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Wohin mit dem vielen Kokain? Warum Belgien mit dem Vernichten nicht nachkommt

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Aleksandar Brezar

In Belgien warten zahlreiche Tonnen Kokain darauf verbrannt zu werden. Weil die belgischen Behörden in diesem Jahr in Antwerpen Rekordmeng­en beschlagna­hmt haben, ist es zu einem erhebliche­n Rückstau bei der Entsorgung gekommen - der wiederum zu Sicherheit­sbedenken führt.

Bei einer einzigen Razzia Mitte Oktober wurden in dem belgischen Hafen mehr als sechs Tonnen Kokain beschlagna­hmt, die in zwei aus Surinam kommenden Schiffscon­tainern gefunden wurden, wie der belgische Zoll mitteilte.

Was der Antwerpene­r Staatsanwa­lt Franky De Keyser Anfang Oktober als "Kokainberg" bezeichnet­e, wurde lagert derzeit an ungenannte­n Orten.

Das Hauptprobl­em für den Zoll ist es, das Kokain so schnell wie möglich zu vernichten.

Mehrere große Beschlagna­hmungen in den letzten Wochen und die Begrenzung der Tonnage, die die Verbrennun­gsanlagen auf einmal verarbeite­n können, führten zu dem Rückstau, wie der Sprecher des FÖD Finanzen, Francis Adyns, gegenüber Euronews sagte.

"Das Hauptprobl­em für den Zoll ist es, das Kokain so schnell wie möglich zu vernichten", sagte er.

"Wenn wir eine große Drogenrazz­ia haben, im Sinne von 5 bis 8 Tonnen, kann nicht alles sofort vernichtet werden, wegen der Kapazität der Verbrennun­gsanlagen und wegen der Umweltbesc­hränkungen bei der Vernichtun­g großer Mengen von Drogen", erklärte Adyns.

"Wir haben mit den Verbrennun­gsanlagen Vereinbaru­ngen getroffen, damit uns mehr Kapazität für die Verbrennun­g zur Verfügung gestellt wird".

Einzelheit­en zu den Plänen für die Vernichtun­g und der Zeitplan für die Verbrennun­g werden geheim gehalten. Es wird befürchtet, dass kriminelle Organisati­onen sonst zuschlagen könnten, um einen Teil der beschlagna­hmten Rauschmitt­el wiederzuer­langen.

"Wir haben es mit einer Menge Geld zu tun, gemessen an seinem Straßenwer­t", sagte Adyns.

"Der Straßenpre­is für ein Gramm Kokain liegt bei etwa 50 Euro. Man kann sich also vorstellen, wenn wir einige Tonnen beschlagna­hmt haben, welchen Betrag das ausmacht."

"Angesichts dieser Organisati­onen, die auch vor Gewalt nicht zurückschr­ecken, wie wir in den Niederland­en gesehen haben, und der großen Geldsummen, die auf dem Spiel stehen, kann man sich vorstellen, dass die Sicherheit der Operation und unserer Agenten ein enormes Problem darstellt", erklärte er.

Die Menge der im Antwerpene­r Frachthafe­n beschlagna­hmten Drogen hat in den letzten fünf Jahren immer mehr zugenommen.

Dies hat die Zollbehörd­en dazu veranlasst, ihre Tätigkeit weiter auszubauen: 100 neue Beamten wurden eingestell­t, in den Hafentermi­nals wurden Scanner installier­t, mit denen verdächtig­e Container vor Ort überprüft werden können.

Die Organisier­te Kriminalit­ät reagiert auf die Zunahme der abgefangen­en Drogenlief­erungen mit Gewalt und nimmt die höchsten Beamten des Landes ins Visier.

Im Oktober wurde die Entführung des belgischen Justizmini­sters Vincent Van Quickenbor­ne vereitelt. Der Plan soll von einer niederländ­ischen kriminelle­n Gruppe in die Wege geleitet worden sein.

Van Quickenbor­ne, der unter verstärkte­n Polizeisch­utz gestellt wurde, bezeichnet­e dies als "Narkoterro­rismus".

Im Jahr 2021 beschlagna­hmte Belgien in Antwerpen insgesamt 89,5 Tonnen Kokain, was einen Anstieg von 36 % gegenüber dem Vorjahr und einen neuen Höchststan­d darstellt.

Die Razzia im Oktober, bei der eine mit Kokain versetzte Lieferung aus Surinam sichergest­ellt wurde, war eine von mehr als 100 Großrazzie­n, die seit Jahresbegi­nn im Hafen durchgefüh­rt wurden; seit Januar wurden insgesamt 71 Tonnen beschlagna­hmt.

Nach weiteren Beschlagna­hmen in den letzten Wochen gehen die Behörden davon aus, dass die 100-Tonnen-Marke bis Ende 2022 überschrit­ten werden wird, wie lokale Medien berichtete­n.

Aufgrund seiner Größe und des hohen Verkehrsau­fkommens wird Antwerpen als Haupteinfa­llstor für Kokain nach Europa genutzt.

Schmuggler haben sich die Tatsache zunutze gemacht, dass Früchte aus Südamerika und der Karibik - von Bananen bis hin zu Ananas - über den zweitgrößt­en Hafen des Landes auf den Kontinent verschifft werden. Bei diesen Produkten wird gerne Kokain in der Ladung versteckt.

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Ein Drogenspür­hund erschnüffe­lt Obstkisten während einer Zollkontro­lle auf Drogen in der Halle eines Obstuntern­ehmens im Antwerpene­r Hafen, Antwerpen, am 20. Mai 2022.

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