„Viele Banken sind zu groß geworden“
Harald Holzer, Vorstandsmitglied und Chief Investment Officer der Kathrein Privatbank, über zu groß gewordene Banken, Chancen an den Börsen, Inflation und Zinspolitik.
Im März haben die Pleite der amerikanischen Silicon Valley Bank und das Scheitern der Schweizer Großbank Credit Suisse an den Finanzmärkten gehörig Staub aufgewirbelt. Halten Sie eine Vertrauenskrise wie während der Finanzkrise ab 2008 oder der Savings-and-Loan-Krise in den 1980er-Jahren für möglich? Harald Holzer: Der Silicon Valley Bank sind die steigenden Zinsen zum Verhängnis geworden. Die US-Notenbank Fed, der Einlagensicherungsfonds der Vereinigten Staaten sowie das amerikanische Finanzministerium haben aber richtig reagiert. Im Fall der Credit Suisse hatte das Management versagt. Die Fusion mit UBS war auch dem Umstand geschuldet, dass der Schweizer Staat keine Erfahrung darin hat, eine Bank zu leiten. Letztlich hatten die Aktionäre der UBS Grund zur Freude, weil sie die Credit Suisse günstig bekommen haben. Sollte es in der Eurozone zu einem Bank Run kommen, würde die EZB sehr viel Liquidität zur Verfügung stellen. Im März ist auch der Aktienkurs der Deutschen Bank stark unter Druck gekommen. Wäre bei der Deutschen Bank Schlimmes passiert, hätte es wegen der Größe des Instituts aber kaum Lösungsmöglichkeiten gegeben. Bereits 2008 machte der Spruch des „too big to fail“die Runde. Tatsache ist, dass bereits viele Banken zu groß geworden sind.
Ab März 2022 begann die amerikanische Notenbank Fed, zwecks Bekämpfung der Inflation die Zinsen anzuheben. Die Europäische Zentralbank zog ab Juli des Vorjahres nach. Nun besteht die Gefahr, dass weitere Zinsschritte nach oben die Konjunktur abwürgen. Wie schätzen Sie das weitere Vorgehen der Notenbanken ein?
Holzer: Die Inflation wird nicht schnell zurückgehen. Ich gehe davon aus, dass der Anstieg der Leitzinsen weitergehen kann. Das trifft auf Europa zu, wo ich die Gefahr einer Rezession gering einschätze. In den USA neigen sich die Zinserhöhungen jedoch dem Ende zu. Im laufenden Jahr ist aber nicht mit einer Senkung der Leitzinsen zu rechnen. In Amerika befinden sich die 10-Jahres-Zinsen viel näher am fairen Wert als in Europa.
Herr Holzer, im Vorjahr gerieten sowohl die Aktien- als auch die Anleihenmärkte unter Druck. Im ersten Quartal 2023 lief es besser. Welche Anpassungen haben Sie seit dem Herbst 2022 in der Allokation der Vermögensverwaltung vorgenommen? Holzer: Am Anfang des laufenden Jahres wurde bei Aktien die Übergewichtung beibehalten. Auf Seite der Anleihen war die Duration sowohl bei Papieren in Euro als auch in US-Dollar kurz.
Von welchen Entwicklungen werden die Finanzmärkte in den nächsten Monaten geprägt sein? Wird die Schwankungsanfälligkeit hoch bleiben?
Holzer: Ich gehe davon aus, dass sich an der Volatilität nicht viel ändern wird.
Welche Börsen bergen auf mittlere Sicht Kurschancen, wo orten Sie weniger Potenzial?
Holzer: Unter den Aktienmärkten räume ich den Börsen am alten Kontinent vergleichsweise gute Chancen ein. Die Bewertungen europäischer Aktien sind im Vergleich zu jenen von US-Papieren günstiger. Bei den im globalen Aktienindex MSCI World enthaltenen Aktien wurde im Vorjahr ein durchschnittlicher Gewinnrückgang von 2,5 Prozent verzeichnet. Für das laufende Jahr sieht es besser aus, die Analystenschätzungen weisen auf ein Gewinnwachstum hin.
Nachhaltige Geldanlage liegt seit Jahren im Trend.
Wie entwickelt sich die Nachfrage nach diesen Investments bei der Kathrein Privatbank?
Holzer: Bei Beratungs- und Vermögensverwaltungsmandaten zeigen die Kunden zwar Interesse, legen aber nicht ausdrücklich Wert auf nachhaltige Investments. Bei institutionellen Investoren ist das völlig anders. Bei dieser Kundenschicht kommt man ohne Nachhaltigkeit nicht mehr zum Zug.