Intellektuelle und Dichterfreundin
« Lou Andreas-Salomé » au cinéma, une femme libre admirée par Nietzsche, Rilke et Freud
Le 31 mai prochain sort «Lou Andreas-Salomé» de Cordula Kablitz-Post, le premier biopic jamais réalisé sur cette philosophe psychanalyste, muse de Nietzsche, Rilke et Freud. Une femme incroyablement moderne qui s’est battue toute sa vie pour écrire sa propre histoire et vivre libre du carcan de la religion, de l’amour et du mariage.
War sie eine Männersammlerin? Lou von Salomé, die einzige Frau, die Friedrich Nietzsche je ernstlich heiraten wollte, die Sankt Petersburgerin, die Rainer Maria Rilke liebte und die ihm erst seinen Namen gab: René? So heißt kein Dichter. Und sie nannte ihn Rainer. Als sie 1. die Sammlerin la collectionneuse / einzig≈ seul / je jamais / ernstlich sérieusement / mit Rilke lebte, war sie längst verheiratet, und natürlich nahm sie ihn mit nach Hause, gewissermaßen als Haushaltshilfe. Sie führte eine gute Ehe, doch mit ihrem Mann schlief sie nie. Der Orientalist Friedrich Carl Andreas hatte viel Gelegenheit, zu lernen, verheiratet marié / gewissermaßen en quelque sorte / die Haushaltshilfe le domestique / eine gute Ehe führen
avoir un bon mariage / die Gelegenheit l’occasion / was Toleranz wirklich bedeutet: Leidensfähigkeit.
2. Dem Philosophen und dem Dichter folgten andere, schließlich Freud: als Freund. Der große Frauenverächter sah sich noch nie veranlasst, eine Vertreterin ihres bedauernswerten Geschlechts ernst zu nehmen. Bei Lou Andreas-Salomé machte er eine Ausnahme.
bedeuten signifier / die Leidensfähigkeit l’aptitude à souffrir, la capacité d’endurance. 2. schließlich enfin / der Frauenverächter le misogyne / sich veranlasst sehen, zu se voir amené à / die Vertreterin la représentante / bedauernswert navrant, affligeant / das Geschlecht(er) le sexe / jdn ernst nehmen prendre qqn au sérieux / die Ausnahme l’exception /
Sie nannte sich seine Schülerin und wurde seine Lehrerin. Passt das alles in einen Film? Und wenn ja, wie?
BIOGRAFEN SIND REIZBAR UND BESSERWISSERISCH
3. Vielleicht ist niemand weniger berufen, einen Lou-Film zu besprechen, als eine LouBiografin*. Biografen sind reizbar und übelnehmerisch, sie wissen alles besser. Also: Kann ein Lou-Film mehr einfangen als Oberflächensensationen aus dem Leben einer Monstermuse?
4. Der Rahmen, in den Cordula Kablitz-Post die Rückblenden fasst, überzeugt sofort. Ein junger Mann sucht bei der alt gewordenen Göttinger Psychoanalytikerin Lou AndreasSalomé Rat für einen gefährdeten Freund. Der Mann ist der Germanist Ernst Pfeiffer (Matthias Lier), und der gefährdete Freund ist niemand anderes als er selber. Er darf wiederkommen – und am Ende liegt, gewissermaßen, die Analytikerin auf der Couch. Gemeinsam schreiben sie Lous Erinnerungen, denen sie den erkältenden Titel „Kurzer Lebensabriss“hinzufügt.
5. Nicole Heesters spielt die alte Frau mit abgeklärter Überlegenheit. Es sei alles, alles gut, verabschiedete sie sich von Pfeiffer, als ihr eine Brustkrebsoperation bevorstand; und in … passen pouvoir rentrer dans … 3. niemand ist weniger berufen, zu personne n’est moins qualifié pour / besprechen faire la critique de / reizbar irritable, susceptible / übelnehmerisch rancunier, ombrageux / ein-fangen(i,a,ä) capturer, saisir / Oberflächen- superficiel. 4. der Rahmen le cadre / die Rückblende le flash-back / fassen saisir, présenter / überzeugen convaincre / bei jdm Rat suchen chercher conseil auprès de qqn / gefährdet en danger / gewissermaßen en quelque sorte / die Couch(es) le divan / die Erinnerungen les mémoires / erkältend refroidissant, dégrisant / der Lebensabriss le résumé de la vie / hinzu-fügen ajouter. 5. abgeklärt serein / die Überlegenheit la maîtrise / sich von jdm verabschieden prendre congé de qqn / der Brustkrebs le cancer du sein / jdm bevorstehen attendre qqn / wenn sie überlebe, sei er der Erste, der es erfahre. Diese Szene kommt im Film nicht vor, wie auch? Ein Film besteht zu 99 Prozent aus Weggelassenem – und wenn das eine Prozent dennoch ein Bild ergibt, ohne Bebilderung zu sein, darf man wohl von Gelingen sprechen.
DIE MÄNNER? HART AN DER KARIKATUR
6. Wobei der wirkliche Rahmen fast immer leicht verändert ist: Undenkbar etwa, Friedrich Nietzsche hätte die 23-Jährige mit nach Hause gebracht. Undenkbar auch die SommerSaale-Wasserspiele zu zweit. Alexander Scheer spielt diesen Nietzsche, ausgestattet mit fremdem Bartmonster, hart an der Karikatur. Von Julius Feldmeiers Rilke gar bleiben nicht viel mehr als zwei Augen als Seen, in denen man ertrinken kann. Andererseits zeigt Scheer nicht den ewig kranken, unendlich zurückhaltenden Menschen Nietzsche, sondern spielt den Gestus seiner Schriften, provokativ, angreifend. Übel ist das nicht. 7. Was Friedrich Nietzsche an dieser Frau faszinierte, war klar: Da verfügte endlich jemand über das, was er an seinen Zeitgenossen so vermisste, ein intellektuelles Gewissen. 1861 in Sankt Petersburg geboren und gegenüber dem Zaren-Palast aufgewachsen, hatte sie Gott schon viel früher begraben als der Pfarrerssohn – in dem Augenblick, als das Noch-Kind Lou die überleben survivre, en sortir / vor-kommen apparaître / aus … bestehen se constituer de … / Weggelassenes des choses omises, laissées de côté / ergeben donner / die Bebilderung l’illustration / das Gelingen la réussite. 6. wobei ceci dit / undenkbar impensable / zu zweit à deux / ausgestattet mit doté de / fremd étrange / hart an der Karikatur à la limite de la caricature / gar même / der See le lac / ertrinken(a,u) se noyer / andererseits d’autre part / ewig éternellement / unendlich infiniment / zurückhaltend réservé / der Gestus l’expression / die Schrift(en) l’écrit / angreifend agressif / übel mauvais. 7. über etw verfügen disposer de, avoir qqch / etw an jdm vermissen regretter l’absence de qqch chez qqn / der Zeitgenosse le contemporain / das Gewissen la conscience / der Zaren-Palast le palais des tsars / begraben(u,a,ä) enterrer / der Pfarrerssohn le fils de pasteur / in dem Augenblick, als à l’instant où / erste Erfahrung der Vergänglichkeit machte. Nun sah sie sich außerstande, sich konfirmieren zu lassen, und inhalierte die gesamte europäische Geistes- und Kirchengeschichte, um sich zu rechtfertigen. Diese Grundausstattung machte sie für ein zeitgenössisches Frauenleben gänzlich ungeeignet und wohl zur ersten Intellektuellen Deutschlands.
Was Friedrich Nietzsche an dieser Frau faszinierte, war klar: Sie verfügte über ein intellektuelles Gewissen.
8. Cordula Kablitz-Post unterschlägt diese Dimension keineswegs, und wie sie einen leibhaftigen „lieben Gott“in Gespräche mit dem Lou-Kind (Liv Lisa Fries) verwickelt, ist mehr als ein schöner Einfall. Katharina Lorenz spielt die Frau, die durch Menschen wie durch Wände ging, mit einer beinahe metallenen späten Mädchenhaftigkeit. Nein, zur Liebe war sie eher minderbegabt, dafür wurde Lou Andreas-Salomé, was noch fast keiner Frau gelang, zur Autorin ihres Daseins. * Kerstin Decker: Lou Andreas-Salome. Der bittersüße Funke Ich die Erfahrung l’expérience / die Vergänglichkeit le caractère éphémère (de la vie) / sich außerstande sehen, zu se voir incapable de / sich konfirmieren lassen faire sa confirmation / inhalieren fig. avaler / gesamt≈ tout / die Geistesgeschichte l’histoire des idées, de la pensée / sich rechtfertigen se justifier / die Grundausstattung l’équipement de base, le bagage / zeitgenössisch contemporain / gänzlich totalement / für … ungeeignet machen rendre inapte à … 8. unterschlagen(u,a,ä) escamoter / keineswegs nullement / leibhaftig personnifié / der liebe Gott le bon Dieu / verwickeln impliquer / der Einfall(¨e) l’idée / die Wand(¨e) le mur / die Mädchenhaftigkeit les manières, le comportement de petite fille / minderbegabt sous-doué / dafür en revanche / jdm gelingt(a,u) etw qqn réussit qqch / das Dasein l’existence.