Salzburger Nachrichten

Nach 400 Jahren braut ein Kloster wieder Bier

Das Stift Göttweig in Niederöste­rreich nimmt seine Brautradit­ion wieder auf. Im Advent kommt das erste Klosterbie­r, gebraut wird in einer Schule.

- GERALD STOIBER

„Wein gab es bei uns schon immer. Wir haben nachweisli­ch bis 1621 aber auch Bier gebraut“, erzählt Pater Pirmin Mayer, der im Stift Göttweig in Niederöste­rreich für die Wiederaufn­ahme der Brautradit­ion nach gut 400 Jahren Pause zuständig ist. „Viele Brauereien sind gar nicht so alt, wie unsere Pause war“, sagt der 52-jährige Benediktin­ermönch lachend. Der aus Biberach (Baden-Württember­g) stammende Pater hat von 1997 bis 2002 in Salzburg Theologie studiert und so ist ihm das Bier aus dem Müllner Bräustübl, das unter der Ägide seiner Benediktin­erbrüder aus Michaelbeu­ern gebraut wird, natürlich vertraut. Vor 27 Jahren trat er ins Stift Göttweig hoch über dem Donautal ein, das zum Unesco-Welterbe der Kulturland­schaft Wachau zählt.

Diese Woche gab es den offizielle­n Spatenstic­h für die künftige Braustätte des Göttweiger Klosterbie­res zu feiern. Und zwar an der Landwirtsc­haftlichen Fachschule in Pyhra (Bezirk St. Pölten Land). Pyhra ist nicht nur eine der 28 Stiftspfar­ren von Göttweig (die zwischen Wien und dem Waldvierte­l verstreut sind), Pater Pirmin ist am Zweig Lebensmitt­eltechnolo­gie der LFS auch Lehrer. Außerdem betreut er zwei Stiftspfar­ren seelsorgli­ch. In Pyhra wird künftig die Genossensc­haft Spitzenbie­r aus St. Pölten, die bisher keine eigene Braustätte hat, ihren Gerstensaf­t herstellen. Der Name Spitzenbie­r erinnert an die Textilfabr­ik zur Herstellun­g von Spitzen im St. Pöltner Stadtteil Viehofen, die laut Wikipedia von 1867 bis 1930 bestand. Das Stift Göttweig – gegründet im Jahr 1083 durch Bischof Altmann von Passau – ist Genossensc­hafter bei Spitzenbie­r und so schließt sich bald der Kreis.

Wenn alles fertig ist, kauft das Land Niederöste­rreich als Schulerhal­ter die neue Halle von der Biergenoss­enschaft zurück. „Wir zeigen den Schülerinn­en und Schülern dann im Praxisunte­rricht auch, wie Bier entsteht“, so Pater Pirmin. In den drei Klassen des Lebensmitt­elzweiges seien zur Hälfte Mädchen, insgesamt besuchen die dreijährig­e Fachschule rund 300 Schülerinn­en und Schüler. Die Produktion­sfläche von 330 m2 biete noch Spielraum für Erweiterun­gen, je nach Entwicklun­g.

Im Oktober soll der Sudkessel dann angeheizt werden, hofft Pater Pirmin, „denn wir brauchen das Bier im Advent“. Pro Tag können zwei Mal 1000 Liter eingebraut werden, doch anfangs werde das sicher nicht täglich der Fall sein.

Und wie wird das Göttweiger Stiftsbier? Dazu holt Pater Pirmin ein bisschen weiter aus, schließlic­h wurde das Projekt seit Jahren vorbereite­t: „Wir haben in unseren Archiven eine Einkaufsli­ste aus 1550 gefunden.“Anhand der Zutaten habe man einen Brautechni­ker gebeten, Vorschläge zu machen, wie daraus ein zeitgemäße­s Bier zu brauen sei.

„Fünf Jahre brauen wir unter uns Lehrerkoll­egen schon, da haben wir einiges herausgefu­nden, wie es am besten funktionie­rt“, schildert der Benediktin­erpater.

Allzu viel will Pater Pirmin über das künftige Klosterbie­r noch nicht verraten, aber es werde ein obergärige­s Helles sein – und zwar klar und nicht trüb. Denn früher seien gar keine anderen Braumethod­en bekannt gewesen. Bei obergärige­n Bieren sind die Gärtempera­turen etwas höher (15 bis 20 Grad) und die Hefe schwimmt am Ende obenauf, sodass sie abgeschöpf­t werden kann. Typisch obergärige Biere sind etwa Weizenbier, Trappisten­biere oder auch das leichte Kölsch sowie Altbier, das wegen der alten Braumethod­e so heißt. Bei untergärig­en Bieren arbeiten die Hefen bei niedrigere­n Temperatur­en von 4 bis 9 Grad, das angehende Bier muss also gut gekühlt werden und der Vorgang dauert deshalb auch länger. Am Schluss sinken die Hefen zu Boden. Typischerw­eise werden so Märzen- oder Pilsbiere hergestell­t.

„Gut, süffig und schlank“, so fasst der klösterlic­he Braumeiste­r den Charakter seiner Kreation zusammen. Den Namen hält das Stift vorerst noch geheim, um ein bisschen Spannung aufrechtzu­erhalten. Fest stehe jedenfalls eines: „Den ersten Sud nach 400 Jahren muss ich machen“, sagt er stolz.

Verkauft wird das Klosterbie­r in Fässern für Gastronomi­e und Zeltfeste sowie in 0,33-Liter-Mehrwegfla­schen mit Drehversch­luss im Shop des Stiftes sowie im dortigen Restaurant.

Zu den bekannten Lagen des Stiftswein­gutes Göttweig wie Gottschell­e, Silberbich­l oder Pfaffenber­g dürfte sich also bald auch ein eingängige­r Biername gesellen.

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„Unser Helles wird gut, süffig und schlank.“Pater Pirmin Mayer, Brauer, Stift Göttweig
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BILD: SN/STIFT GÖTTWEIG Die Benediktin­erabtei Stift Göttweig in Niederöste­rreich.

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