24. Wenn man im eigenen Land fremd ist
Wir fahren nach Brünn, um meine frisch verheiratete Cousine Hanka zu besuchen. Als wir aus dem Auto steigen, bemerken wir auf dem Gehsteig einen Mann, der bei unserem Anblick die und beginnt, leise zu
Was ist los? Gefällt ihm unsere Kleidung nicht? Benehmen sich unsere Kinder schlecht? Ist unser Auto hässlich? Wir finden keine vernünftige Erklärung.
„Ach so“, meint Hanka später am Tag, „es war wahrscheinlich wegen eures Autokennzeichens.“So erfahre ich, dass zwischen Prag und Brünn eine Rivalität besteht. Ich wundere mich, weil ich in Prag noch nie davon gehört habe. Hanka lacht und erzählt mir einen Witz: „Was denken die Brünner über die Prager? Dass sie total pragozentrisch sind. Und was denken die Prager über die Brünner? Überhaupt nichts.“
Als Bayerin ich in Deutschland auch sehr oft Wenn ich mit meinem Zungenspitzen- R etwas sage, meiner Gesprächspartner und oft folgt dann eine Welle von spöttischen Bemerkungen. Die Bayern seien zu konservativ, angeberisch, fromm und einfach total an- ders als die anderen Deutschen, heißt es dann. Außerdem sollen die Bayern zu viel ihren eigenartigen Dialekt
sich für was Besseres als die „Innerdeutschen“halten, zu viel fluchen, unhöflich gegenüber den Touristen und total fremdenfeindlich sein. Dass man selber fremdenfeindlich ist, wenn man so was behauptet, fällt dabei niemandem auf. Ehrlich gesagt
Warum ist denn das anscheinend wenig gastfreundliche Bayern das beliebteste Urlaubsziel der Deutschen? Warum strömen die Menschen aus ganz Deutschland in Scharen zum Oktoberfest, wenn sie dieses nicht ausstehen können?
Trotzdem bezeichnen viele Deutsche Bayern als „Ausland". Denn wie ein Witz sagt: „Was ist der Unterschied zwischen einem Bayern und einem Türken? – Der Türke kann besser Deutsch.“
Tohuwabohu