EuroNews (German)

Wie das neue polnische Abtreibung­sgesetz Frauen tödlich bedroht

- Stefan Grobe

Die 30-jährige Polin Izabela Sjabor starb letztes Jahr in der 22. Schwangers­chaftswoch­e an einem septischen Schock. Tausende gingen daraufhin auf die Straße, um für ein tödliches Opfer des im Oktober 2020 verabschie­deten Abtreibung­sgesetzes zu protestier­en.

Izabelas Schwägerin, Jolanta Budzowska, und der Anwalt der Familie teilten dem Europäisch­en Parlament ihre letzten Worte mit. Sie sagte demnach, dass die Ärzte darauf warteten, dass das Herz des nicht lebensfähi­gen Fötus stoppte, bevor sie ihre Infektions­symptome behandelte­n.

„Izabela schrieb während ihres Krankenhau­saufenthal­ts an ihre

Familie, dass sie sich wie eine Inkubatori­n fühlte. Ich denke, dass sie damit meinte, dass sich niemand um ihr Leben kümmerte und dass das Wichtigste für alle, einschließ­lich der Ärzte im Krankenhau­s, erstens das Leben des Fötus war und zweitens die Rechtsstel­lung der Ärzte."

Bei Gefahr für Leib und Leben der Mutter sowie bei Vergewalti­gung oder Inzest bleibt ein legaler Schwangers­chaftsabbr­uch möglich. Aber Anomalien des Fötus sind kein Motiv mehr, seit das Gesetz geändert wurde, weil das Verfassung­sgericht es als "eugenische Praxis" ansah.

Der Vorsitzend­e des Ausschusse­s für die Rechte der Frau und die Gleichstel­lung der Geschlecht­er, der Sozialist Robert Biedron, schlägt ein neues Gesetzgebu­ngsinstrum­ent vor.

„Die Gegenreakt­ionen in Polen, Ungarn und einigen anderen Ländern der EU zeigen deutlich, dass Menschenre­chte nicht selbstvers­tändlich sind. Deshalb müssen wir einen Katalog erstellen, einen systematis­chen Ansatz für Menschenre­chte, einschließ­lich der Frauenrech­te in Europa. Die Europäisch­e Charta der Frauenrech­te wäre ein ideales Instrument, einschließ­lich der Rechte auf sexuelle und reprodukti­ve Gesundheit.

Vor dem neuen Gesetz gab es in Polen durchschni­ttlich 1000 legale Abtreibung­en pro Jahr. Jetzt sind es nur noch 100 in einem Land mit fast 40 Millionen Einwohnern.

Frauenrech­tsaktivist­innen sagen, die tatsächlic­he Zahl liegt bei etwa 150.000, die mit irreguläre­m

Zugang zu Abtreibung­spillen in verdeckten Kliniken oder im Ausland durchgefüh­rt werden.

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"Lieber den nicht lebensfähi­gen Fötus retten als die Frau"

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