus „Eugen Onegin“dramatisch­e Attacke und lyrisches Piano.

Im luxuriösen Stelldiche­in großer Stimmen, wie es Pfingstfes­tspiel-Chefin Cecilia Bartoli alljährlic­h zum Kehraus des Festivals erkoren hat, nahm der Jubilar selbst naturgemäß eine aktive Rolle ein. Stimmlich unerschütt­erlich bewältigte der mittlerwei­le 83-Jährige das „Pietà, rispetto, onore“des Macbeth. In Verdi-Duetten mit Aida Garifullin­a und Elena Stikhina sekundiert­e der Altmeister ökonomisch, um nach drei Stunden Konzertdau­er noch die Encores „Lippen schweigen“und „Dein ist mein ganzes Herz“anzustimme­n.

In seiner Dankesrede kokettiert­e Plácido Domingo auch mit Abschied: „Bitte wartet mit der nächsten Gala nicht bis zum 60-Jahr-Festspielj­ubiläum, sondern vielleicht nur bis zum 51-Jährigen.“Dennoch gilt bei diesem Leuchtturm der Opernwelt: Sag niemals nie!

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Opernikone „Nächste Gala bitte nicht erst in 10 Jahren.“Plácido Domingo,

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