„Zinshäuser können nicht vervielfältigt werden“
Philipp Maisel, Leiter des Zinshaus-Teams bei OTTO Immobilien, gibt im Gespräch Auskunft über Entwicklungen und den Status quo am Wiener Zinshausmarkt.
Herr Maisel, wie hat sich der Wiener Zinshausmarkt seit dem Vorjahr entwickelt? Philipp Maisel: Die Welt hat sich seit dem Vorjahr durch den Krieg in der Ukraine, durch Engpässe bei Rohstoffen oder auch den Inflationsanstieg stark verändert. Bis zu den ersten Zinsschritten der EZB im Sommer 2022 war die Boomphase bei Zinshäusern intakt. In manchen Wiener Bezirken hatten die Preise auf Jahressicht um 20 Prozent angezogen.
Was passierte danach?
Maisel: Aufgrund der höheren Zinslast kamen professionelle Bestandshalter wegen eines hohen Anteils an Fremdkapital unter Druck. Am Markt machten sich die Veränderungen sehr rasch bemerkbar. Die Anzahl der Transaktionen sank im Vorjahr um 28 Prozent, der Rückgang der Preise betrug 10 Prozent. Bei den Transaktionen ist die Dynamik gesunken. Es gibt zwar deutlich weniger Transaktionen, dafür sind etliche davon großvolumig. Und die Entscheidungsfindung dauert länger, es wird vorsichtiger agiert. In Summe hat sich das Angebot erhöht, während die Nachfrage zurückgegangen ist.
Wie haben sich diese Entwicklungen auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
Maisel: Wir erzielten 2022 am Wiener Zinshausmarkt über 2 Milliarden Euro Umsatz. Aktuell haben wir doppelt so viele Objekte in Verwaltung wie im Vorjahr. Und es ist immer noch sehr viel Geld im Markt, das nach Wiener Zinshäusern sucht. Eine Besonderheit der Assetklasse Zinshaus ist, dass die Gebäude nicht vervielfältigt werden können. Zu den Ankaufsmotiven zählen besondere Vorlieben oder auch ästhetische Bedürfnisse. Das ist ähnlich wie beim Kauf von Antiquitäten. Wer ein Zinshaus kauft, ist auf Werterhalt und nicht auf die kurzfristige Erzielung von Renditen aus.