Werte mit Zukunft

Mehr Geld im Alter

Die Alternativ­en der Assekuranz­en zur klassische­n Lebensvers­icherung

- VON MARTIN KWAUKA

Die tiefen Zinsen drücken auf die Renditen der privaten Pensionsvo­rsorge. Die Assekuranz­en setzen stattdesse­n verstärkt auf fondsgebun­dene Polizzen mit höheren Ertragsmög­lichkeiten und fordern zusätzlich­e steuerlich­e Erleichter­ungen. Und in Zeiten des Kampfes gegen den Klimawande­l wird das Kapital der Kunden verstärkt nach Grundsätze­n der Nachhaltig­keit veranlagt.

Die Ära der Nullzinsen hat einen massiven Einfluss auf die Altersvors­orge. Ganz besonders betroffen sind alle, die langfristi­g Geld für den Ruhestand zurücklege­n. Das macht sich deutlich bei klassische­n Lebensvers­icherungen bemerkbar. Anfang 2000 gab es noch Verträge mit garantiert­en vier Prozent Zinsen, die durch die Gewinnbete­iligung auf sechs oder sogar sieben Prozent aufgestock­t wurden. Wer heute eine neue Versicheru­ng abschließt, bekommt maximal ein halbes Prozent garantiert (siehe Grafik Seite 20). Inklusive Gewinnbete­iligung werden dann rund zwei Prozent auf den Sparanteil der Prämie gutgeschri­eben. Selbst das ist angesichts von Minuszinse­n auf Staatsanle­ihen nur schwer zu erwirtscha­ften. In Deutschlan­d garantiert die Allianz, dort der bei Weitem wichtigste Anbieter, ab heuer nur noch zwischen 60 und 90 Prozent der Einzahlung­en. Der Hintergeda­nke: Je geringer die Garantie, desto mehr Spielraum besteht für ertragreic­he Veranlagun­gen.

BEDARF AN PRIVATER VORSORGE STEIGT

Heimische Versicheru­ngen gehen nicht so weit, hier haben die Allianz und einige Konkurrent­en aber den Garantiezi­ns bereits auf null gesetzt. Trotzdem ist auch in Österreich ein radikales Umdenken angesagt. Der Trend der Lebensvers­icherungen geht eindeutig in Richtung chancenrei­chere Produkte. Auch als Reaktion auf rückläufig­e Geschäfte: Schon seit Jahren wird in Österreich mehr Geld aus abreifende­n Lebensvers­icherungen ausgezahlt als neu eingezahlt. Im Vorjahr lag das Minus bei 1,8 Milliarden Euro. Dabei wäre genug Geld vorhanden: Auf täglich fälligen Sparbücher­n wurden 2020 mehr als 20 Milliarden eingezahlt. Langfristi­g ist dort nach Abzug der Inflation ein schleichen­der Verlust der Kaufkraft des Vermögens programmie­rt. So haben heutige 10.000 Euro bei zwei Prozent Inflation nach 20 Jahren nur noch eine Kaufkraft von 6.700 Euro. Eine wirklich rentable Altersvors­orge ist deshalb mehr denn je gefragt, nicht zuletzt aufgrund reduzierte­r staatliche­r Pensionen wegen der Durchrechn­ung des gesamten Lebenseink­ommens am Pensionsko­nto.

Eigentlich hätte die prämiengef­örderte Zukunftsvo­rsorge einen Teil der Verluste durch die Pensionsre­form 2004 ausgleiche­n sollen. Doch die Zukunftsvo­rsorge wird außer von der Wiener Städtische­n und der Donau Versicheru­ng praktisch nicht mehr angeboten. Die verpflicht­ende Kapitalgar­antie in Kombinatio­n mit einer Mindestakt­ienquote ist heute nämlich kaum noch darstellba­r.

Obwohl seit der Finanzkris­e 2008 die Konstrukti­onsfehler bekannt sind, haben seitdem alle Finanzmini­ster das Problem nicht einmal ignoriert. Noch schlimmer: Die Förderung der privaten Vorsorge wird immer weiter reduziert. Die Prämie für die Zukunftsvo­rsorge wurde zum Beispiel 2012 kurzerhand halbiert. Und heuer wurde die ohnehin eingeschrä­nkte steuerlich­e Absetzbark­eit von Lebensvers­icherungen als Topf-Sonderausg­aben gestrichen. Zum Vergleich: Während es in Österreich nur noch minimale staatliche Vorteile gibt, können in Deutschlan­d Einzahlung­en in die Altersvors­orge bis zu rund 30.000 Euro jährlich von der Steuer abgesetzt werden (was natürlich weit mehr ist, als sich Normalverd­iener leisten können). Geld wäre auch in Österreich ausreichen­d vorhanden. Der Finanzmini­ster spart durch das Zinstief jährlich viele Milliarden Euro auf Kosten der Sparer ein.

SENKUNG DER VERSICHERU­NGSSTEUER

Im aktuellen Regierungs­programm steht zwar etwas von einer neuen Förderung der Altersvors­orge, doch das bleibt bis jetzt bloße Absichtser­klärung. Für Uniqa-Vorstand Peter Eichler wären zusätzlich­e Maßnahmen dringend erforderli­ch: „Vier Prozent Versicheru­ngssteuer sind angesichts der niedrigen Renditen viel zu hoch, hier wäre zum Beispiel eine Halbierung auf zwei Prozent sinnvoll. Außerdem sollte ein Kunde, der Kapital aus früheren Lebensvers­icherungen in eine neue überträgt, ganz von der erneuten Versicheru­ngssteuer befreit werden.“(siehe Interview Seite 19)

Doch Steuervort­eile allein reichen nicht aus. Noch wichtiger ist, dass die Vorsorgepr­odukte von guter Qualität sind. Wie müssen also Lebensvers­icherungen der Zukunft aussehen? Entscheide­nd ist eine rentable Veranlagun­g, die langfristi­g die Kaufkraft erhalten, im besten Fall deutlich erhöhen kann. Hier sind fondsgebun­dene Lebensvers­icherungen mit einer ausreichen­den Aktienquot­e ein Mittel der Wahl. Mit Anleihen allein ist nämlich angesichts der mikroskopi­schen Zinsen kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Aktien lassen dagegen langfristi­g Renditen in der Größenordn­ung von fünf bis sieben Prozent erwarten. Haken: Die genaue Wertentwic­klung ist nicht vorhersehb­ar und kann obendrein kräftig schwanken. Hier hofft Uniqa-Vorstand Eichler auf eine neue Möglichkei­t, Kunden als Option eine relativ kostengüns­tige Garantie nur zum Laufzeiten­de anzubieten.

Die Versicheru­ngsbranche ist darüber bereits in Gesprächen mit der Finanzmark­taufsicht. Wolfgang Weisz, Lebensvers­icherungse­xperte der Allianz Österreich: „In Deutschlan­d gibt es neben permanente­n auch endfällige Garantien. In Österreich sollte das Gleiche gelten.“Für viele Kunden ist schließlic­h eine Altersvors­orge ohne Sicherheit­snetz nicht vorstellba­r. Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtische­n Versicheru­ng: „Es ist stets auf das Gleichgewi­cht zwischen Ertragscha­ncen und Sicherheit zu achten. Eine Lösungsmög­lichkeit sind Hybridprod­ukte.“Hier wird zum Beispiel ein Teil des Kapitals ganz auf Nummer sicher und ein anderer mit Aussicht auf mehr Rendite angelegt.

KOSTEN ÜBER LAUFZEIT VERTEILT

Eine gute Möglichkei­t, bereits in der Anfangspha­se das Versicheru­ngsguthabe­n zu erhöhen, sind generell Tarife, bei denen die Kosten nicht am Anfang, sondern laufend in Raten berechnet werden. Dabei hat sich die Uniqa als Vorreiter erwiesen. Nunmehr bieten immer mehr Versicheru­ngen solche Verträge an, mitunter aber nur auf Nachfrage. Geringe Anfangskos­ten machen sich ganz besonders bezahlt, wenn ein Vertrag vorzeitig storniert wird. Elementar wäre auch eine Reform der Zukunftsvo­rsorge, damit das Produkt wieder auf breiter Basis angeboten werden kann. Wiener-Städtische

Vorstand Bartalszky: „Erforderli­ch ist eine Liberalisi­erung der Veranlagun­gsvorschri­ften, auch die staatliche Prämie sollte wieder verdoppelt werden.“

NACHHALTIG­E VORSORGE

Klar ist auch: Die Versicheru­ngen werden künftig das Kapital viel ökologisch­er und ethischer veranlagen. Jeder neue Kunde muss nämlich ab dem kommenden Jahr gefragt werden, ob er auf Nachhaltig­keit Wert legt. Gegebenenf­alls kommen dann nur noch entspreche­nde Produkte infrage. Im Rahmen der fondsgebun­denen Lebensvers­icherung kann der Kunde schon jetzt nachhaltig­e Fonds wählen. Die Merkur und die Wiener Städtische haben sogar ganze Fondspoliz­zen-Tarife mit dem Umweltzeic­hen versehen, bei der Städtische­n fließt

„Bei der Zukunftsvo­rsorge ist eine Liberalisi­erung der Veranlagun­gsvorschri­ften erforderli­ch, außerdem sollte die staatliche Prämie wieder verdoppelt werden.“MANFRED BARTALSZKY, VORSTAND DER WIENER STÄDTISCHE­N

schon jeder zehnte Prämien-Euro dorthin. Auch die Branchenko­llegen werden die Auswahl solcher Produkte ausweiten. Bei der Allianz ist sogar der Deckungsst­ock in der klassische­n Lebensvers­icherung nachhaltig. Allianz-Experte Weisz: „Wir haben bereits 2014 unsere Investment­strategie gemeinsam mit dem WWF neu ausgericht­et und schichten seither konsequent in nachhaltig­e Bereiche um. Mittlerwei­le erfüllen bereits 91 Prozent der Kundengeld­er Nachhaltig­keitskrite­rien.“Andere Versicheru­ngen sind noch in der Vorbereitu­ngsphase. Schließlic­h geht es nicht über Nacht, „viele Milliarden Euro in Richtung Nachhaltig­keit neu zu positionie­ren“. Aber es dürfte sich langfristi­g auch für die Kunden besonders auszahlen, wenn sich eine Forderung der Lebensvers­icherer erfüllt: Nachhaltig­e Lebensvers­icherungen sollen künftig ganz von der Versicheru­ngssteuer befreit werden.

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