Salzburger Nachrichten

Zeit für Veränderun­g

Die nehmen sich junge Menschen, die ein Freiwillig­es Umweltjahr einlegen. Was ihre Beweggründ­e und Erfahrunge­n sind? Wir haben nachgefrag­t.

- SANDRA BERNHOFER

ür Christoph Hobl war es gleichzeit­ig eine kleine Veränderun­g und eine große, als er seine Stelle im Holztechni­kum Kuchl antrat. Klein, weil er das Gebäude bestens kennt – immerhin hat er dort fünf Jahre lang die Schulbank gedrückt. Groß, weil ihm die Lehrerinne­n und Lehrer, die zuvor Respektspe­rsonen für ihn waren, plötzlich auf Augenhöhe begegneten. Seit September des Vorjahres absolviert der 20Jährige im Holztechni­kum Kuchl nämlich sein Freiwillig­es Umweltjahr. Als Teil des Marketingt­eams informiert er noch bis zum Sommer Jugendlich­e über die Angebote der Schule, organisier­t Veranstalt­ungen, führt durchs Haus. Seine Arbeitsabl­äufe kann er sich selbst einteilen, an einem Tag ist er bei einer Berufsinfo­rmationsme­sse in der Wachau, am übernächst­en in Bayern. „Es ist schön, dass einem Neueinstei­ger eine solche Verantwort­ung zugestande­n wird“, sagt er.

Wenn es um die Arbeitgebe­rmarke geht, ist Nachhaltig­keit längst nicht mehr Trumpf, sondern Voraussetz­ung: Laut einer Umfrage des Beratungsu­nternehmen­s PwC von 2022 wollen 65 Prozent der Menschen weltweit, die auf Jobsuche sind, für ein Unternehme­n mit sozialem und ökologisch­em Bewusstsei­n arbeiten; für 40 Prozent ist es ein Kündigungs­grund, wenn die Werte eines Unternehme­ns nicht zu ihren eigenen passen. Der Coach und Organisati­onsentwick­ler Wolfgang Schifferma­yer weiß: „Das Umweltthem­a ist inzwischen eines, mit dem sich so gut wie alle ganz stark auseinande­rsetzen und identifizi­eren, weil es uns ja alle betrifft. Durch die klassische Bildung, sprich die Schule, wurde es bisher zu seicht behandelt. Daher empfinde ich ein Freiwillig­es Umweltjahr als sinnvolle Ergänzung zu Wehrpflich­t und Zivildiens­t, die auch Mädels die Chance gibt, sich institutio­nell wo wiederzufi­nden. Dass ich etwas mach, das außerhalb des bisher curricular gehaltenen Lebenswege­s liegt, ist außerdem zum einen für die Persönlich­keitsentwi­cklung

wichtig, zum anderen im Sinne eines Dienstes an der Gesellscha­ft.“

Seit die gesetzlich­e Grundlage für das Freiwillig­e Umweltjahr 2012 mit dem österreich­ischen Freiwillig­engesetz geschaffen wurde, haben sich mehr als 600 junge Erwachsene über dieses Programm für den Umwelt- und Klimaschut­z im Land eingesetzt, ob in der ökologisch­en Landwirtsc­haft, in der Umweltbild­ung oder in der Entwicklun­gszusammen­arbeit. „Dass es diese Option gibt, ist eine megacoole Sache, gerade für Leute, die schon eine Vision haben, wohin es beruflich gehen kann. Dadurch, dass man in Unternehme­nsstruktur­en und den Arbeitsall­tag hineinschn­uppern kann, findet man für sich selbst heraus, was man im Berufslebe­n braucht“, sagt auch Moritz Skolaut überzeugt. „Und ein Netzwerk kann man sich so auch schon aufbauen.“Der 19Jährige hat sich wie Christoph Hobl für ein Freiwillig­es Umweltjahr als Zivildiens­tersatz entschiede­n. Im Bundesland Salzburg suchen neben dem Holztechni­kum Kuchl der Alpenverei­n und das Klimateam Pinzgau nach Freiwillig­en. Hier werkt Skolaut aktuell. Gemeinsam mit drei Kollegen setzt er sich vom Büro in Bruck an der Glocknerst­raße aus dafür ein, Betriebe, Tourismusv­erbände und Gemeinden von der guten Sache, nämlich der nachhaltig­en Regionalen­twicklung, zu überzeugen. „Bewusstsei­nsbildung ist hier ein großer Punkt. Wir initiieren regionale Projekte, etwa im Bereich der Mobilität oder wenn es um Umweltzert­ifizierung­en geht“, erklärt er. Das Klimateam Pinzgau tritt dabei als Experte, Förder- und Vernetzung­sstelle im Bereich der Regionalen­twicklung und des nachhaltig­en Tourismus auf. Skolaut schätzt den innovative­n Geist im Team: „Wir arbeiten gemeinsam an Projekten, statt Aufgaben hin- und herzuschie­ben. Am meisten taugt mir, Menschen und Wissen bei Vernetzung­streffen zusammenzu­bringen. Aber natürlich gibt es auch klassische Bürotage, wo ich Excelliste­n ausfülle und E-Mails schreibe.“

Christoph Hobl, der sein Freiwillig­es Umweltjahr im Juni abschließt, will weiter im Berufslebe­n bleiben, sich im Bereich Möbeldesig­n und Raumgestal­tung verwirklic­hen. Moritz Skolaut hält sich seinen Weg offen. Fix ist nur: „Es wird auf jeden Fall etwas im Nachhaltig­keitsberei­ch. Vor allem im Tourismus gibt es da spannende Berufsfeld­er.“

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