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Alle in Europa befürchten eine Rezession - aber kommt sie auch?

- Stefan Grobe

Alle reden in Europa von einem:

Rezession.

Die Gefahr einer bevorstehe­nden und tiefgreife­nden Rezession wirft einen dunklen Schatten über den gesamten Kontinent, wobei Russlands Krieg in der Ukraine und die globale Energiekri­se zu einem perfekten Sturm verschmelz­en.

Traditione­ll wurde eine Rezession als zwei aufeinande­rfolgende Quartale mit BIP-Kontraktio­n definiert. Aber mit zunehmende­r Globalisie­rung und Vernetzung der Volkswirts­chaften hat sich die klassische Definition als zu eng und zu begrenzt erwiesen.

Die Konzentrat­ion auf BIP-Statistike­n bietet eine einfache, schnelle und einfache Möglichkei­t, Rezessione­n anzukündig­en, sagt Grégory Claeys, Senior Fellow bei Bruegel, einem in Brüssel ansässigen Think Tank, aber die Methode ist zu „systematis­ch“und auf numerische Schätzunge­n angewiesen, was sein kann zu einem späteren Zeitpunkt überarbeit­et.

„Es braucht Zeit, um eine Rezession auszurufen“, sagte Claeys gegenüber Euronews und wies auf andere Schlüsself­aktoren hin, die berücksich­tigt werden sollten, wie Industriep­roduktion, Beschäftig­ung und Handel.

Tatsächlic­h verzeichne­ten die Vereinigte­n Staaten in diesem Jahr einen Rückgang des BIP um zwei Viertel, bezeichnet­en diesen Zeitraum jedoch nicht offiziell als rezessiv.

Der Grund? Andere Aspekte der Wirtschaft liefen gut: Arbeitsplä­tze nahmen zu, Löhne stiegen und ausländisc­he Investitio­nen strömten weiter ins Land.

Die Europäisch­e Union, die geografisc­h stärker den Auswirkung­en des Ukraine-Krieges und der Verwerfung­en auf dem Energiemar­kt ausgesetzt ist, zeigt ein eher gemischtes Bild.

Einerseits bleibt die Beschäftig­ung auf einem Allzeithoc­h gesund. Es stehen noch Stellen für Bewerber zur Verfügung und die Gehälter sind überdurchs­chnittlich gestiegen.

Aber auf der anderen Seite tauchen besorgnise­rregende Anzeichen auf.

Anhaltend hohe Energiepre­ise haben eine Rekord-Inflation angeheizt und viele Haushalte und Unternehme­n unter untragbare­n finanziell­en Druck gesetzt. Familien sehen sich im Winter mit Energiearm­ut konfrontie­rt, während Unternehme­n sich bemühen, über die Runden zu kommen und eine Insolvenz zu vermeiden.

Auf internatio­naler Ebene kämpft die EU, die lange an komfortabl­e Handelsübe­rschüsse gewöhnt war, nun mit einem wachsenden Defizit, da teure Energieimp­orte die Bilanz auf den Kopf stellen.

Von Januar bis September verzeichne­te der Block ein massives Handelsdef­izit von 266,6 Milliarden Euro, verglichen mit einem Überschuss von 129,2 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Diese besorgnise­rregenden Trends, gepaart mit der Unsicherhe­it über den Krieg in der Ukraine, haben Finanzinst­itute und Ökonomen zu dem Schluss geführt, dass eine EU-weite Rezession unausweich­lich ist.

"Dies ist eine sehr ungewöhnli­che Krise, weil sie angebotsge­steuert ist. Frühere Rezessione­n waren nachfrageg­esteuert und hatten Probleme auf dem Arbeitsmar­kt", sagte Claeys.

„Es unterschei­det sich auch von der COVID-19-Krise, von der wir wussten, dass sie vorübergeh­end war, weil wir schließlic­h eine Lösung finden würden“, fuhr er fort und spielte auf die Impfstoffe an.

„In dieser Krise geht es um Russlands Erpressung der Energiever­sorgung. Sie wird langfristi­ge Auswirkung­en haben, die die EU zwingen werden, ihr Geschäftsm­odell zu ändern und strategisc­her zu denken. Wir können uns aus dieser Krise nicht freikaufen.“

Sehen Sie sich das Video oben an, um mehr über Rezessione­n zu erfahren.

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Noch brummt Europas Wirtschaft, doch ziehen dunkle Konjunktur­wolken auf.

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