„Man schleppt die Arbeit immer mit sich“
"Longue vie à la mort" : le nouvel album rap de Casper est dans les bacs
Casper, le rappeur de Bielefeld, vit depuis quelques années en plein centre de Berlin. Son nouvel album « Lang lebe der Tod » (Longue vie à la mort) l’a une fois de plus propulsé en tête des ventes. L’occasion pour lui de s’épancher sur le long processus créatif qui a précédé cet opus, sur ses influences musicales, mais aussi sur son angoisse face à la célébrité ou à l’indifférence. CASPER Rappeur allemand
Berliner Morgenpost: Mit Ihrem neuen Album kann man sich intensiv und lange beschäftigen. Casper: Das freut mich zu hören, und das ist mir auch wichtig. Wir haben sehr lange und akribisch an allem gefeilt, textlich wie musikalisch. Zusammen mit meinem Produzenten Markus Ganter habe ich wirklich sehr viele Details eingearbeitet. Ich hatte dieses Mal überhaupt keine Lust, eine leichtverdauliche Platte zu machen. Sondern eine, die fordert und zum Mitdenken animiert. 2. B. M.: „Lang Lebe Der Tod“geht stärker in Richtung Industrial Rock. Wie kommt das? Casper: Jede Platte hat bei mir einen anderen Fokus. Bei „Xoxo“habe ich viel experimentelle Elektronik gehört, bei „Hinterland“vor
allem Tom Petty und Bruce Springsteen, dieses Mal vor allem die Krupps, Type O Negative und Einstürzende Neubauten.
3. B. M.: Neubauten-Frontmann Blixa Bargeld singt mit im Titelstück. Woher wussten Sie, dass das passt? Casper: Ich bin ein großer und ehrfürchtiger Neubauten-Fan. Ich hatte sehr viel Respekt, bei ihm anzufragen, man kennt ja die Geschichten, dass er launisch und exzentrisch sein kann. Also gab ich mir sehr viel Mühe mit einer langen E-Mail, und als Blixa noch am selben Tag zugesagt hat, war ich sehr erleichtert und stolz.
4. B. M.: Welche Idee steckt hinter der Platte „Lang Lebe Der Tod“? Casper: Den Ausschlag gab ein Video, auf dem ein Verletzter eines Terroranschlags am Boden lag, aus Schusswunden blutete, während ein Typ ihn nicht nur mit dem Handy filmte, sondern auch noch „Sag’ doch mal was, guck’ mal hoch“brüllte. Diese Sensationsgier fand ich so krass, dass ich das Bild nicht mehr aus dem Kopf bekam. Heutzutage sagen sich viele: „Wenn was Schlimmes passiert, muss ich das schlimmste Bild liefern und es im Netz veröffentlichen.“Ich muss dabei an Filme wie „Running Man“oder „Die Tribute von Panem“denken – nur der Sieger überlebt, die Verlierer sterben. Der Gladiatorentrieb muss wohl sehr tief im Menschen verankert sein, dass der Tod uns so fasziniert. Wenn etwas Grausa-
mes geschieht, ist es offenbar ein menschlicher Instinkt, auch hinzusehen.
5. B. M.: In Baden-Baden gab es kürzlich den Fall, dass jemand in Selbstmordabsicht auf einem Hoteldach stand und der versammelte Mob ihn noch dazu anfeuerte, endlich zu springen. Casper: Wow. Das ist passiert? Ekelhaft. Man merkt in den letzten Jahren wirklich, dass die Leute zunehmend verrohen. Der Voyeurismus nimmt immer mehr zu. Alles muss immer extremer werden, dazu zähle ich auch den ganzen Hass im Netz. Jeder dreht weiter an der Eskalationsschraube, damit er Aufmerksamkeit kriegt. Aber ich kann mich da nicht ausnehmen. Wenn es heißt „Guckt euch bloß nicht die schrecklichen Bilder an“, dann mache ich als erstes genau das.
6. B. M.: Ihre neue Single, ein Duett mit Drangsal, heißt „Keine Angst“. Wovor haben Sie sonst noch Angst? Casper: Beruflich ist meine größte Angst die Angst vor dem Mittelmaß. Relevanz ist mir wichtig. Ich möchte alles, nur nicht egal sein. Wenn jemand sagt „Sein Album kann man gut beim Bügeln hören“, das würde mir das Herz brechen. Generell kann ich sehr schwer loslassen, mein Schaffen beschäftigt mich so gut wie rund um die Uhr. Man schleppt die Arbeit immer mit sich, und ist nie fertig.
7. B. M.: In „Lass sie gehen“sprechen Sie darüber, dass Sie Abstand brauchen, nicht angelabert werden, Ihre Ruhe haben wollen. Nervt es manchmal, so eine Art Popstar zu sein? Casper: Ja. „Mein Erfolg verfolgt mich“, sage ich in dem Song, da ist was dran. Es gab eine Welle des überschwänglichen Interesses, die mich überfordert hat. Wenn die Kids vor deiner Haustür campen, ist das nicht so supertoll. Plötzlich wird dann auch das Privatleben Gegenstand des öffentlichen Interesses, das geschah gegen meinen Willen. Das hat mich sehr entmutigt, weil ich denke, auch wenn ich ein sehr ehrlicher und private Blicke zulassender Musiker bin, habe ich in meinen Liedern immer selbst in der Hand, was ich erzähle und was nicht. Sobald das entgleitet, entsteht eine gewisse Form von Ohnmacht. Das neue Album „Lang Lebe Der Tod“erschien am 1. September; ab November kommt Casper auf Tour.