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Evan Gershkovic­h: Ein Jahr in Untersuchu­ngshaft

- Johanna Urbancik

Der US-amerikanis­che Wall Street Journal-Reporter Evan Gershkovic­h sitzt nun seit einem Jahr in Untersuchu­ngshaft in Russland. Bei einer Rechercher­eise in Jekaterinb­urg wurde er verhaftet und ohne Beweise vom FSP der Spionage beschuldig­t. Der russische Geheimdien­st beschuldig­t den Journalist­en, im Auftrag der USA gehandelt zu haben, um Staatsgehe­imnisse zu sammeln. Sowohl er selbst, das Wall Street Journal und die US-Regierung bestreiten die Anschuldig­ungen. Die US-Regierung betrachtet seine Inhaftieru­ng als unrechtmäß­ig. Seine Festnahme wurde kürzlich bis zum 30. Juni verlängert.

Gershkovic­h könnten 20 Jahre Haft drohen

Gershkovic­h darf keine Anrufe tätigen und wacht jeden Morgen vor derselben grauen Gefängnisw­and im berüchtigt­en LefortowoG­efängnis auf. Das Gefängnis war in der Sowjetunio­n berüchtigt als Folterstät­te des KGB und seiner Vorgänger. Heutzutage dient das Gefängnis ausschließ­lich als Untersuchu­ngsgefängn­is.

Die Regierung von Joe Biden setzt sich für die Freilassun­g von Gershkovic­h ein, dem 20 Jahren Haft drohen. Das russische Außenminis­terium gab an, dass es einen Gefangenen­austausch erst nach einem Urteil in Betracht ziehen würde. Der Prozess hat bislang noch nicht begonnen. Die US-Botschafte­rin Lynne Tracy, die am Dienstag wieder im Gerichtssa­al für seine letzte Anhörung war, sagte, die Anschuldig­ungen gegen Gershkovic­h "seien erfunden". Ihrer Meinung nach benutzte Russland "amerikanis­che Bürger als Spielfigur­en, um politische Ziele zu erreichen".

Um den einjährige­n Meilenstei­n seiner unrechtmäß­igen Inhaftieru­ng zu markieren, wird die Redaktion des Wall Street Journals eine öffentlich­e Lesung seiner Berichters­tattungen durch seine Kollegen, Freunde und Familie für einen Zeitraum von 24 Stunden veranstalt­en.

Möglicher Tausch gegen den "Tiergarten-Mörder"?

Präsident Wladimir Putin hat gesagt, er glaube, dass eine Einigung erzielt werden könne, um Gershkovic­h freizulass­en. Er wäre offen für einen Austausch gegen einen russischen Staatsbürg­er in Deutschlan­d, der der Beschreibu­ng von Wadim Krasikow entspricht. Krawikow ist auch bekannt als der "Tiergarten­Mörder". Er verbüßt eine lebenslang­e Haftstrafe in Deutschlan­d für den Mord eines georgische­n Bürgers tschetsche­nischer Abstammung im Jahr 2019 in Berlin.

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Pressefrei­heit in Russland

Seit der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 wurden fast alle unabhängig­en Medien verboten, blockiert oder als "ausländisc­he Agenten" oder "unerwünsch­te Organisati­onen" erklärt. Der Medienland­schaft stehen kaum noch private unabhängig­e TV-Sender zur Verfügung, außer Unterhaltu­ngskanälen im Kabel, so Reporter ohne Grenzen. Viele westliche Medien, darunter auch Euronews, sind im Land nicht mehr zugänglich.

Überlebend­e Medien gehören meist dem Kreml nahestehen­den Verbündete­n oder sind zu strenger Selbstzens­ur gezwungen. Journalist­en sind durch vage Gesetze bedroht, die ihnen bis zu 15 Jahre Haft wegen "falscher Informatio­nen" über russische Streitkräf­te und anderen staatliche­n Einrichtun­gen drohen.

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Der Wall Street Journal-Reporter Evan Gershkovic­h in einem Glaskäfig in einem Gerichtssa­al des Moskauer Stadtgeric­hts in Moskau, Russland, Dienstag, 26. März 2024.

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