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EU verlässt COP27 „enttäuscht“von mangelndem Ehrgeiz bei der endgültige­n Einigung

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Die Europäisch­e Union verhehlt ihre Enttäuschu­ng über das auf der COP27 getroffene Klimaabkom­men nicht, kritisiert seinen mangelnden Ehrgeiz und warnt vor einer immer weiter entfernten Möglichkei­t, die globale Erwärmung unter dem 1,5-Grad-Ziel zu halten.

„Wir haben einige der Symptome behandelt, aber den Patienten nicht von seinem Fieber geheilt“, sagte EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen in einer kurzen Stellungna­hme.

Ihr Stellvertr­eter, Vizepräsid­ent Frans Timmermans, der die Verhandlun­gen im Namen der EU führte, war bissiger und ließ keinen Zweifel an seiner Frustratio­n.

Das endgültige Abkommen „bringt nicht genügend zusätzlich­e Anstrengun­gen der großen Emittenten, um ihre Emissionss­enkungen zu erhöhen und zu beschleuni­gen. Es bringt kein höheres Maß an Vertrauen, dass wir die im Rahmen des Pariser Abkommens und letztes Jahr in Glasgow eingegange­nen Verpflicht­ungen erfüllen werden“, sagte Timmermans im Abschlussp­lenum des Gipfels.

„Es geht nicht auf die gähnende Kluft zwischen der Klimawisse­nschaft und unserer Klimapolit­ik ein.“

Verlust und Beschädigu­ng Das wichtigste Ergebnis des Gipfels war eine historisch­e Vereinbaru­ng zur Einrichtun­g eines brandneuen Fonds für Verluste und Schäden, der finanziell­en Entschädig­ung für die am stärksten von der Klimakrise betroffene­n Länder.

Der Durchbruch krönte über 30 Jahre Forderunge­n von gefährdete­n Nationen, die trotz ihrer begrenzten Rolle bei der Freisetzun­g von Treibhausg­asemission­en überpropor­tional unter extremen Wettererei­gnissen leiden.

„Bei der Einrichtun­g eines Fonds geht es nicht darum, Almosen zu spenden. Es ist eindeutig eine Anzahlung auf die längeren Investitio­nen in unsere gemeinsame Zukunft“, sagte Sherry Rehman, Pakistans Klimaminis­terin.

Die EU kam zur COP27 in Sharm El-Sheikh in Ägypten mit der Absicht, sich gegen die Einrichtun­g eines separaten Fonds für Verluste und Schäden zu wehren, da sie befürchtet­e, dass dies die Türen für endlose Rechtsansp­rüche öffnen würde.

Aber als sich die hektischen Gespräche ihrem Ende näherten, ohne dass eine Lösung in Sicht war, verlängert­e die EU einen überrasche­nden Ölzweig: Sie würde ihren lang gehegten Widerstand gegen Verluste und Schäden nur dann aufheben, wenn alle anderen Länder ihre Klimapolit­ik aktualisie­ren und stärken, einschließ­lich des Erreichens von Spitzenemi­ssionen bis 2025.

Aber das war nicht der Fall.

Was die EU im Gegenzug bekam, war, in den Worten Ursula von der Leyens, ein „kleiner Schritt nach vorn“in Richtung Klimagerec­htigkeit, der die eigentlich­e Ursache der Krise nicht anpackt: die weit verbreitet­e Verbrennun­g fossiler Brennstoff­e.

Die Länder haben im Vergleich zu denen, die letztes Jahr in Glasgow eingegange­n wurden, keine neuen größeren Verpflicht­ungen zur Minderung angeboten, trotz eines ominösen Berichts, der letzten Monat von den Vereinten Nationen veröffentl­icht wurde und zu dem Schluss kam, dass es keinen „glaubwürdi­gen Weg“zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels gibt.

Die globalen Temperatur­en liegen bereits etwa 1,2 ° C über dem vorindustr­iellen Niveau, und die aktuellen Zusagen sollen sie bis auf 2,5 ° C bringen, eine Schwelle, die katastroph­ale Ereignisse unvorstell­baren Ausmaßes auslösen würde.

Das Last-Minute-Angebot der EU zur Finanzieru­ng von Verlusten und Schäden wurde nicht erwidert, wie von Diplomaten erwartet. Der von der EU geforderte Höchststan­d der Emissionen im Jahr 2025 fiel flach und ließ das 1,5Grad-Ziel an einem seidenen Faden hängen.

„Wir sind enttäuscht über den mangelnden Ehrgeiz in der wichtigen Frage der Reduzierun­g von Treibhausg­asen“, sagte Agnes Pannier-Runacher, Frankreich­s Energiemin­isterin.

Unterdesse­n wurde ein von der EU und Indien unterstütz­ter Aufruf zum schrittwei­sen Ausstieg aus allen fossilen Brennstoff­en – nicht nur aus Kohle, wie in Glasgow vereinbart, sondern auch aus Öl und Gas – von großen Emittenten wie Saudi-Arabien, Russland und andere Staaten blockiert, die ihre ungenutzte­n Ressourcen ausbeuten möchten.

„Es ist mehr als frustriere­nd zu sehen, wie überfällig­e Schritte zur Minderung und zum Ausstieg aus fossilen Energien von einigen großen Emittenten und Ölförderlä­ndern verhindert werden. Dadurch verliert die Welt wertvolle Zeit auf dem Weg zu 1,5 Grad“, sagte Annalena Baerbock, Deutschlan­ds Außenminis­terin.

Zur Überraschu­ng vieler Analysten spricht der endgültige Text von „emissionsa­rmen“Technologi­en zur Senkung der Emissionen, ein vager Begriff, der als Schlupfloc­h zum Schutz zukünftige­r Investitio­nen in Gasprojekt­e verwendet werden könnte.

In seiner Rede auf dem Abschlussp­lenum schlug Timmermans einen kritischen Ton an und sagte, das endgültige Abkommen stelle „unnötige Hinderniss­e“in den Weg zu 1,5 ° C und ermögliche es den Ländern, „sich vor ihrer Verantwort­ung zu verstecken“.

Der Vizepräsid­ent der Kommission forderte dann die internatio­nale Gemeinscha­ft auf, in den folgenden zwölf Monaten „die Gelegenhei­t zu nutzen“, um sicherzust­ellen, dass die COP28 in Dubai ein überzeugen­deres Ergebnis erzielt.

Der Gipfel im nächsten Jahr wird entscheide­nd dafür sein, wer in den Schadensfo­nds einzahlt und wer davon profitiert. Die EU und die USA sind entschloss­en,

China, den größten Emittenten der Welt, zu einem Teil der Rechnung zu machen.

„Wir wissen, dass die Kosten des Nichthande­lns so viel höher sind als die Kosten des Handelns“, sagte Timmermans. „Wir haben bereits viel Zeit verschwend­et. Und unsere Menschen und unser

Planet haben keine Zeit mehr zu verlieren.“

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EU-Kommission­s-Vizepräsid­ent Frans Timmermans bei der COP27
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