„Was wir der Welt angetan haben“
Une nouvelle ère géologique est en marche
SPIEGEL: Professor Leinfelder, kennen Sie den? Sagt ein Planet zum anderen: „Du siehst aber schlecht aus.“Darauf der: „Ja, ich hab Mensch.“„Keine Sorge“, sagt der andere. „Das geht schnell vorbei.“Reinhold Leinfelder: Den Witz fand ich früher sehr treffend. Heute ist er mir zu fatalistisch. Wir Menschen mögen als Parasiten unseres Planeten erscheinen, aber das muss ja nicht so bleiben. Gerade weil wir wissen, was die Stunde geschlagen hat, können wir gegensteuern.
2. SPIEGEL: Das Urteil Ihrer Arbeitsgruppe klingt deutlich pessimistischer. Der Mensch sei inzwischen eine teilweise so zerstörerische Kraft, dass er ein neues geologisches Zeitalter der Erde herbeigeführt habe. Übertreiben Sie unsere Rolle da nicht ein wenig? Leinfelder: Wir hatten folgende Fragen zu klären: Sind die Eingriffe des Menschen geologisch manifest? Kann man sie in den Sedimenten nachweisen, den Archiven der Erdgeschichte? Wir haben nachgeschaut und festgestellt: Ja, das Erdsystem hat sich durch den Menschen nachhaltig verändert. Was wir seit circa 1950 vorfinden, das ist anders als in der gesamten Welt des Holozäns. In unserer Gruppe waren am Ende 34 Kollegen dieser Meinung. Es gab eine Enthaltung – aber keine Gegenstimme.
3. SPIEGEL: Geologen arbeiten normalerweise mit Jahrmillionen altem Gestein. Doch das Anthropozän, das Sie vorschlagen, ist so jung, dass es noch kein Gestein dieser Ära gibt. Leinfelder: Das ist ein Missverständnis. Manche Sedimente verhärten ganz schnell. In „Beachrocks“in den Tropen stecken bereits Coladosen oder Autoreifen. Andererseits gibt es auch sehr alte Sedimente, die immer noch locker sind. Entscheidend für uns ist: Unterscheiden sich junge Lockersedimente so sehr