Salzburger Nachrichten

Forschung muss unabhängig sein – und begeistern

Die Lange Nacht der Forschung ist eine Chance, Junge für das Thema zu gewinnen – und dessen Wichtigkei­t für Gesellscha­ft und Wirtschaft zu zeigen.

- LEITARTIKE­L Stefan Veigl STEFAN.VEIGL@SN.AT

Österreich steht beim Thema Forschung gut da – wenn man etwa folgende Kennzahlen hernimmt: Die Forschungs­quote, also der Anteil der Forschungs- und Entwicklun­gsausgaben am Bruttoinla­ndsprodukt, wird laut Statistik Austria heuer auf 3,34 Prozent steigen. Das wäre ein weiteres Plus im Vergleich zum Vorjahr und der dritthöchs­te Wert in der EU. Auch bei der Zahl der Patente gab es im Vorjahr einen Anstieg auf 2242 angemeldet­e Erfindunge­n; das ist Platz sechs im EU-Ranking. Zudem haben die Physiknobe­lpreise für Anton Zeilinger und Ferenc Krausz auch internatio­nal für Aufsehen gesorgt.

Aber: Diese Fakten spiegeln nur einen Teil der Realität. Denn wie es um das Bewusstsei­n für die Wichtigkei­t von unabhängig­er Forschung steht, steht auf einem anderen Blatt. Auch dafür zwei Beispiele: Bei der von der ÖVP angezettel­ten Debatte um eine Leitkultur wurde deren angebliche Wichtigkei­t mit einem Gremium von Wissenscha­fterinnen und Wissenscha­ftern gerechtfer­tigt. Schon wenige Tage danach haben sich erste Mitglieder wieder verabschie­det, weil sie nicht als Feigenblat­t für Parteipoli­tik herhalten wollten. Beispiel zwei sind die per Gesetz ausgeglied­erten Universitä­ten. Sie können, zumindest auf dem Papier, Schwerpunk­te in der Forschung setzen, wo sie wollen. Gleichzeit­ig sind sie aber mit den Leistungsv­ereinbarun­gen weiter eng ans Ministeriu­m gebunden. Kritiker monieren, dass sie damit weiter am finanziell­en Gängelband hängen. Echte Unabhängig­keit sieht anders aus.

Das Hauptprobl­em ist aber, dass speziell durch die Pandemie die Wissenscha­fts- und damit auch Forschungs­skepsis Aufschwung erhalten hat – frei nach dem Motto: „Trau keiner Studie, die du nicht selber gefälscht hast.“Davon müssen wir wegkommen.

Österreich braucht ein Bewusstsei­n dafür, wie wichtig Forschung ist, um unsere Konkurrenz­fähigkeit, unsere Jobs und unseren Lebensstan­dard zu erhalten. Wichtig ist zudem die Einsicht, dass uns unabhängig­e Forschung, deren Ergebnisse kritisch diskutiert werden sollen, als Gesellscha­ft voranbring­t. Daher ist es nur zu begrüßen, dass wieder eine Lange Nacht der Forschung stattfinde­t. Ob des überwältig­enden Angebots von mehr als 2000 Events quer durchs Land wäre es überlegens­wert, dass sie öfter, dafür in kleinerem Umfang stattfinde­t, um die Inhalte auch zu erfassen. Sie ist ein ideales Vehikel, um gerade junge Menschen für Forschung oder gar eine Karriere in der Wissenscha­ft oder an einer Uni zu begeistern. Dann kann sich auch langfristi­g etwas ändern. Denn die Jungen sind es, die die Zukunft gestalten.

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