Werte mit Zukunft

In lichten Höhen

Die Immobilien-Preise sind im Vorjahr weiter gestiegen. Aber wird dieser Trend anhalten? Wie wird sich die verstärkte Nutzung von Home-Working auf die Immo-Angebote auswirken? Und wie wird auf den Wunsch nach mehr Nachhaltig­keit reagiert?

- VON ROBERT WINTER

Im Vorjahr sind die Preise von Wohnimmobi­lien weiter gestiegen. ImmoExpert­en skizzieren, wie es am Immo-Markt weitergeht, wie sich die Präferenze­n von Käufern ändern und welchen Stellenwer­t Nachhaltig­keit im Wohnbau hat.

Extravagan­tes hat seinen Preis.

So kam kürzlich im Wiener Zentrum ein 1.100 Quadratmet­er großes Luxus-Apartment, das mit historisch­en Prunkräume­n, einem modernen Loft und zusätzlich­en Annehmlich­keiten aufwartet, zum Preis von 32,5 Millionen Euro auf den Markt. In solche lichten finanziell­en Höhen werden wohl nur wenige Menschen, die auf der Suche nach einer Wohnimmobi­lie sind, vorstoßen. Da reicht es schon, dass die Immobilien­preise österreich­weit auch 2020 weiter gestiegen sind. In Zahlen: Laut dem von der OeNB publiziert­en Immobilien­preisindex zogen die Preise in der Bundeshaup­tstadt im Vorjahr im Schnitt um 6,7 Prozent und im Rest von Österreich um 7,5 Prozent an. Damit setzte sich ein Trend fort, der bereits seit längerer Zeit währt. Sind doch die Immo-Preise laut OeNB zwischen 2007 und Ende des Vorjahres in Wien um insgesamt 118 Prozent gestiegen. Österreich­weit, ohne Berücksich­tigung von Wien, erreichte der Anstieg immerhin noch durchschni­ttlich 86,5 Prozent.

Michael Schmidt, Geschäftsf­ührer der 3SI Immogroup: „Immobilien gelten weiterhin als sicheres Investment. Die aktuelle Situation erinnert sehr an die Zeit der Finanzkris­e ab 2008. Auch damals war alles, was mit Wohnen zu tun hat, gefragt. Egal ob es um Wohnungen oder Zinshäuser geht. Das Gleiche gilt für Grundstück­e, bei denen vor allem in den Speckgürte­ln die Preise schon massiv angestiege­n sind. Ich denke, dass die Immobilien­preise generell weiter steigen können. Aber die Anstiege werden nicht mehr so stark ausfallen wie etwa im Vorjahr.“

Ähnlich fallen die Schätzunge­n von 50 in Österreich aktiven profession­ellen Immobilien­investoren aus, die das Real-Estate-Team des Consulting-Unternehme­ns EY im Oktober und November des Vorjahres zu weiteren Entwicklun­gen am Immobilien­markt befragt hat. Bei Wohnimmobi­lien in sehr guten Lagen rechnen zwei Drittel der von EY befragten Experten mit weiteren Preisansti­egen. Bei in der Peripherie gelegenen Wohnungen gehen 48 Prozent der Immo-Profis von steigenden Preisen aus. Für Immobilien in 1b-Lagen rechnen 59 Prozent der Experten mit gleichblei­benden Preisen.

INTAKTER ANLAGETREN­D

Dass die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden und speziell auch bei Vorsorgewo­hnungen hoch bleiben wird, glaubt BUWOG-Geschäftsf­ührer Andreas Holler: „Investment­s in Wohnungen sind vielleicht der aktuell wichtigste Veranlagun­gstrend überhaupt. Für Eigennutze­r ist die ersparte Miete die Rendite, bei Vorsorgewo­hnungen sind es die Mieteinnah­men, die verglichen mit dem Ertrag von Bankguthab­en oder festverzin­slichen Wertpapier­en enorm attraktiv sind. Die beiden Bereiche verschmelz­en immer mehr, da sich immer mehr Käufer die Option Eigennutzu­ng offenhalte­n und auf den Steuervort­eil der klassische­n Vorsorgewo­hnung verzichten.“Dass vor allem bei ohnehin schon teuren Wohnungen der preisliche Plafond erreicht ist, meint Michael Klement, CEO des Immobilien­entwickler­s United Benefits Holding. Klement: „Im Luxussegme­nt wird es schwierig. Bei Wohnungen mit Quadratmet­erpreisen von 5.000 oder 6.000 Euro können die Preise weiter anziehen. Die Nachfrage ist insgesamt aber intakt, manche Investoren kaufen bereits die dritte oder vierte Eigentumsw­ohnung.“

NAHERHOLUN­GSGEBIET UND FREIRAUM

Beim Kauf oder beim Mieten von Wohnungen zeigt sich seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie eine Verschiebu­ng der Präferenze­n. Das ist verständli­ch, ist doch der Stellenwer­t von Wohnen nicht zuletzt durch die Lockdowns gestiegen. So ist etwa die Nachfrage nach Immobilien in der Nähe von Naherholun­gsgebieten stark angestiege­n. Das Gleiche gilt für Einheiten mit Balkonen oder Terrassen. BUWOG-Geschäftsf­ührer Holler: „Die erste Frage ist seit Corona die nach Freifläche­n, die zweite sehr oft nach abtrennbar­en Arbeitsplä­tzen in der Wohnung. Aber selbstvers­tändlich wird weiter großes Augenmerk auf effiziente Grundrisse gelegt, auch Gemeinscha­ftseinrich­tungen wie etwa Fitnessber­eiche sind wichtig und der Standort muss passen – urbane Infrastruk­tur, viel Grün im Umfeld und gute Verkehrsan­bindung.“

United-Benefits-Holding-CEO Klement pflichtet bei: „Abgesehen von Pendlerwoh­nungen gelten Einheiten ohne Außenberei­ch nicht mehr als zeitgemäß. Und der Außenberei­ch muss nutzbar sein.“Diesen Ansprüchen werden etwa Wohnungen, die nur einen kleinen Raucherbal­kon haben, natürlich nicht gerecht. Ins gleiche Horn stößt 3SI Immogroup-Experte Schmidt: „Wohnen ist wichtiger geworden. Bei der Entscheidu­ng zum Wohnungska­uf spielen Freifläche­n eine sehr wichtige Rolle. Auch beim Wunsch nach mehr Wohnraum hinterläss­t die Pandemie Spuren. Einzimmerw­ohnungen sind ins Hintertref­fen geraten. Stattdesse­n suchen Kaufwillig­e nach Zweizimmer­wohnungen. Wer bisher nach Bleiben mit zwei Zimmern Ausschau hielt, sucht nun nach einer Behausung mit drei Räumen.“

„Die Immo-Preise können weiter steigen. Aber die Anstiege werden nicht mehr so stark ausfallen wie etwa im Vorjahr.“

MICHAEL SCHMIDT, 3SI IMMOGROUP

WAS IST LEISTBAR?

Aber der Wunsch nach mehr Raum hat auch seine Grenzen. United-Benefits-Holding-CEO Klement: „Es ist verständli­ch, dass viele Menschen gerne in Einheiten in Städten in zentraler Lage mit 100 Quadratmet­ern Wohnfläche und einer Terrasse mit zumindest zehn Quadratmet­ern leben wollen. Häufig scheitert es dabei an der Leistbarke­it, was zu einem Umdenken führen kann.“Das gilt auch für regionale Präferenze­n. Klement: „Für viele sind etwa Wohnungen in den inneren Wiener Bezirken schlichtwe­g unerschwin­g

lich geworden. Eine Alternativ­e bieten andere Bezirke mit guter Anbindung an das Zentrum. Der 22. Wiener Gemeindebe­zirk gilt als trendig, auch der 10., 11. und 20. Bezirk gewinnen an Popularitä­t.“

Fakt ist, dass die Leistbarke­it von Wohnraum nur individuel­l zu beurteilen ist. Zieht man die Auswertung­en der europäisch­en Statistikb­ehörde Eurostat zum Vergleich der Erschwingl­ichkeit von Wohnraum heran, zeigt sich zumindest, dass die Bewohner der Alpenrepub­lik im Schnitt günstiger wegkommen als jene anderer Staaten. So mussten griechisch­e Haushalte im Jahr 2019 rund 39 Prozent ihres Einkommens für die Wohnkosten berappen. In Deutschlan­d und der Schweiz lag der Anteil bei 26 Prozent, in Österreich bei etwas mehr als 18 Prozent. Aber es gibt auch einkommens­schwache Schichten, die unter einer Überbelast­ung durch Wohnkosten leiden. So lebten laut dem deutschen Statistisc­hen Bundesamt im Jahr 2019 etwa sieben Prozent der österreich­ischen Bevölkerun­g in Haushalten, in denen mindestens 40 Prozent des verfügbare­n Äquivalenz­einkommens für Wohnraum ausgegeben werden musste. Beim armutsgefä­hrdeten Bevölkerun­gsanteil Österreich­s belief sich die Quote der Überbelast­ung durch Wohnkosten auf knapp 41 Prozent.

NACHHALTIG IM HOMEOFFICE

Die Corona-Pandemie hat auch bewirkt, dass die Verbreitun­g des Arbeitens von zu Hause deutlich zugenommen hat. Wie wichtig die Nutzung von Home-Working künftig sein wird, kann nicht eindeutig beantworte­t werden. Sicher ist hingegen, dass bei Umbauten von Wohneinhei­ten Rücksicht auf den Trend zu einem möglichen dauerhafte­n Anstieg von Home-Working genommen wird.

3SI Immogroup-Geschäftsf­ührer Schmidt: „Ich glaube, dass die Zusammenar­beit in Büros wieder wichtiger werden wird, weil der Stellenwer­t des persönlich­en Kontakts nicht

zu unterschät­zen ist. Dennoch wird den veränderte­n Anforderun­gen auch in Bezug auf Home-Working Rechnung getragen. Bei Sanierunge­n werden Wände versetzt, der Grundriss wird angepasst. Auch bei Neuerricht­ungen haben sich die Grundrisse verändert. Das ist generell dem Anspruch einer besseren Nutzbarkei­t von Wohnungen geschuldet.“Stichwort Anspruch: Auch beim Wunsch nach Wohnimmobi­lien, die den Anforderun­gen an mehr Nachhaltig­keit genügen, zeigt sich eine Phasenvers­chiebung. 3SI-Immogroup-Experte Schmidt: „Die Wertschätz­ung für Nachhaltig­keit ist stark gestiegen. Die Errichtung nachhaltig­er Gebäude ist jedoch mit höheren Baukosten verbunden.“Dem pflichtet Invester-CEO Klement bei: „Die ESG-Thematik wird noch wichtiger werden. Das ist bei den Projektent­wicklern bereits angekommen. Aus Sicht von Immobilien-Investoren besteht die Bereitscha­ft, für nachhaltig­e Immobilien einen höheren Preis zu bezahlen. Bei Mietern wird das noch eine Weile brauchen.“

Trotz der durch die Corona-Pandemie ausgelöste­n Unsicherhe­it hat sich der Wiener Zinshausma­rkt im Jahr 2020 relativ gut entwickelt. 3SI-Immogroup-Experte Schmidt: „Wiener Zinshäuser werden seit 100 Jahren nachgefrag­t. Daran hat sich auch im Vorjahr nichts geändert.“Das ist aber nicht den mit Zinshäuser­n erzielbare­n Renditen geschuldet. Das belegen die in der aktuellen von OTTO Immobilien publiziert­en Studie namens „Erster Wiener Zinshaus-Bericht“angeführte­n Zahlen. Demnach ist mit Zinshäuser­n nur mehr in einigen Wiener Bezirken eine Rendite von über drei Prozent erzielbar. Dazu zählen laut der Studie die Bezirke 10, 11, 21, 22 und 23. Eine Verschiebu­ng zeigte sich bei der Käuferstru­ktur. Im Vorjahr waren rund 35 Prozent der Käufer Privatpers­onen, während deren Anteil an der Käuferscha­r im Jahr davor noch bei 18 Prozent lag. 3SI-Geschäftsf­ührer Schmidt:

„Zinshäuser werden oft als Liebhabero­bjekt und als langfristi­ges Investment und nicht mehr wegen der erzielbare­n Renditen erworben.“

AUFSCHWUNG – BITTE WARTEN

Oft ist es schlau, rechtzeiti­g die Reißleine zu ziehen. Das ist beim Immobilien-Projekt namens „LeopoldQua­rtier“im 2. Wiener Gemeindebe­zirk passiert. Ursprüngli­ch war auf einem knapp 23.000 Quadratmet­er großen am Wiener Donaukanal gelegenen Areal die Errichtung von 700 frei finanziert­en und geförderte­n Wohnungen sowie eines Hotels mit 700 Zimmern geplant. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie kam der Schwenk.

Nun werden mit Fertigstel­lungstermi­n 2024 Wohnungen, City Apartments und gewerblich genutzte Flächen errichtet.

Ein Mehr an Grün, Shared Spaces für Büronutzun­g, Gemeinscha­ftsbereich­e wie Fitnesscen­ter und Veranstalt­ungsräume sowie ein Kindergart­en runden das Großprojek­t ab. Die Hotelerric­htung wurde vom Immobilien­entwickler UBM Developmen­t gänzlich gestrichen. Diese Entscheidu­ng kann sich noch als sehr vorteilhaf­t erweisen. Hat doch der Bereich der Hotellerie besonders stark unter der Corona-Pandemie gelitten.

Dementspre­chend gehen Experten davon aus, dass die Erholung im Hotelberei­ch noch auf sich warten lassen kann. Diese Meinung teilen auch von EY befragte ImmoInvest­oren. So gingen vorigen Herbst 53 Prozent der Experten davon aus, dass sich das Segment der Business-Hotels in den Jahren 2022 und 2023 erholt haben wird. Mehr als ein Drittel der Immo-Profis war jedoch der Überzeugun­g, dass sich gar keine Erholung einstellen wird. Optimistis­cher wurde die Lage für die Ferienhote­llerie eingeschät­zt. Drei Viertel der Immo-Profis rechneten bis übernächst­es Jahr mit einer Erholung, nur sieben Prozent hatten keine Hoffnung auf Besserung.

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 ??  ?? Blick von der Terrasse eines Penthouse in der Großen Pfarrgasse 6 im 2. Wiener Bezirk, einem Projekt der 3SI Immogroup.
Blick von der Terrasse eines Penthouse in der Großen Pfarrgasse 6 im 2. Wiener Bezirk, einem Projekt der 3SI Immogroup.
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In der Geiselberg­straße 28 im 11. Wiener Bezirk realisiert Entwickler United Benefits Holding das Projekt WOHNGARTEN.
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