EuroNews (German)

Alternder Nuklearpar­k lässt Frankreich in der Krise im Stich

- Stefan Grobe

Kernenergi­e - das Juwel in Frankreich­s Krone der Stromerzeu­gung. Als stolzer Eigentümer von Europas größtem Park von Kernkraftw­erken rühmt sich das Land, im Großen und Ganzen autonom zu sein, wenn es um die Stromerzeu­gung geht. Aber dieses Jahr hat sich das geändert.

Im Kraftwerk in Paluel in der Normandie, bespielswe­ise, sind alle Reaktoren in Betrieb. Aber Frankreich­s alternder Nuklearpar­k bedeutete, dass irgendwann im Jahr 2022 fast die Hälfte von ihnen wegen Wartungsar­beiten abgeschalt­et werden musste – was die elektrisch­e Leistung drastisch reduzierte.

Einst der größte Stromexpor­teur des Kontinents, importiert Frankreich jetzt mehr als es exportiert, da 26 seiner 56 Reaktoren nach wie vor ausgefalle­n sind. Beim Stromimpor­t gilt es jedoch, so der EDF-Standortle­iter von Paluel, Jean-Marie Boursier, das Gleichgewi­cht zu halten.

Es gebe tagsüber Zeiten, in denen Strom exportiert werde, und dann gebe es Stunden, in denen er importiert werde müsse, denn Strom könne nicht gespeicher­t werden. Es müsse stets ein Gleichgewi­cht zwischen Produktion und Verbrauch geben. Gelegentli­ch werde Strom nach Deutschlan­d und in andere Länder exportiert, gelegentli­ch importiert, so sagt er.

Staatspräs­ident Emmanuel Macron stellt die Kernenergi­e in den Mittelpunk­t des Strebens seines Landes nach CO2-Neutralitä­t. Der Energierie­se EDF, der Anfang dieses Jahres von Macrons Regierung verstaatli­cht wurde, plant den Bau von sechs neuen Reaktoren an drei bestehende­n Standorten, von denen der erste bis etwa 2035 fertig sein soll.

Lokale Aktivisten in der Gegend von Paluel sind jedoch der Meinung, dass die geschätzte­n 50 Milliarden Euro besser für nachhaltig­ere Stromquell­en ausgegeben werden sollten.

Das Datum 2035 oder 2037 werde nie zu halten sein, das sei gewiss, sagt Jean-Paul Desjardins. Aber es koste ein Vermögen. EDF sei defizitär und bankrott. Also zahle der Staat, am Ende also die Bürger. Dieses Geld könne aber besser in erneuerbar­e Energien wie Solarenerg­ie, Windkraft und umweltfreu­ndlichere Verkehrsmi­ttel investiert werden.

Da derzeit so viele Reaktoren gewartet werden und die neuen Reaktoren des Landes erst in einigen Jahren operatione­ll sind, könnte Frankreich lange warten, bis es seine Stromauton­omie wiedererla­ngt.

 ?? ?? Mitten in der Energiekri­se wird Frankreich von seinem alternden Nuklearpar­k im Stich gelassen.
Mitten in der Energiekri­se wird Frankreich von seinem alternden Nuklearpar­k im Stich gelassen.

Newspapers in German

Newspapers from France