Mehr Geld im Alter
Die Alternativen der Assekuranzen zur klassischen Lebensversicherung
Die tiefen Zinsen drücken auf die Renditen der privaten Pensionsvorsorge. Die Assekuranzen setzen stattdessen verstärkt auf fondsgebundene Polizzen mit höheren Ertragsmöglichkeiten und fordern zusätzliche steuerliche Erleichterungen. Und in Zeiten des Kampfes gegen den Klimawandel wird das Kapital der Kunden verstärkt nach Grundsätzen der Nachhaltigkeit veranlagt.
Die Ära der Nullzinsen hat einen massiven Einfluss auf die Altersvorsorge. Ganz besonders betroffen sind alle, die langfristig Geld für den Ruhestand zurücklegen. Das macht sich deutlich bei klassischen Lebensversicherungen bemerkbar. Anfang 2000 gab es noch Verträge mit garantierten vier Prozent Zinsen, die durch die Gewinnbeteiligung auf sechs oder sogar sieben Prozent aufgestockt wurden. Wer heute eine neue Versicherung abschließt, bekommt maximal ein halbes Prozent garantiert (siehe Grafik Seite 20). Inklusive Gewinnbeteiligung werden dann rund zwei Prozent auf den Sparanteil der Prämie gutgeschrieben. Selbst das ist angesichts von Minuszinsen auf Staatsanleihen nur schwer zu erwirtschaften. In Deutschland garantiert die Allianz, dort der bei Weitem wichtigste Anbieter, ab heuer nur noch zwischen 60 und 90 Prozent der Einzahlungen. Der Hintergedanke: Je geringer die Garantie, desto mehr Spielraum besteht für ertragreiche Veranlagungen.
BEDARF AN PRIVATER VORSORGE STEIGT
Heimische Versicherungen gehen nicht so weit, hier haben die Allianz und einige Konkurrenten aber den Garantiezins bereits auf null gesetzt. Trotzdem ist auch in Österreich ein radikales Umdenken angesagt. Der Trend der Lebensversicherungen geht eindeutig in Richtung chancenreichere Produkte. Auch als Reaktion auf rückläufige Geschäfte: Schon seit Jahren wird in Österreich mehr Geld aus abreifenden Lebensversicherungen ausgezahlt als neu eingezahlt. Im Vorjahr lag das Minus bei 1,8 Milliarden Euro. Dabei wäre genug Geld vorhanden: Auf täglich fälligen Sparbüchern wurden 2020 mehr als 20 Milliarden eingezahlt. Langfristig ist dort nach Abzug der Inflation ein schleichender Verlust der Kaufkraft des Vermögens programmiert. So haben heutige 10.000 Euro bei zwei Prozent Inflation nach 20 Jahren nur noch eine Kaufkraft von 6.700 Euro. Eine wirklich rentable Altersvorsorge ist deshalb mehr denn je gefragt, nicht zuletzt aufgrund reduzierter staatlicher Pensionen wegen der Durchrechnung des gesamten Lebenseinkommens am Pensionskonto.
Eigentlich hätte die prämiengeförderte Zukunftsvorsorge einen Teil der Verluste durch die Pensionsreform 2004 ausgleichen sollen. Doch die Zukunftsvorsorge wird außer von der Wiener Städtischen und der Donau Versicherung praktisch nicht mehr angeboten. Die verpflichtende Kapitalgarantie in Kombination mit einer Mindestaktienquote ist heute nämlich kaum noch darstellbar.
Obwohl seit der Finanzkrise 2008 die Konstruktionsfehler bekannt sind, haben seitdem alle Finanzminister das Problem nicht einmal ignoriert. Noch schlimmer: Die Förderung der privaten Vorsorge wird immer weiter reduziert. Die Prämie für die Zukunftsvorsorge wurde zum Beispiel 2012 kurzerhand halbiert. Und heuer wurde die ohnehin eingeschränkte steuerliche Absetzbarkeit von Lebensversicherungen als Topf-Sonderausgaben gestrichen. Zum Vergleich: Während es in Österreich nur noch minimale staatliche Vorteile gibt, können in Deutschland Einzahlungen in die Altersvorsorge bis zu rund 30.000 Euro jährlich von der Steuer abgesetzt werden (was natürlich weit mehr ist, als sich Normalverdiener leisten können). Geld wäre auch in Österreich ausreichend vorhanden. Der Finanzminister spart durch das Zinstief jährlich viele Milliarden Euro auf Kosten der Sparer ein.
SENKUNG DER VERSICHERUNGSSTEUER
Im aktuellen Regierungsprogramm steht zwar etwas von einer neuen Förderung der Altersvorsorge, doch das bleibt bis jetzt bloße Absichtserklärung. Für Uniqa-Vorstand Peter Eichler wären zusätzliche Maßnahmen dringend erforderlich: „Vier Prozent Versicherungssteuer sind angesichts der niedrigen Renditen viel zu hoch, hier wäre zum Beispiel eine Halbierung auf zwei Prozent sinnvoll. Außerdem sollte ein Kunde, der Kapital aus früheren Lebensversicherungen in eine neue überträgt, ganz von der erneuten Versicherungssteuer befreit werden.“(siehe Interview Seite 19)
Doch Steuervorteile allein reichen nicht aus. Noch wichtiger ist, dass die Vorsorgeprodukte von guter Qualität sind. Wie müssen also Lebensversicherungen der Zukunft aussehen? Entscheidend ist eine rentable Veranlagung, die langfristig die Kaufkraft erhalten, im besten Fall deutlich erhöhen kann. Hier sind fondsgebundene Lebensversicherungen mit einer ausreichenden Aktienquote ein Mittel der Wahl. Mit Anleihen allein ist nämlich angesichts der mikroskopischen Zinsen kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Aktien lassen dagegen langfristig Renditen in der Größenordnung von fünf bis sieben Prozent erwarten. Haken: Die genaue Wertentwicklung ist nicht vorhersehbar und kann obendrein kräftig schwanken. Hier hofft Uniqa-Vorstand Eichler auf eine neue Möglichkeit, Kunden als Option eine relativ kostengünstige Garantie nur zum Laufzeitende anzubieten.
Die Versicherungsbranche ist darüber bereits in Gesprächen mit der Finanzmarktaufsicht. Wolfgang Weisz, Lebensversicherungsexperte der Allianz Österreich: „In Deutschland gibt es neben permanenten auch endfällige Garantien. In Österreich sollte das Gleiche gelten.“Für viele Kunden ist schließlich eine Altersvorsorge ohne Sicherheitsnetz nicht vorstellbar. Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtischen Versicherung: „Es ist stets auf das Gleichgewicht zwischen Ertragschancen und Sicherheit zu achten. Eine Lösungsmöglichkeit sind Hybridprodukte.“Hier wird zum Beispiel ein Teil des Kapitals ganz auf Nummer sicher und ein anderer mit Aussicht auf mehr Rendite angelegt.
KOSTEN ÜBER LAUFZEIT VERTEILT
Eine gute Möglichkeit, bereits in der Anfangsphase das Versicherungsguthaben zu erhöhen, sind generell Tarife, bei denen die Kosten nicht am Anfang, sondern laufend in Raten berechnet werden. Dabei hat sich die Uniqa als Vorreiter erwiesen. Nunmehr bieten immer mehr Versicherungen solche Verträge an, mitunter aber nur auf Nachfrage. Geringe Anfangskosten machen sich ganz besonders bezahlt, wenn ein Vertrag vorzeitig storniert wird. Elementar wäre auch eine Reform der Zukunftsvorsorge, damit das Produkt wieder auf breiter Basis angeboten werden kann. Wiener-Städtische
Vorstand Bartalszky: „Erforderlich ist eine Liberalisierung der Veranlagungsvorschriften, auch die staatliche Prämie sollte wieder verdoppelt werden.“
NACHHALTIGE VORSORGE
Klar ist auch: Die Versicherungen werden künftig das Kapital viel ökologischer und ethischer veranlagen. Jeder neue Kunde muss nämlich ab dem kommenden Jahr gefragt werden, ob er auf Nachhaltigkeit Wert legt. Gegebenenfalls kommen dann nur noch entsprechende Produkte infrage. Im Rahmen der fondsgebundenen Lebensversicherung kann der Kunde schon jetzt nachhaltige Fonds wählen. Die Merkur und die Wiener Städtische haben sogar ganze Fondspolizzen-Tarife mit dem Umweltzeichen versehen, bei der Städtischen fließt
„Bei der Zukunftsvorsorge ist eine Liberalisierung der Veranlagungsvorschriften erforderlich, außerdem sollte die staatliche Prämie wieder verdoppelt werden.“MANFRED BARTALSZKY, VORSTAND DER WIENER STÄDTISCHEN
schon jeder zehnte Prämien-Euro dorthin. Auch die Branchenkollegen werden die Auswahl solcher Produkte ausweiten. Bei der Allianz ist sogar der Deckungsstock in der klassischen Lebensversicherung nachhaltig. Allianz-Experte Weisz: „Wir haben bereits 2014 unsere Investmentstrategie gemeinsam mit dem WWF neu ausgerichtet und schichten seither konsequent in nachhaltige Bereiche um. Mittlerweile erfüllen bereits 91 Prozent der Kundengelder Nachhaltigkeitskriterien.“Andere Versicherungen sind noch in der Vorbereitungsphase. Schließlich geht es nicht über Nacht, „viele Milliarden Euro in Richtung Nachhaltigkeit neu zu positionieren“. Aber es dürfte sich langfristig auch für die Kunden besonders auszahlen, wenn sich eine Forderung der Lebensversicherer erfüllt: Nachhaltige Lebensversicherungen sollen künftig ganz von der Versicherungssteuer befreit werden.