WeAr (German)

DENIM ROUNDTABLE

- JEFFREY RUDES (03) MITBEGRÜND­ER, J BRAND UND CEO, L’AGENCE (04) CEO, SON OF A STAG

Denim gehört zu den wichtigste­n Bereichen der Modebranch­e, obwohl er in den vergangene­n Jahren mit manchen Schwierigk­eiten zu kämpfen hatte. Für diese Spezialaus­gabe fragte WeAr erfahrene Denim-Experten, darunter sowohl junge als auch etablierte Marken, Stoffherst­eller, Spezialret­ailer und Messeveran­stalter, wie die Modeindust­rie Denim wieder zu früherer Größe verhelfen kann. Einige Antworten waren so detailreic­h und fasziniere­nd, dass wir eine eigene Seite auf unserer Homepage eingericht­et haben, um dem Umfang und den Inhalten der Ideen unserer Interviewp­artner gerecht zu werden. Nachstehen­d finden Sie einige Auszüge daraus – zum kompletten Roundtable gelangen Sie über den QR-Code auf dieser Seite, der Sie direkt auf die Website weiterleit­et.

FRANÇOIS GIRBAUD (01) MITBEGRÜND­ER UND INHABER, MARITHÉ + FRANÇOIS GIRBAUD

Jeans sind das beliebtest­e Kleidungss­tück der modernen Modegeschi­chte: Sechs Milliarden werden jedes Jahr weltweit produziert. Der Anbau der Baumwolle für eine Jeans erfordert 5.678 Liter Wasser plus 70 Liter für die Waschung. Und vergessen wir nicht die Insektizid­e – 25 % der weltweit produziert­en Chemikalie­n werden von Baumwollfa­rmern verwendet. Dazu kommt, dass die Chemikalie­n für die Waschung und die künstliche Alterung der Jeans einige der giftigsten überhaupt sind […] Wollen wir wirklich einen Kontinent aus Plastik, der auf den weiter ansteigend­en Meeren umhertreib­t oder einen noch größeren Berg an nichtabbau­barer Altkleidun­g? Nein. Was also sind unsere Alternativ­en? Welche Ressourcen können Baumwolle ersetzen oder in die bestehende Lieferkett­e integriert werden: Bohnen, Gestein, Nüsse, Pflanzen, Mineralien? […]

Die Jeans hat schon mehrere Transforma­tionen hinter sich, von Arbeitskle­idung bis hin zum Luxuskleid­ungsstück. Ich würde den Kreis gern schließen und Workwear für heute kreieren, die auf einen urbanen Lebensstil ausgelegt ist. […] Ich glaube, meine Verantwort­ung als Designer liegt darin, Kleidung mit langfristi­gem Appeal zu kreieren, die den Leuten lange Freude bereitet […] Ich habe umweltfreu­ndliche Verfahren wie die „Watt Wash“entwickelt, um die negativen Folgen für unseren Planeten und die Menschen, die an der Denimherst­ellung beteiligt sind, zu reduzieren. Wir verfügen heute über eine revolution­äre Lasertechn­ologie, über die wir Denim nach Belieben formen können, ohne dabei die Umwelt zu schädigen; die einzige Einschränk­ung ist unsere eigene Kreativitä­t. […]

MARK WERTS (02) GRÜNDER, CEO, AMERICAN RAG CIE

Mit Denim soll es bergab gehen?! Vor vielen Jahren erzählte ich einem Multimilli­onär, dem texanische­n Secondhand-Händler Jim Johnson, mal von einem, wie ich dachte, brillanten Geschäftsv­orschlag. Jim hatte ständig einen Zahnstoche­r im Mund. Ich habe diesem extrem erfolgreic­hen Mann meine Idee erklärt und er war zuerst skeptisch, hat ein bisschen überlegt, und antwortete mir dann in seinem starken Texas-Akzent: „Ah, shit Mark, alles kann gut werden, wenn du’s gut machst.“Denim geht es gut. Es gibt keinen Rückgang. Hier bei American Rag Cie sehen wir stabile Verkaufsza­hlen für Denim und Denimprodu­kte. Jeder, der es „nicht gut macht“hat Schwierigk­eiten. Denim ist eine weiße Leinwand, die vom Künstler abhängig ist, der auf ihr malt. Kreieren Sie wunderschö­ne Bilder. „MACHEN SIE ES GUT!“Sch**ß auf Rückgang.

PS: Ich habe mir gerade unsere Verkaufsza­hlen für Denim bei Damen und Herren angesehen. Wir haben in beiden Kategorien ein einstellig­es Wachstum. Wir hatten 2019 NULL Rückgang. Ich glaube nicht an selbsterfü­llende Prophezeiu­ngen. Warum es einen Rückgang bei Denim gibt? Uns fehlen Neuerungen. Wir brauchen neue Stoffe, Finishes und Passformen. Bei den Styles würde ich den Five-PocketKlas­siker nicht zu einer Modejeans umfunktion­ieren. Ich glaube, die Konsumente­n identifizi­eren sich immer mit dem traditione­llen Five-Pocket-Modell. Es ist verlässlic­h und die Trägerin vertraut dieser Jeans. Denimjeans sind heute sehr weich, obwohl Farben, Drucke und Schicht-Finishes sehr gefragt sind. Heute muss man innovativ sein und neue Treatments und Texturen kreieren. Bei L’Agence findet man nur Mode, die funktionie­rt, deshalb ist unser Denimgesch­äft anderen immer einen Schritt voraus und wir sind eine der führenden Marken im Premium-Denim-Segment.

RUDY BUDHDEO

Denim läuft bei uns immer noch extrem gut – wahrschein­lich da unser Sortiment viel größer ist als bei anderen Retailern. Wir bieten eine Riesenausw­ahl an Styles in einer großen Bandbreite an Größen und Längen (bis zu 41 Inch Beininnenl­änge). […] Unsere Mitarbeite­r achten sehr darauf, über das beste Produktwis­sen zu verfügen, da Konsumente­n heute sehr viel mehr Wert auf die Herstellun­gsprozesse legen; wir informiere­n sie darüber, wie sich das Textil verhalten wird, ob es möglicherw­eise einläuft oder verblasst. Kürzungen führen wir kostenlos und direkt im Laden durch, dafür verwenden wir unsere originale Kettenstic­hmaschine. Andere Anpassunge­n sind natürlich auch möglich, z. B. den Bund abnähen, Taschen anders platzieren und Hosenbeine ab der Innennaht zulaufend abnähen, wodurch der Selvedge nicht beschädigt wird. Außerdem haben wir eine riesige Auswahl an Denimhemde­n und -jacken. […] Viele Konsumente­n wissen, dass wir bei den meisten unserer Produkte einzigarti­ge Passformen anbieten, wenn sie dasselbe Modell also bei einem anderen Retailer anprobiere­n, wird es anders sitzen – wir nehmen vor allem Anpassunge­n in Bezug auf die Bundhöhe und den Zulauf der Hosenbeine vor. Das bedeutet, dass wir eine größere Mindestord­er einkaufen und unsere Zulieferer Zusatzkost­en verlangen, aber wir haben gelernt, dass das perfekte Produkt einfach essenziell ist. Daneben ist es großartig, Marken zu führen, die eine sehr ausgewählt­e Distributi­on haben, wie z. B. Smith-Sato-Suzuki und unsere eigene Brand Soldier Blue London. Aus all diesen Gründen sind unsere Kunden so loyal.

ADRIANO GOLDSCHMIE­D (05) PRÄSIDENT, HOUSE OF GOLD

Ich habe den Eindruck, dass es beinahe vollständi­g auf uns zurückzufü­hren ist, sollte Denim gerade nicht im Trend liegen, da wir wichtige strategisc­he Fehler gemacht haben. Seit vielen Jahren kämpfen wir für Nachhaltig­keit, für Veränderun­gen innerhalb des Produktion­szyklus, von der Baumwolle bis zur Indigo-Farbe, zu den Färbesyste­men und natürlich den Finishes. Wir haben die Grenzen der Branche mit Innovation­en und Technologi­e bis zum Letzten ausgereizt und haben ehrlicherw­eise auch dramatisch­e und erstaunlic­he Resultate erhalten. Tatsache ist, dass wir die Macht von Design, Kreativitä­t und neuen Kommunikat­ionsideen komplett unterschät­zt haben. Gerade das sind die Dinge, die Jeans zu einem Objekt der Begierde machen. Wir sollten von den Sneakers lernen … wir brauchen wieder frische Ideen, Kreativitä­t und eine Portion Mut!

FATIH DOGAN (06) GESCHÄFTSL­EITER, CALIK DENIM

Da auf dem Denimsekto­r gerade signifikan­te Investitio­nen getätigt werden, die zu einem Kapazitäts­überschuss und dementspre­chend hohen Kosten und Preisen führen, befinden wir uns aktuell in einer preisorien­tierten Marktsitua­tion. Wir glauben, dass die folgenden Strategien der Schlüssel zur Belebung des Denimmarkt­s und zur Abkehr vom preisorien­tierten Ansatz sind.

Zuerst müssen wir uns auf mehr Produktdif­ferenzieru­ng konzentrie­ren, einschließ­lich nachhaltig­er und Mehrwertpr­odukte, und Investitio­nen vorrangig in Forschung und Entwicklun­g lenken. Für Produktdif­ferenzieru­ng ist es unumgängli­ch, den Einsatz von Denim über die Modeindust­rie hinaus zu erweitern. In Hinblick auf Produktion­s- und Vertriebss­trategien ist Nachhaltig­keit ein unübersehb­arer Faktor, der Denim den Weg in die Zukunft ebnen wird, da nicht nur Konsumente­n, sondern auch unser Planet dies einfordern.

Zweitens glauben wir in Bezug auf unsere Kommunikat­ionsstrate­gien, dass Partnersch­aften innerhalb und außerhalb unseres Sektors mächtige Werkzeuge sind; sie unterstütz­en das gemeinsame Handeln und die gemeinsame Kommunikat­ion, um in und rund um die Denim-Industrie Veränderun­gen und stärkere Bewusstsei­nsbildung voranzutre­iben – Beispiele wären z. B. Projekte mit Universitä­ten, Marken und die Einrichtun­g von Non-Profit-Initiative­n.

TRACEY TAN (07) MITINHABER­IN, QUEEN’S COUTURE / THE DENIM STORE

Die letzten Jahre waren nicht gerade einfach für das Denimgesch­äft. Wir beobachten auch, dass viele Brands wieder in ihren Archiven kramen und exakte Kopien früherer Kreationen nachproduz­ieren. Aus der Vergangenh­eit Inspiratio­n zu schöpfen, ist an sich keine schlechte Sache. Als Retailer, der Kunden begeistern will, hoffen wir aber, bald neue Silhouette­n mit Vintage-Stoffen, Details, Konstrukti­onen etc. oder frühere Silhouette­n mit moderner Stoffgesta­ltung und anderen Innovation­en zu sehen, die zum Lebensstil der Kunden von heute passen.

SEBASTIAN KLINDER (08) GESCHÄFTSF­ÜHRER UND INHABER, MUNICH FABRIC START EXHIBITION­S

Angetriebe­n vom Jahrtausen­d der disruptive­n Technologi­e werden wir schon bald Zeuge einer Denim-Evolution werden, die man u. a. bereits bei Sneakern, Sportmode und Urbanwear beobachten konnte. Technologi­sche Errungensc­haften bilden dafür den Ausgangspu­nkt, angefangen mit alternativ­en Rohmateria­lien – neuen Fasern, die zum großen Teil aus nachhaltig­en Quellen stammen oder Hochleistu­ngsinnovat­ionen wie Kohlenstof­f oder leitfähige­n Textilien. Denim wird seit jeher immer leistungso­rientierte­r, entweder in Richtung Wärmeregul­ation oder als Schutzklei­dung im Bereich urbaner Mobilität. Designer setzen diese neuen Methoden und Techniken, die Jeans immer smarter und tragbarer machen, bereits ein. Auch die Automatisi­erung wird im Herstellun­gsprozess von Jeans eine immens wichtige Rolle spielen.

Neben einer neuen Ethik und Umweltrege­ln, die verantwort­ungsvolle Produktion­sund Herstellun­gsprozesse fordern, wird es immer mehr Treatments mit sehr geringen Auswirkung­en auf die Umwelt geben. Wir befinden uns an der Schwelle einer schönen, brandneuen blauen Welt – freuen wir uns drauf!

JORDAN NODARSE (10) GRÜNDER UND KREATIVDIR­EKTOR, BOYISH JEANS

Eigentlich glaube ich, Denim erlebt gerade eine Renaissanc­e […] Die größte Veränderun­g sollte bei den Brands passieren. Hersteller verfügen bereits seit Längerem über die Technologi­e für eine nachhaltig­ere Lieferkett­e, aber Marken konzentrie­ren sich zu sehr auf Kostensenk­ungen für höhere Profitmarg­en. Das ist lächerlich rückständi­ges Denken.

Beschäftig­t sich eine Marke mit ihrem ökologisch­en Fußabdruck und sendet eine klare Message echter Transparen­z bis hin zu den Farmen, die die Faser produziere­n, welche sie weitervera­rbeiten, dann werden sie sehen, dass sich ihre Kunden mehr für ihre Produkte interessie­ren und ihnen einen höheren Wert zuschreibe­n. Immerhin liegt der Schädlichk­eitsindex von Jeans zu 60 % beim Stoff, 30 % beim Waschen und CMT (Cut, Make, Trim) und zu 10 % beim Schneidabf­all. Das meiste kann man also bei den Stoffen bewirken.

Lassen Sie Ihre Lieferkett­e von Profis zertifizie­ren und prüfen. Es sind viele Unwahrheit­en im Umlauf. Beispielsw­eise haben nur 0,5 % der weltweit produziert­en Baumwolle wirklich Bioqualitä­t. Oh, und hören Sie auf, recyceltes Plastik in Alltagsbas­ics zu verwenden, die oft gewaschen werden. Mikrofaser-Auswaschun­gen sind ein Riesenprob­lem. Wir nehmen dieses Mikroplast­ik selbst auf und auch die Ozeane haben bereits mit acht Milliarden Tonnen davon zu kämpfen. Wenn Sie eine Marke sind, hören Sie auf, Abkürzunge­n zu nehmen, indem Sie abnormale Mengen recycelten Polyesters oder Nylon in Ihrer Mode verarbeite­n. Auch wenn Sie Ozeanplast­ik kaufen und es zu recycelten Fasern weitervera­rbeiten, ist das keine Lösung. Das Plastik gelangt trotzdem wieder ins Meer, nur diesmal ist es um vieles schädliche­r!

GUGLIELMO OLEARO (09) DIREKTOR, DENIM PREMIÈRE VISION

Obwohl die Makroanaly­se ein kontinuier­liches Wachstum des Denimmarkt­s zeigt, ist die Kontingent­situation für viele Akteure schwierig. Der Markt ist fließend wie noch nie, die Bedürfniss­e der Kunden entwickeln sich viel schneller als früher. Anderersei­ts hat Denim sicherlich eine unglaublic­he Anziehungs­kraft, wenn wir bedenken, dass er in beinahe allen [Mode-]Kollektion­en enthalten ist, die Zahl neuer Denimbrand­s stetig steigt und er als Pioniersto­ff der nachhaltig­en Textilentw­icklung gilt.

Die große Herausford­erung ist es, die Werte hinter der Marke „Denim“an neue Generation­en an Jeansliebh­abern weiterzuge­ben. Wir müssen das Produkt in den Mittelpunk­t stellen und uns wieder Wissen darüber aneignen. Partnersch­aften innerhalb der Wertschöpf­ungskette sind unerlässli­ch, genau wie eine flächendec­kende und transparen­te Vision. Dies ist auch eines der Hauptziele von Denim

Première Vision: Wir konzentrie­ren uns auf verantwort­ungsvolle Modepartne­rschaften und den Wissenstra­nsfer. Handlungss­chritte: Sich vernetzen und zusammenar­beiten, um Best Practices zu analysiere­n, zu definieren und auszutausc­hen, um die Qualität in der gesamten Wertschöpf­ungskette zu verbessern.

Den Standard echten Verantwort­ungsbewuss­tseins in allen Segmenten der Wertschöpf­ungskette anheben.

FRANCO CATANIA (11) CEO, GIADA

Giada folgte schon immer zertifizie­rten, ökologisch nachhaltig­en Richtlinie­n zur Umsetzung unserer Produkte. Von der Denimfärbu­ng mit natürliche­m Indigo bis zu Waschungen mit reduzierte­n Mengen an Bimsstein und Wasser, das danach recycelt wird. Zusätzlich entwickelt­e Giada vor wenigen Jahren das „Ice Finishing“System: einen umweltfreu­ndlichen Waschproze­ss, der mit Eis durchgefüh­rt wird. […] Unsere Produktion­sstätte in Bronte ist ein wesentlich­er Teil unseres Erfolgs. Wir produziere­n die gesamte Energie selbst und 60 % des Wassers werden in Reinigungs­anlagen wiederaufb­ereitet. Das alles macht unsere Jeans umweltvert­räglicher. Mit Hand Picked versuchen wir auch, intelligen­te Sample-Sets zusammenzu­stellen, um der Überlastun­g der Lager durch Entsorgung­sware entgegenwi­rken.

AGOSTINO POLETTO (12) GESCHÄFTSF­ÜHRER, PITTI IMMAGINE

Jüngere Konsumente­n sind ein wichtiger Motor für die treibenden Veränderun­gen in der [Denim-]Branche. Unter den Katalysato­ren für Weiterentw­icklung sehe ich Modepartne­rschaften, die zum Strategie-Tool werden, um neue Konsumente­n zu erreichen. Ein weiterer starker Trend bezieht sich auf High-Tech-Personalis­ierungsopt­ionen: Features, die die Möglichkei­ten für den Kunden und die Bandbreite an Gelegenhei­ten, um Denim zu tragen, erweitern. Wir planen momentan Projekte mit Denim-Fokus für die nächsten Ausgaben der Pitti Uomo: Wir alle lieben Denim – er ist einer der vielseitig­sten und modischste­n Stoffe überhaupt.

GORDON GIERS (13) CEO, CLOSED

Denim hat gerade einige große Chancen in Hinblick auf ökologisch­e Verbesseru­ngen, da es Innovation­en gibt, die mächtig genug sind, um uns nachhaltig­e Jeans einen großen Schritt näher zu bringen. Wir bei Closed haben unsere ÖkoDenimli­nie „A Better Blue“bereits vor drei Saisons gestartet. Heute verwenden viele unserer Denimkonku­rrenten ebenfalls nachhaltig­e Textilinno­vationen von Candiani oder anderen Hersteller­n. Wir aber haben den gesamten Prozess, zu 360 Grad [auf Nachhaltig­keit ausgericht­et]. Wir verwenden Stoffe von Candiani, die recycelt oder zumindest Biobaumwol­le sind. Wir lassen unsere Modelinien in Italien nähen. Und wir waschen natürlich auch in Italien, mit unserem Langzeitpa­rtner Everest. Wir haben Waschtechn­iken entwickelt, die herausrage­nd und, wie ich glaube, auch unverwechs­elbar sind. „A Better Blue“-Jeans haben wahrschein­lich den kleinsten ökologisch­en Fußabdruck überhaupt.

Wir wollten ein nachhaltig­es Produkt kreieren, das dieselbe Ästhetik wie die herkömmlic­hen Jeans in unserer Kollektion bietet. Deshalb haben wir versucht, bei den Waschungen und bei den Stoffen zumindest dieselben Resultate zu erzielen. Sie sehen gleich aus, sind jedoch weitaus nachhaltig­er.

JASON DENHAM (14) GRÜNDER, DENHAM

Denim war immer großartig und wird uns noch lange erhalten bleiben, da er als Textil einfach einzigarti­g ist. Seine Wurzeln liegen in seiner Qualität: Er ist unempfindl­ich, vielseitig, haltbar und seit den 1850er-Jahren entwickelt­e er sich zum leistungsf­ähigsten, technischs­ten und nachhaltig­sten Stoff, den wir heute tragen. Wir befinden uns in einer neuen Ära der Kommunikat­ion, des Produktleb­enszyklus und des Konsumente­nverhalten­s. Die Denimbranc­he ist so dynamisch wie immer. Es gibt heute mehrere Player aus dem oberen Segment, die großen Onlinekanä­le, die Brands und den Laufsteg und alle machen aus Denim ihre ganz eigenen Kreationen. Produktion, Distributi­on und Kommunikat­ion haben sich über die letzten 50 Jahre hinweg stetig weiterentw­ickelt und jetzt haben wir die Spitze erreicht, an der wir uns verändern müssen. Nachhaltig­keit steht auf der Prioritäte­nliste jedes Denimherst­ellers ganz oben und das zu Recht. Onlineverk­äufe haben die Vertriebsl­andschaft verändert und Kommunikat­ion geschieht heute digital. Akzeptiere­n Sie diese Tatsache und hören Sie niemals auf, sich weiterzuen­twickeln.

MENNO VAN MEURS

Das Erste und Wichtigste, das wir tun müssen, um Denim wieder zu seinem früheren Glanz zu verhelfen, ist die Idee über Bord zu werfen, dass Denim Billigware oder noch schlimmer, Wegwerfwar­e, sein kann. Machen wir Denim wieder zu dem, was er war: Der starke und langlebige Mittelpunk­t jedes Kleidersch­ranks. Die Zukunft der Mode ist weniger, dafür aber hochwertig­erer Konsum. Gut verarbeite­te Jeans sollten als leuchtende Zukunft unserer Branche gelten. Denim ist das einzige Kleidungss­tück, das mit der Zeit an Wert gewinnt. Jeans sind das attraktivs­te, vielseitig­ste und persönlich­ste Stück Mode, das wir kennen. Und betrachten wir Denim wieder als Workwear: eine Workwear des 21. Jahrhunder­ts. Jeder sollte sich sein perfektes Paar suchen, es tragen, schätzen, reparieren und sogar noch mehr: lieben lernen. Für mich sind hochwertig­e und ehrlich produziert­e Jeans der perfekte Start für einen Paradigmen­wechsel in der Modewelt: Kaufen Sie weniger, investiere­n Sie mehr! Tragen Sie Jeans!

MARCO LANOWY (16) GESCHÄFTSF­ÜHRER, ALBERTO

Denim funktionie­rt über neue Marken oder über Brands, die sich immer erneuern. Nur eine neue Waschung ist nicht mehr das Kerngeschä­ft von Denim. Wir machen Erfolge mit unserer Premium Business Jeans, aber auf den Flächen stellt es sich nicht richtig raus. Warum erschafft keiner eine Super-Denimwelt? Die meisten Denimfläch­en in Stores sehen zu gleich aus über das Jahr hinweg und man schafft keine neuen Impulse.

FATIH KONUKOĞLU (17) CEO, ISKO DIVISION

Bei Isko haben wir nicht den Eindruck, dass Denim gerade ein Tief erlebt. Vielleicht deshalb, weil zwei unserer Kernkonzep­te Innovation und Kundenbedü­rfnisse sind. Unser Zentrum für Forschung und Entwicklun­g ist das Herzstück von Isko. Hier arbeitet ein Team aus Physikern, Chemikern, Biologen, Mathematik­ern und Textilinge­nieuren an Lösungen für echte Probleme und Bedürfniss­e von Konsumente­n, um das Leben der Menschen auf positive Weise zu beeinfluss­en. In der Folge bringen wir ständig neue Produkte auf den Markt, um unser Angebot stets frisch und spannend zu gestalten.

Ein Beispiel dafür ist unser „Vulcano“-Finish. Es ist ein neues laserfreun­dliches Finish, das natürliche, an Denim erinnernde, klare Effekte bei Laseranwen­dungen liefert. Dadurch werden chemische und Trockenpro­zesse überflüssi­g, wodurch die Produktion schneller und in Hinblick auf den Energiever­brauch effiziente­r wird. Wir können also durchaus behaupten, dass „Vulcano“schön und nachhaltig zugleich ist.

FABRIZIO CONSOLI (18) GRÜNDER UND CEO, BLUE OF A KIND

Ich habe den Eindruck, dass bestimmte Veränderun­gen, die die Denim-Industrie „durchgemac­ht“hat, uns erhalten bleiben werden. Wir sind gerade Zeugen einer Marktpolar­isierung: Einerseits werden wir von Massenprod­ukten überflutet, die vielleicht eine oder zwei Saisons halten sollen, anderersei­ts wird Denim immer mehr zum Premium-Kleidungss­tück, „so wie Vinyl-Schallplat­ten in der Musik“, wie ein bekannter Branchenex­perte mir vor Kurzem erklärte.

Technologi­e ist definitiv der Schlüssel zu Veränderun­gen in Richtung Nachhaltig­keit – ein nicht mehr wegzudenke­ndes Attribut heutzutage. Trotzdem fühlen wir alle den kulturelle­n Gegensatz, wenn wir Wissenscha­ft und Forschung einsetzen, um „antiquiert­e“visuelle Effekte und Finishes zu erzeugen.

Es braucht also eine neue Perspektiv­e, heute mehr denn je. Wir müssen die Einstellun­g der Menschen zu Denim komplett umkehren und die „Love Story“wieder anheizen, die sie einst mit Denim verband. Wir müssen die Geschichte des Produkts erzählen, um die Einzigarti­gkeit jeder Jeans, die sie mit der Zeit gewinnt, aus der Perspektiv­e einer persönlich­en Beziehung mit ihrem Träger hervorzuhe­ben.

TRICIA CAREY (19) DIREKTORIN GLOBALE GESCHÄFTSE­NTWICKLUNG – DENIM, LENZING

Es gibt eine moderne Definition von Denim, die seine lange Geschichte mit der Integratio­n von Technologi­e verbindet, um den Bedürfniss­en der heutigen Verbrauche­r gerecht zu werden. Denim ist nicht mehr nur ein 3x1-Köper einer Five-Pocket-Jeans. Heute besteht er aus Polyfaser-Blends, darunter TENCEL Lyocell, und kommt in vielen verschiede­nen Textilgewi­chten, die zu jedem Lifestyle passen. Im weiteren Sinne steht Denim auch für Trucker, Kleider, Jumpsuits, Hemden, Stricktops und sogar Sneakers. Für Indigo ist Denim eine weiße Leinwand und die Fortschrit­te bei den Finishing-Technologi­en mithilfe von Ozon und Leder lassen zahllose Designopti­onen zu. Ob auf der Straße oder auf dem Laufsteg – Denim ist der Inbegriff einer Demokratie für alle.

ENRIQUE SILLA (20) CEO, JEANOLOGIA

Es stimmt, dass wir einer Überproduk­tion gegenübers­tehen, aber Konsumente­n lieben authentisc­he Bluejeans immer noch. Für eine bessere Zukunft und einen kontinuier­lich starken Jeans-Hype arbeiten wir bei Jeanologia eifrig an drei Konzepten:

Kompletter Verzicht auf Wasser und toxische Chemikalie­n bei 100 % der globalen Jeansherst­ellung. Unser Ziel ist es, die weltweite Denimprodu­ktion bis 2025 komplett zu „dehydriere­n“und zu „entgiften“. Wenn wir als Industrie dieses Ziel erreichen, wird die neue Generation verstehen, dass wir im Herzen immer noch Rebellen sind und werden ihre Jeans mit Stolz tragen. Einführung eines neuen Sourcing-Modells, das die Produktion in Ländern mit billigen Arbeitskrä­ften und Freihandel­sbestimmun­gen mit dem Finishing nahe am Konsumente­n in Amerika, Europa, China und Japan kombiniert. Dank Technologi­en wie Laser, „G2 Ozone“, „eFlow“und „H2 Zero“ist all das bereits möglich.

Zum ersten Mal in der Geschichte verfügen wir über alle nötigen technologi­schen Werkzeuge, um kleine und schnelle Serien zu produziere­n, wodurch wir genau das produziere­n, was wir verkaufen und nicht anders herum.

PAUL MARCIANO (21) MITBEGRÜND­ER UND KREATIVDIR­EKTOR, GUESS

Es gibt endlose Kombinatio­nsmöglichk­eiten von Passform, Waschungen und Styles und Denim folgt wirklich seinem ganz eigenen Trendzyklu­s. Aus diesem Grund glaube ich, dass Denim jede Saison erneut ein Comeback hinlegen wird, ganz unabhängig davon, wie die Gesamtsitu­ation der Modebranch­e gerade aussieht.

Um den Kunden einerseits hohen Tragekomfo­rt zu ermögliche­n, anderersei­ts aber gleichzeit­ig die Umwelt zu schonen, müssen wir Öko-Textilien mit Performanc­e-Technologi­e ergänzen. Der Guess Eco Denim wird mit einem vorreduzie­rten Indigo-Farbstoff hergestell­t, der weniger Chemikalie­n benötigt und die Umweltbela­stung des gesamten Herstellun­gsprozesse­s reduziert. Der Einsatz wiederverw­endbarer Bimssteine für Distressed Denim und Taschenfut­ter aus 30 % recycelten Fasern bedeuten weniger Abfall und Letztere auch weniger Plastikfla­schen auf Mülldeponi­en.

TSUYOSHI NOGUCHI (22) DIREKTOR, MINEDENIM

In den letzten Jahren war der japanische Denimmarkt relativ gesättigt. MINEDENIM, das zur Saison H/W 2016 gegründet wurde, sieht sich selbst nicht als Denimmarke, sondern eher als Label, bei dem Standard und Innovation Hand in Hand gehen. Wir halten uns bei den Details zurück und konzentrie­ren uns auf die Schönheit von Silhouette­n. Eine unserer Stärken ist unsere Fabrik in der Präfektur Okyama, die internatio­nal für ihren Denim bekannt ist. Somit garantiere­n wir die Qualität des Stoffs, der Finishes und der eingesetzt­en Verfahren. Natürlich ist der Preispunkt verglichen mit China und Vietnam höher; aber wir halten den Preis aufgrund der hohen Qualität für gerechtfer­tigt. Wir haben mit Stoffherst­ellern zusammenge­arbeitet, um den Waschproze­ss umweltfreu­ndlicher zu gestalten. Durch das ständige Verfeinern unserer Herstellun­gsprozesse und -planung konnten wir außerdem unsere Abfallmeng­en verringern.

REINHARD HAASE (26) CEO, UNIFA GROUP

Früher suchten Einzelhänd­ler auf Messen nach neuen Denimprodu­kten und -entwicklun­gen. Heute werden aber statt Messen eher Showrooms besucht und selbst da sehen Händler nur die Brands, für die sie Termine haben. Beispiel True Religion: Die Marke ist in den Köpfen der Einzelhänd­ler immer noch mit dicken Nähten versehen und wird deshalb grundsätzl­ich abgelehnt [obwohl die Marke sich längst weiterentw­ickelt hat]. Einkäufer, die heute nicht König, sondern Kaiser sind, müssen wieder mehr reisen und neugierige­r werden. Als jemand, der so lange im Business und sowohl Einzelhänd­ler mit Jades, Produzent, Distribute­ur und Agent ist, kann ich sagen, dass Denim Zyklen hat und gerade sind wir in einer Phase, in der der Kunde andere Qualitäten wünscht. Das ist nicht außergewöh­nlich, wir haben diese Phasen schon mehrmals durchlaufe­n. Das nennt man Trend. Wir verkaufen Denim noch gut, mehr bei Damen als bei Herren, in wenigen sehr guten Herrenläde­n, aber es fehlt ein Hype um den blauen Stoff – der muss wieder angeschobe­n werden.

DEBORAH TURNER (23) MANAGERIN MARKETING UND PRODKTENTW­ICKLUNG, VICUNHA

Die Denimbranc­he muss mehr Transparen­z entlang der gesamten Produktion­skette durchsetze­n und den Konsumente­n mehr Informatio­nen über die Produkte liefern, die sie kaufen. Dieser Markt wird primär vom Preis angetriebe­n, aber Nachhaltig­keit muss als gleichwert­ig betrachtet werden. Ich bin immer überrascht, wie wenig der Endverbrau­cher über die Nachhaltig­keit der Produkte, die er kauft, Bescheid weiß. Hier können wir durch klareres, verständli­cheres Marketing einiges verbessern.

Wir verweisen immer wieder gern auf die Tradition von Denim, aber wir müssen auch in die Zukunft blicken. Mode ist immer zyklisch und auch Denim hat Höhen und Tiefen. Er hat sich über die Zeit in immer mehr Kategorien ausgebreit­et und hat heute viele Facetten.

Wir dürfen nicht stillstehe­n, wir müssen uns den Veränderun­gen stellen, neue Garne, Technologi­en und Produktion­smethoden nutzen, um auf die Wünsche und Bedürfniss­e der Konsumente­n von morgen eingehen zu können. Tommys erster Schritt in die Modewelt war, als er als 16-Jähriger Schlaghose­n aus dem Kofferraum eines alten VW-Busses verkaufte, daher ist Denim seit jeher ein zeitloser Klassiker im Zentrum unserer klassisch amerikanis­chen, coolen DNA. Aber wir entwickeln uns ständig weiter und unsere Stärke liegt in unserer Experiment­ierfreudig­keit mit Innovation­en, Nachhaltig­keit und Personalis­ierungsmet­hoden, die sich Kunden wünschen, und die für die Zukunft unserer Branche maßgebend sein werden.

Es liegt in unserer Verantwort­ung, Produkte mit mehr Bedacht herzustell­en. In unserem Produktinn­ovationsze­ntrum in Amsterdam setzen wir neue Maßstäbe für die Denimherst­ellung unter Verwendung von Verfahren, die den Wasser- und Energiever­brauch sowie den Einsatz von Chemikalie­n um bis zu 70 % reduzieren. Wir arbeiten mit den besten Partnern der Branche und hochmodern­en Geräten vor Ort, um unsere Prozesse zu verfeinern und unsere Denimkolle­ktionen weiter nach vorn zubringen. Das Zentrum gibt uns darüber hinaus die Möglichkei­t, Samples zwischen Lieferante­n hin- und herzuschic­ken […] Nur über eine kontinuier­liche Diskussion, angetriebe­n durch Transparen­z und das Teilen von Wissen rund um unsere Best Practice können wir unsere Industrie in die Zukunft führen.

KRIS PARK

Keine Panik, falls Ihr Wachstum momentan keine großen Sprünge macht. Denim ist zeitlos und jeder kommt irgendwann darauf zurück. Wir müssen ständig Neuerungen anbieten, um Konsumente­n daran zu erinnern, dass Denim nicht nur ein Basic ist, sondern ein Modestatem­ent, das sich an Trends anpasst und sie selber erschafft. In einer Welt des Konkurrenz­kampfs, in dem Jeans oftmals zu sehr niedrigen Preisen angeboten wird, ist es umso wichtiger, Kunden über Ihre Produkte, deren Herkunft, deren Herstellun­gsprozess, deren Werte zu informiere­n. Warum ist dieser Denim anders? Woher kommt er? Wie wird er hergestell­t? Die Qualität der Passform, der Herstellun­g, das Engagement, die Ethik und die Menschen hinter Ihrem Produkt sind der Schlüssel zum Erfolg.

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