Edle Metalle
Ögussa-Geschäftsführer Marcus Fasching über Goldanlage in unsicheren Zeiten und wie in Wien mit ressourcenschonenden Prozessen Edelmetalle höchster Reinheit zurückgewonnen werden.
Ögussa-Geschäftsführer Marcus Fasching im Interview über Gold als Geldanlage und wie in Wien ressourcenschonend Edelmetalle höchster Reinheit zurückgewonnen werden.
Am 11. März des Vorjahres erklärte die WHO den Corona-Ausbruch offiziell zur Pandemie. Von Mitte März bis zur ersten Augustwoche 2020 stieg der Goldpreis um rund 25 Prozent. Von da an gab der Preis bis zur dritten Aprilwoche 2021 um rund 14 Prozent nach. Wie lässt sich diese Entwicklung vor dem Hintergrund, dass Gold als Krisenwährung gilt, erklären?
Marcus Fasching: Zum Ausbruch der Pandemie war die Unsicherheit riesengroß. Nachdem in einer noch nie da gewesenen Geschwindigkeit Impfstoffe entwickelt worden sind, ist eine Entspannung in Griffweite. Gold ist dabei seiner Rolle durchwegs gerecht geworden.
An den Finanzmärkten geht die Inflationsangst um. Häufig greifen Investoren als Absicherung vor Inflationsrisiken auf Gold zurück. Glauben Sie, dass die Inflation steigen kann und dass der Goldpreis davon profitiert?
Fasching: Auch wenn es aus medizinischer Sicht Erfolg versprechend aussieht, werden uns die wirtschaftlichen Folgen noch lange begleiten. Meinem Verständnis nach werden sich die Nullzinsenpolitik und große Geldmengenausweitungen über kurz oder lang in einer steigenden Inflation niederschlagen – spätestens dann, wenn die noch niedrige Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wieder steigt. Der Goldpreis würde von so einer Entwicklung profitieren.
Welche Rolle für die Entwicklung des Goldpreises spielt die Schmuckindustrie?
Fasching: Hier spielt weniger die jährliche Produktionsnachfrage der Schmuckindustrie eine Rolle als die gesamte in Schmuck gebundene Goldmenge, die nach wie vor als potenzielles Angebot verfügbar ist. Wir sprechen von weltweit rund einem Drittel der gesamten oberirdisch vorhandenen Goldmenge. Man wird bei steigendem Goldpreis sicher keinen Schmuck verkaufen, den man erst vor ein paar Jahren gekauft oder von seinem Partner geschenkt bekommen hat. Aber mit geerbtem Altschmuck, beschädigten oder völlig aus der Mode gekommenen Stücken sieht das schon anders aus. In unseren Filialen, wo wir direkt von Privaten nicht nur Bruchgold, sondern auch Barren, Münzen, Zahngold, altes Silberbesteck und Ähnliches gegen sofortige Abrechnung ankaufen, merken wir
deutlicher als früher: Steigen etwa aufgrund von Spekulationen die Preise, steigen auch die von uns angekauften Bruchgoldmengen. Der Schmuckmarkt hat also eindeutig eine preisstabilisierende Wirkung.
Wie groß sollte der Anteil von Gold in einem breit gestreuten Veranlagungsportfolio sein? Welcher Anteil kann auf Silber, dessen Preis als schwankungsanfälliger als jener von Gold gilt, entfallen?
Fasching: Je ausgeprägter die Schwankungen auf den Finanzmärkten sind, umso mehr Gold sollte man zum Risikoausgleich halten. Ich würde selbst in ruhigen Zeiten zehn Prozent als Minimum empfehlen. Bei Silber wäre ich so wie bei anderen Rohstoffen etwas vorsichtiger, weil es da eine Korrelation zur Industrienachfrage gibt und weil Silber außerdem nicht umsatzsteuerfrei ist.
Wertgegenstände wie Gold und Silber werden häufig in Schließfächern verwahrt. Wie sich vorigen Herbst nach Einbrüchen zeigte, reicht die Haftung der Banken nicht aus, um den Wert der Edelmetalle in Schließfächern abzusichern. Wie können Edelmetalle sicher gelagert werden?
Fasching: Ein eigener Tresor in einer entsprechenden Sicherheitsklasse ist da sicher empfehlenswerter.
Die Geschichte von Ögussa geht bis 1862 zurück. Seit 2003 ist die Ögussa Teil des belgischen Materialtechnologie- und Recyclingkonzerns Umicore. Was hat sich durch die Übernahme verändert?
Fasching: Wir haben davon profitiert. Das war keine Einsparungs-Story, sondern aufgrund komplementärer Stärken der einzelnen Standorte eine Ausweitung des Geschäftsmodells der Umicore, die 2003 das gesamte Edelmetallproduktgeschäft der ehemaligen Degussa AG ( jetzt Evonik Industries) gekauft hat. Der Hauptstandort der Umicore in Hoboken ist weltweiter Marktführer im Recycling von Elektronikschrott. Dort wird zusätzlich noch eine Menge anderer seltener Metalle zurückgewonnen. Innerhalb des Konzerns ist die Ögussa auf das Produktgeschäft, auch in weltweiten Nischenmärkten, und auf das Recycling edelmetallhaltiger Scheidgüter, die Gold, Silber und Platingruppenmetalle enthalten, fokussiert.
Wie können Sie sicherstellen, dass die Lieferketten nachhaltigen Kriterien entsprechen? Wie ist zu verhindern, dass Sie mit sogenanntem „Blutgold“oder mit Edelmetallen aus Konfliktregionen in Berührung kommen?
Fasching: Minenmaterial akzeptieren wir überhaupt nur dann, falls es nachweislich aus Fairtrade- oder Fairmined-Quellen stammt. Wir können uns das deshalb leisten, weil wir am Standort Wien mit ressourcenschonenden Prozessen selbst Edelmetalle höchster Reinheit zurückgewinnen. Die in unseren Produkten enthaltenen Edelmetalle stammen zum größten Teil aus in Europa gesammeltem Altmaterial, dessen Herkunft wir penibel prüfen. Dieses „Urban Mining“ist in allen Belangen – wie etwa Sozialstandards und Umweltauswirkungen – jeder Art von Minenmaterial weit überlegen. Um auch einen externen Nachweis dafür zu erbringen, sind wir vor rund zehn Jahren Mitglied des RJC, des Responsible Jewellery Council, geworden und lassen uns in Bezug auf den „Code of Practices“-Standard regelmäßig extern von akkreditierten Prüfern zertifizieren. Die Ögussa ist darüber hinaus eine von weniger als 50 Scheideanstalten weltweit, die Produkte den strikten Anforderungen des „RJC Chain of Custody“-Standards entsprechend als „100 % recycled“deklarieren darf.
„Wir akzeptieren Minenmaterial nur dann, wenn es nachweislich aus Fairtradeoder FairminedQuellen stammt.“
MARCUS FASCHING, ÖGUSSA