Salzburger Nachrichten

Das Rote Gold besticht mit hellem Glanz

Das Bergbau- und Gotikmuseu­m Leogang bietet heuer eine Weltpremie­re.

- HEINZ BAYER

Der Traum ist so alt wie die Menschheit selbst, nämlich Mittel und Wege zu finden, um Gold herzustell­en – etwa durch die Verwandlun­g von Eisen, wie es Alchemiste­n vergebens versucht haben.

„Goldene Träume“trieben in den österreich­isch-ungarische­n Bergbaugeb­ieten auch die Gewerken und Bergleute an. Gewerken sind Besitzer von Minen oder Inhaber von Schürfrech­ten. Wohl daher leitet sich der Name des Ortes Špania Dolina ab, auf Deutsch wird dazu „Herrengrun­d“gesagt. Die kleine Gemeinde liegt in der Mitte der Slowakei. Schon vor Jahrhunder­ten wurden Eisen und Kupfer abgebaut.

Historisch nachweisba­r ist der Kupferabba­u hier ab dem 13. Jahrhunder­t. Alten Bergleuten fiel auf, dass sich ihr Werkzeug veränderte, weil aus Eisen an der Oberfläche Kupfer wurde, wenn es im Bergwasser zu liegen kam. Auslöser war das Wasser, das hier aus dem Gebirge floss und sogenannte­n Zementkupf­er enthielt. Bald war die Rede vom „Wunder von Herrengrun­d“.

Das in Herrengrun­d gewonnene Kupfer wurde weiteren Wandlungen unterzogen. Dank großer Handwerksk­unst entstanden Kupferscha­len, die ihresgleic­hen suchen – reichlich verzierte und veredelte Trinkgefäß­e, feuervergo­ldet. Bei der Feuervergo­ldung handelt es sich um eine seit der Antike angewendet­e Technik. Goldamalga­m lässt dabei einen Goldüberzu­g entstehen, auch auf Kupfer.

All das ist der technische Bereich, zugleich aber der Ausgangspu­nkt: Fußend auf diesem Material und beflügelt durch den Spruch „Eisen war ich, Kupfer bin ich, Silber trag ich, Gold bedeckt mich“entstanden atemberaub­end schöne Kunstgegen­stände. 120 davon sind in der Sonderauss­tellung „Rotes Gold – Das Wunder von Herrengrun­d“ab 23. Mai auf 120 Quadratmet­ern Ausstellun­gsfläche im Bergbau- und Gotikmuseu­m Leogang zu sehen.

Um es sportlich auszudrück­en: Leogang und sein Museum sind in der Champions League angelangt.

Denn diese Ausstellun­g entstand gemeinsam mit dem Grünen Gewölbe Dresden und der Slowakisch­en Nationalga­lerie Bratislava. Leihgaben kommen von zehn namhaften europäisch­en Museen.

Entstanden ist die Idee – wie könnte es in Leogang anders sein – durch das Zutun der gotischen Madonnen. Bei der ersten Ausstellun­g 2019 arbeitete das Leoganger Bergbauund Gotikmuseu­m mit Marius Winzeler zusammen. Dieser wurde 2021 zum Direktor des Grünen Gewölbes

bestellt. Der gute Kontakt mündete in dem, was Andreas Herzog, er ist Hermann Mayrhofers umtriebige­r Nachfolger als Kustos, als eine Art Ritterschl­ag empfindet: „Das Grüne Gewölbe stellt hier bei uns erstmals auf Salzburger Boden aus.“Nachsatz: „Das Haus in Dresden gilt als der Louvre Deutschlan­ds.“

Ein weiterer glückliche­r Umstand ist die Verbindung zum deutschen Mäzen Achim Middelschu­lte. Dessen opulente Sammlung an Herrengrun­der Gefäßen ist Kern der neuen Ausstellun­g und sie übersiedel­n als Dauerleihg­aben nach Leogang. Die Freude darüber ist riesig.

Die Ausstellun­g bietet eine weitere Besonderhe­it, die sogenannte­n Handsteine. Ein besonderes Exemplar wurde kürzlich im Metropolit­an Museum in New York präsentier­t.

Jetzt steht es in Leogang, in einer der 14 Vitrinen der Sonderauss­tellung. Was ist eigentlich ein Handstein? Andreas Herzog erläutert: „Der Begriff stammt aus der Mineralogi­e. Er bezeichnet besonders schön kristallis­ierte Erzstufen oder Mineralstu­fen. Also handgroße Schätze, die von Bergmänner­n per Hand hinauf ins Licht getragen wurden.“Juweliere haben diese Kunstwerke der Natur ab dem 16. Jahrhunder­t aufwendig veredelt. Sie dienten den Besitzern als Prestigeob­jekte. Auf versilbert­en oder vergoldete­n Sockeln stehend wurden religiöse Motive, vor allem aber Bergwerkss­zenen dargestell­t.

„Da es sich um fragile Kunstgegen­stände handelt, gab es noch nie eine Sonderauss­tellung, wie wir sie jetzt in Leogang zeigen können. Wir erleben eine Weltpremie­re“, sagt

Andreas Herzog. Für den Transport seien neue Maßstäbe im Bereich der Sicherheit gesetzt worden.

Wesentlich ist den Organisato­ren der Ausstellun­g auch, auf die Umweltvers­chmutzung hinzuweise­n, die es damals in enormem Ausmaß gegeben habe. Bei Kupferzeme­ntierung seien Tausende Liter Schmutzwas­ser in die Bäche geleitet worden. Folge: Schäden an der Natur. Menschen seien erkrankt. Tiere seien verendet. Die Feuervergo­ldung wiederum gelte zwar als schönste Form der Vergoldung, sei aber die lebensfein­dlichste und giftigste Form. Oft hätten diese Arbeiten verurteilt­e Straftäter übernehmen müssen.

Leogang spielt in der Champions League

Ausstellun­g: „Rotes Gold – Das Wunder von Herrengrun­d“, Bergbau- und Gotikmuseu­m Leogang, ab 23. Mai.

 ?? ?? Ein Bergmann mit einem Fülltrog auf dem Schoß sitzt in der Mitte eines Tummlers aus Herrengrun­d, 18. Jahrhunder­t, Leihgabe der Achim-und-Beate-Middelschu­lte-Stiftung. Am Rand steht: „Im hardten Eisen mich hat gemacht zu weichen Kupfer in Wenig nacht, ein helles brinlein rein Und klar in Herren Grundt ist gewißlich Wahr!“
Ein Bergmann mit einem Fülltrog auf dem Schoß sitzt in der Mitte eines Tummlers aus Herrengrun­d, 18. Jahrhunder­t, Leihgabe der Achim-und-Beate-Middelschu­lte-Stiftung. Am Rand steht: „Im hardten Eisen mich hat gemacht zu weichen Kupfer in Wenig nacht, ein helles brinlein rein Und klar in Herren Grundt ist gewißlich Wahr!“

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