„In 15 Jahren sind die Vorkommen erschöpft“
Gerhard Starsich, Generaldirektor der Münze Österreich, über Goldvorkommen, die Nachfrage nach Silber und die Bedeutung von Bargeld.
Gold weist an sich eine geringe oder negative Korrelation zu Aktien oder Anleihen auf. Im Vorjahr brachten die Börsen und die Anleihenmärkte herbe Verluste. Trotzdem entwickelte sich der Goldpreis nicht gut. Was waren die Ursachen? Gerhard Starsich: Es ist nicht das erste Mal, dass der Goldpreis stark schwankt. Die Zinspolitik der US-Notenbank Fed ist bei der Entwicklung des Goldpreises wichtig. Die Fed hat im vierten Quartal 2022 die Zinsen deutlich angehoben und der Goldpreis ist nicht gestiegen. Der Goldmarkt ist von großen internationalen Anlegern dominiert. Nach derzeitigem Stand sind die Goldvorkommen in rund 15 Jahren erschöpft. Die Kosten für die Gewinnung steigen immer weiter. Deshalb rechne ich langfristig mit einem Anstieg des Goldpreises.
Welche Entwicklungen waren seit Jahresbeginn wichtig? Starsich: Nachdem sich in den USA eine Verflachung des Zinsanhebungszyklus abzeichnete, hat der Goldpreis angezogen. Im Gegenzug dazu wurde der US-Dollar schwächer, was wiederum auf den Preis drückte. Die Unsicherheiten nach den Pleiten der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse führten zu Preisanstiegen.
Ist Gold ein guter Inflationsschutz?
Starsich: Langfristig ist der Inflationsschutz gut. In Zeiten von Jesus Christus konnten mit einer Unze Gold 300 Laib Brot gekauft werden. Heute ist das bei einem Preis von rund 1.800 Euro je Feinunze auch noch so. Im alten Rom kostete eine schöne Toga eine Unze Gold. Heute kann man dafür einen sehr guten Anzug erwerben. Kurzfristig bietet Gold aber keinen guten Schutz gegen die Teuerung.
In unsicheren Zeiten sind reale Werte wie Gold gefragt.
Wie hat sich das auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
Starsich: Das Schlussquartal 2022 verlief sehr positiv. Vor allem das Retailgeschäft war stark. Wir haben insgesamt 400.000 Unzen Gold verkauft. Zu Weihnachten waren die Absätze rückläufig. Ich hatte damit gerechnet, dass der Goldboom weitergeht. Wider Erwarten ist aber die Nachfrage nach Silber ungewöhnlich stark gestiegen. Wir waren Mitte April bereits bis Ende Mai ausverkauft. Auf 12-Monats-Sicht haben wir rund 12,4 Millionen Unzen Silber verkauft. Davon entfielen 3,9 Millionen auf das erste Quartal 2023.
Wie wichtig sind emotionale Faktoren beim Kauf von Gold oder anderen Edelmetallen?
Starsich: Bei Silber haben emotionale Faktoren kaum Bedeutung. Das ist bei Gold anders. Das gesamte bisher geförderte Gold passt in einen Würfel mit 23 Metern Kantenlänge. Das Edelmetall ist ein knappes Gut und ist chemisch unzerstörbar. Gold hat einen speziellen Glanz und die kühle Haptik ist angenehm. Physisches Gold wird in Familien oft über mehrere Generationen hinweg weitergegeben.
Sie bieten auch ein Golddepot sowie einen Goldsparplan an. Wie kommen diese Angebote an?
Starsich: Beim Depot haben wir seit dem Start im Mai 2020 ein bis zwei Neukunden pro Tag. Auch der Sparplan wird gut angenommen.
Die seit 1989 angebotene Philharmoniker-Münze ist wie das Orchester weltberühmt. Die Namensgebung hat einen sehr positiven Marketingeffekt. Zahlen Sie dem Orchester etwas für die Verwendung des Namens?
Starsich: Nein. Das war von Anfang an so vereinbart. Wir unterstützen die Philharmoniker aber beim Sommerkonzert in Schönbrunn und fördern die Orchesterakademie.
Seit längerer Zeit wird die Abschaffung von Bargeld diskutiert. Sind Sie dafür oder dagegen?
Starsich: Ich bin natürlich ein Gegner. Kreditkartenunternehmen wollen das Geldgeschäft auf ihre Seite ziehen. In Großbritannien ist die Lage schon gekippt. Nur noch 20 Prozent der Zahlungen erfolgen dort bar, bei uns sind es zwei Drittel. In Schweden wird dagegen die Bargeldinfrastruktur gestärkt. Das ist für den Fall von Blackouts eine gute Idee. Für die Menschen in unserem Land muss weiter die Wahlfreiheit bestehen, bar zu bezahlen.