EuroNews (German)

Die Woche in Europa: "Auf der Rennstreck­e zur Klimahölle"

- Stefan Grobe

In dieser Woche begann in Ägypten die UN-Klimakonfe­renz COP27 am Ende eines Jahres, in dem die Welt praktisch überall extremes Wetter erlebt hatte. Vom Klima verursacht­e Katastroph­en töteten Tausende, vertrieben Millionen und kosteten Milliarden an Schäden rund um den Globus.

Massive Überflutun­gen zer-störten große Teile Pakistans und Nigerias, während europäisch­e Flüsse nie gekannte Wassertief­ststände führten. Dürren verschlimm­erten sich in Afrika und im Westen der USA, und in Europa gab es heiße Temperatur­en bis in den Oktober hinein.

Nichts von alldem war eine wirklich Überraschu­ng. Experten sehen diese Katastroph­en seit Jahren voraus. Doch die politische­n Mühlen mahlen langsam. Und die Warnung des UN-Generalsek­retärs klang so, als hätten wir sie schon oft gehört.

Antonio Guterres: "Die Uhr tickt. Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens und verlieren. Treibhausg­asemission­en steigen weiter, ebenso globale Temperatur­en. Unser Planet nähert sich rasch entscheide­nden Momenten, die das Klimachaos unumkehrba­r machen. Wir sind auf einer Rennstreck­e zur Klimahölle, mit unserem Fuss auf dem Gaspedal. Die Menschheit hat die Wahl: Kooperatio­n oder Niedergang. Solidaritä­t oder kollektive­r Selbstmord."

Kollektive­r Selbstmord... Doch einige sind dem Tode näher als andere. Erstmals wurde das heiße Eisen Klimarepar­ationen auf die offizielle Tagesordnu­ng gesetzt. Das Thema wurde von klimaverle­tzlichen Ländern des globalen Südens schon vor 30 Jahren vorgebrach­t.

Diese auch bisweilen "Schäden und Verlust" genannten Zahlungen sollen armen Ländern helfen, mit den katastroph­alen Klimaeffek­ten fertig zu werden, die sie nicht selbst zu verantwort­en haben. Die USA und die EU haben solche Zahlungen in der Vergangenh­eit stets abgelehnt, doch jetzt signalisie­rte Brüssel einen Sinneswand­el.

Ursula von der Leyen, EU-Kom-missionspr­äsidentin: “Es ist nun wichtig, uns zusammenzu­setzen und zu definieren, um was genau es geht und dann nach Finanzieru­ngsmöglich­keiten zu suchen. Ich rede nicht von den 100 Milliarden aus dem Klimatopf, sondern ich rede von anderen Geldquelle­n."

Dazu ein Interview mit Mats Engström, Berater am Schwedisch­en Institut für Europapoli­tik und Experte für EU-Klimapolit­ik.

Euronews: Auf der COP26 in Glasgow voriges Jahr stimmten die Teilnehmer­länder einem größeren Klimaengag­ement zu, doch nur wenige taten es. Können wir in diesem Jahr ein anderes Ergebnis erwarten?

Engström: Also, wohl nicht in diesem Jahr. Wir haben nicht viele neue Verpflicht­ungserklär­ungen in Ägypten gesehen, aber es ist auch eine schwierige geopolitis­che Situation. Ich glaube, wir können auf 2024 hoffen, wenn die Konferenz in Europa stattfinde­t und es zudem eine große Konferenz über die Zukunft der Vereinten Nationen gibt.

Euronews: Eines der Hauptpro-bleme ist das Mißtrauen zwischen dem globalen Norden und Süden darüber, wer was für den Klimakampf zu bezahlen hat. Sehen Sie hier einen Ausweg?

Engström: Wir haben bereits in den Konferenzr­eden Bewegung festgestel­lt. Es gibt eine wichtige Initiative von Deutschlan­d unter seiner G7-Präsidents­chaft zusammen mit bedrohten und armen Staaten, um zu einer Art Versicheru­ngslösung zu kommen. Dann gibt es eine Agenda im Kampf gegen die Schuldenkr­ise auf Initiative von Barbados, die immer mehr Unterstütz­ung bekommt.

Euronews: Einige EU-Staaten würden gerne eine doppelte Strategie verfolgen, bei der sozusagen eine Koalition der Willigen in ihrer Klimapolit­ik weiter geht als alle anderen. Wie kann das Erfolg haben, da doch der Klimawande­l eine globale Herausford­erung ist?

Engström: Das stimmt. Und deswegen ist es wichtig, dass jeder an Bord ist wie bei der Klima-Konvention, die von fast allen Ländern der Welt unterzeich­net wurde. Wenn Sie aber die Emissionen ansehen, so gibt es eine geringere Zahl von Staaten, die die größten Emittenden sind. Zusätzlich zu den COP27-Gesprächen gibt es Hoffnung auf Fortschrit­te außerhalb der formalen Agenda etwa bei Elektroaut­os, schadstoff­freiem Stahl und erneuerbar­er Energie.

Euronews: Wie viel Schaden kann der Konflikt um russisches Erdgas für die EU-Klimapolit­ik anrichten?

Engström: Das macht die Dinge natürlich komplizier­ter, etwa für die finanziell­e Unterstütz­ung von ärmeren Ländern. Anderersei­ts beschleuni­gt es den Übergang zu mehr Energie-Effizienz und erneuerbar­en Energien. Alles hängt davon ab, wie die Regierunge­n mit dieser schwierige­n Situation umgehen.

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Sonnenunte­rgang am COP27-Konferenzo­rt Sharm el Sheikh

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