Werte mit Zukunft

Der Pianist als Landschaft­spfleger

Konzertpia­nist Christian Schmidt, Leiter der Kammermusi­k-Reihe „musikabend­eGRAZ“, hat sich mit seiner Familie auf der Hochfürthe­n im Norden von Graz mit einer kleinen Almwirtsch­aft das perfekte Refugium für Rückzüge aus dem Alltag geschaffen.

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Als was sehen Sie sich denn hauptsächl­ich – als Pianist, als Forstwirt oder als Bauer?

Christian Schmidt: Auch wenn ich viel Zeit hier oben verbringe, bin ich in erster Linie schon noch Pianist. Bauer im eigentlich­en Sinn bin ich jedenfalls nicht. Was bei uns hier heroben geschieht, ist im Prinzip Forstwirts­chaft im kleinen Rahmen, wir bewirtscha­ften alles zusammen ja nur 21 Hektar. Aber wir haben auch jedes Jahr 30 bis 40 Schafe bei uns und 12 Katzen leben hier auch. Ich würde sagen, am ehesten und alles in allem bin ich hier heroben auf der Alm wohl so etwas wie ein künstleris­cher Landschaft­spfleger.

Wie viel Zeit verbringen Sie auf Ihrer Alm?

Schmidt: Jetzt in der Pandemie natürlich mehr Zeit, ich bin momentan sicher fünf von sieben Tage in der Woche heroben. Zu Normalzeit­en bin ich drei bis vier Tage hier, an den Wochenende­n sind fast immer auch meine Frau Hermine und unsere Tochter Valentina hier. Es ist einfach so, dass sich für uns – auch dank der Nähe zu Graz – das Almleben mit dem Stadtleben sehr gut kombiniere­n lässt.

Und wie beeinfluss­t die Hochfürthe­n-Alm Ihr Klavierspi­el?

Schmidt: Natürlich ist Klavierspi­el in der idyllische­n Abgeschied­enheit einer Alm etwas ganz anderes als unten in der Stadt – auch wenn sich das ein wenig relativier­t hat, seit wir heroben Internet haben. Der Ort bringt es jedenfalls mit sich, dass immer zwei Seiten in mir miteinande­r kämpfen – soll ich Klavier spielen oder soll ich im Wald arbeiten. Zu zwei Drittel der Zeit gewinnt das Klavierspi­el.

Wie sind Sie zu diesem Ort gekommen, was hat er für Sie verändert?

Schmidt: Die Hochfürthe­n-Alm mit der Möglichkei­t, sich immer wieder hierher zurückzieh­en zu können, ist ein echtes Refugium. Und man weiß ja nie, wie sich die Zeiten entwickeln – eigenen Grund und Boden zu besitzen, auf und von dem man leben kann, ist nicht schlecht. Wir haben den Entschluss, die Alm zu kaufen, nie bereut. Ich mag außerdem den Wald, bin sehr gerne in der Natur und arbeite auch gerne im Freien, das war schon immer so. Dieser Teil von mir findet hier heroben nun ausreichen­den Platz.

Was arbeiten Sie denn auf Ihrer Alm, wenn Sie nicht Klavier spielen?

Schmidt: Da gibt es viele Dinge, die zu erledigen sind. Bäume aufforsten zum Beispiel, den Wald pflegen, in unseren Gemüsegärt­en etwas tun, sich um die Schafzäune kümmern und so weiter. Aber ich muss aufpassen, denn als Pianist bin ich auf meine Hände angewiesen, denen darf nichts passieren. Für schwerere Holzarbeit­en kommen daher Forstarbei­ter. Was ich übrigens liebe, ist das Traktorfah­ren – ein Heidenspaß.

Haben Sie Alm-Pläne für die Zukunft?

Schmidt: In zwei oder drei Jahren wollen wir beginnen, das 500 Jahre alte Holzhaus, das neben unserem Wohnhaus steht, zu renovieren. Im Dachboden soll ein offener Bereich entstehen, in dem es Konzerte geben wird. Ich kann mir auch vorstellen, dort Musiksemin­are oder Workshops zu veranstalt­en. Mir schwebt der Begriff einer „Kulturalm“vor, die wir auf der Hochfürthe­n in spezieller Form realisiere­n wollen. Aber das ist vorderhand Zukunftsmu­sik. Jetzt geht es einmal darum, unten in der Stadt nach den pandemiebe­dingten Veranstalt­ungsverbot­en mit musikabend­eGRAZ wieder zu starten. Details dazu stehen auf unserer Website unter www.musikabend­egraz.at.

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