Wahre Werte
„Werte mit Zukunft“beschreibt, womit Veranlagungsexperten in nächster Zeit rechnen und wie die Suche von Investoren nach wahren Werten die Bedeutung nachhaltiger Geldanlagen steigert.
Wie Sie Ihren längerfristigen Vermögensaufbau auf Kurs halten und welchen Stellenwert nachhaltige Geldanlage erreicht hat.
Anfang April kletterte der deutsche Leitindex DAX auf einen historischen Höchststand. Beim amerikanischen S&P 500 Index war es Ende April so weit. Auch an anderen Börsen konnten Investoren nach einem jahrelangen Aufschwung, der von einem Rücksetzer nach Ausbruch der Corona-Pandemie unterbrochen wurde, profitieren. Aber wie geht es an den Aktienmärkten weiter? Wie sollten Anleger ihren Vermögensaufbau in nächster Zeit positionieren? Naht, wie von manchen Experten befürchtet, ein deutlicher Inflationsanstieg? Und wird der Aufschwung nachhaltiger Geldanlagen weitergehen?
Jürgen Brockhoff, Bereichsleiter Kunden der Bank für Tirol und Vorarlberg BTV: „Die Börsenentwicklung der letzten Monate lässt sich anhand verschiedener Faktoren erklären. Einerseits zeigt uns die Vergangenheit, dass sich die Aktienmärkte in frühen Phasen eines Aufschwungs besonders stark entwickeln. Andererseits preisen die Aktienmärkte immer bereits den Ausblick der nächsten Monate mit ein. Dieser ist trotz der bestehenden Risiken weiterhin positiv. Und auch das Niedrigzinsumfeld trägt zur relativen Attraktivität von Aktien bei. Zwischenzeitliche Rücksetzer an den Aktienmärkten sind nicht auszuschließen, waren in den letzten Monaten aber immer nur von kurzer Dauer.“
NUR MIT DER RUHE
Dementsprechend ist es laut dem BTVExperten durchaus möglich, dass es an den Börsen zu einer Konsolidierungsphase kommen kann. Brockhoff: „Es ist nicht auszuschließen, dass es in kurz- oder mittelfristiger Sicht auch wieder turbulenter an den Märkten zugehen kann. Der Rückblick auf die Krisen der letzten 20 Jahre zeigt, dass es wichtig ist, Ruhe zu bewahren und das Investment am Kapitalmarkt auch als ein langfristiges zu betrachten. Vergleicht man die Eurokrise 2011 oder die Coronakrise 2020 beispielsweise mit der globalen Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008, so sieht man, dass mit umsichtigem Handeln der relevanten Akteure aus der Politik und den Notenbanken stärkere Marktrücksetzer nicht vermieden, doch die langfristigen Auswirkungen deutlich minimiert werden können.“In Summe empfiehlt es sich laut dem BTV-Experten, bei der Sektoren- und Regionenauswahl selektiv vorzugehen und sich eventuell etwas defensiver zu positionieren.
Dass Börsenschwankungen möglich sind, meint auch Herta Stockbauer, Vorstandschefin der BKS Bank: „Bei Aktien muss man
immer mit einer gewissen Schwankungsintensität rechnen, speziell wenn die Indexstände der Aktienmärkte auf Höchstständen sind. Wir rechnen aber mit einer durchwegs positiven Entwicklung der Aktienmärkte“(siehe Interview). Bei Veranlagungen in Anleihen rät BTV-Experte Brockhoff zu möglichst breiter Streuung. Brockhoff: „Die Zinsen werden bei den Anleihen auf tiefem Niveau bleiben. Einerseits gilt es global zu veranlagen, um die unterschiedlichen Zinsniveaus zu nutzen. Andererseits ist zu erwägen, selektiv in Schwellenländer- und Hochzinsanleihen zu investieren. Dennoch müssen die Ausfallrisiken immer im Blick behalten werden, auf ein ausgewogenes Rendite-RisikoVerhältnis ist zu achten.“
Die Angst vor einem deutlichen Anstieg der Inflation teilt Veranlagungsexperte Brockhoff nicht: „Der Inflationsanstieg, den wir zuletzt beobachtet haben, hat
„Ich rechne nicht damit, dass die Inflation mittelbis langfristig massiv steigen wird.“JÜRGEN BROCKHOFF, BANK FÜR TIROL UND VORARLBERG BTV
viele Marktteilnehmer verunsichert. Dies war allerdings auf Basis- und Nachholeffekte zurückzuführen. Die deutlich gestiegenen Energiepreise sowie eine hohe Nachfrage, die auf knappes Angebot trifft, wird die Inflation nur in diesem Jahr auf erhöhtem Niveau halten.“Mittel- bis langfristig geht Brockhoff jedoch davon aus, dass die Inflation nicht massiv ansteigen wird. Dafür würden die langfristigen Trends, wie etwa Produktivitätszugewinne durch die Digitalisierung und Globalisierung, sprechen. Zudem werden laut dem BTV-Experten durch die massiven geldund fiskalpolitischen Programme nur die entgangenen Lohn- und Umsatzeinbußen ersetzt. Brockhoff: „Ein Inflationsanstieg, verursacht durch signifikante Lohnsteigerungen, ist aufgrund der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt eher unwahrscheinlich.“
EUROPA IST WELTMEISTER
Seit geraumer Zeit liegen nachhaltige Investments im Trend. So sind in den vergangenen Jahren die Neuveranlagungen in als nachhaltig eingestufte europäische Investmentfonds im Verhältnis zu nicht nachhaltigen Fonds deutlich gestiegen. Laut dem US-Finanzinformationsunternehmen Morningstar erreichten im Schlussquartal 2020 die weltweiten Neuveranlagungen in nachhaltige Fonds mit 152,3 Milliarden US-Dollar sogar ein Rekordhoch. Und auf in Europa domizilierte Fonds entfielen mit 120,8 Milliarden US-Dollar fast 80 Prozent der gesamten Mittelzuflüsse. BKSVorstandschefin Stockbauer: „Dieser Trend wird sich zum Megatrend und langfristig sogar zum neuen Mainstream entwickeln. Das Bewusstsein der Anleger, mit ihrer Investition aktiv dem Klimawandel entgegensteuern zu können, wird immer stärker. Zusätzlich setzt die EU umfangreiche regulatorische Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele.“