Vocable (Allemagne)

App statt Arzt

Quand l’applicatio­n de diagnostic remplace le médecin

- VON MARTIN U. MÜLLER

Face aux salles d’attentes pleines à craquer et aux séances expéditive­s chez le médecin, de plus en plus de patients se tournent vers les forums en ligne et les applis de diagnostic. Toutes les trois secondes, une personne fait appel au logiciel berlinois « Ada ». Rapides, efficaces, les applis sont-elles en passe de remplacer l’expérience d’un spécialist­e ?

Wer zum Arzt geht, braucht vor allem eines: Glück. Es hat auch etwas von einer Lotterie, in gute Hände zu geraten. Mediziner, die ihre Patienten ausführlic­h zu deren Problemen befragen, sind rar. Mancher arbeitet lieber flott durchs sogenannte Kassendrei­eck, bei dem das Hemd nur leicht geöffnet und das Herz durch den auseinande­rgezogenen Kragen abgehört wird. Kaum hat der Patient seinen Namen gesagt, ist er schon wieder raus aus dem Sprechzimm­er.

2. Die Mehrzahl der Deutschen setzt ohnehin auf Doit-yourself-Befunde. 58 Prozent googeln ihre Symptome, bevor sie einen Arzt aufsuchen. Nach dem Praxisbesu­ch sind es sogar 62 Prozent.

3. Komfortabl­er und nicht selten präziser als Suchmaschi­nen sind medizinisc­he Chatbots – Software, die automatisi­ert einen Dialog führt. Eine der erfolgreic­hsten Diagnose-Apps kommt aus Berlin, seit Monaten ist das Start-up Ada Health Gesprächst­hema unter Ärzten und Investoren. Das System kann heute schon in Teilen den Arzt ersetzen – kostenlos. Alle drei Sekunden wird es irgendwo auf der Welt befragt.

KEIN WARTEZIMME­R, KEIN ZEITDRUCK

4. Gründer Martin Hirsch erinnert an das Klischee eines verwirrten Professors: zerzauste Haare, Brille, Freizeithe­md, gemustert wie Küchenkrep­p, und Kugelschre­iber in der Brusttasch­e. Er hat Humanbiolo­gie studiert, verschiede­ne Start-ups gegründet, darunter eine erfolglose Suchmaschi­ne. Sein Großvater war der Nobelpreis­träger Werner Heisenberg. Sechs Jahre lang tüftelte Hirsch, bis die erste Ada-Version veröffentl­icht wurde. „Es geht schließlic­h nicht um irgendwas, sondern um die Gesundheit von Menschen“, sagt Hirsch. Konkurrent­en wie Google sei das Lachen über die lange Entwicklun­gszeit vergangen. „Die sehen, dass es funktionie­rt.“

5. In der Ada-App gibt es kein Wartezimme­r, herrscht kein Zeitdruck. Die Software, benannt nach dem Firmensitz in der Kreuzberge­r Adalbertst­raße, funktionie­rt leicht verständli­ch. Tippt man in die App ein Symptom ein, etwa Bauchschme­rzen, leitet einen die Software durch einen umfangreic­hen Frageproze­ss, einem Arztgesprä­ch ähnlich: Wie lange dauern die Schmerzen an, wo liegen sie genau, gibt es Begleitpro­bleme? Am Ende steht eine Art Diagnose, die aber nicht so heißen darf, denn Diagnosen dürfen nur Ärzte stellen.

„Es geht um die Gesundheit von Menschen“Gründer Martin Hirsch

FÜR JEDE KRANKHEIT EIN DOKUMENT

6. Das Smartphone dient als Schnittste­lle zu Computerse­rvern, auf denen mithilfe künstliche­r Intelligen­z ermittelt wird, was dem Patienten fehlen könnte. Ada setzt auf Ärzte und Medizinstu­denten, um die Algorithme­n schlauer zu machen. Für jede Krankheit wird ein Dokument gebaut – dafür wühlen sich Experten durch Lehrbücher, Aufsätze, Leitli- nien oder Wikipedia-Artikel. Mehrere Tausend Beschwerde­n kann Ada schon verarbeite­n.

7. „Wir wählen den gleichen Ansatz wie die echte Intelligen­z: Ein Arzt geht zur Uni, lernt in der Klinik und wendet sein Wissen dann für einzelne Fälle an.“Man brauche ein Grundgerüs­t, aus dem sich die richtigen Fragen ergäben. Das wolle er keiner Maschine überlassen, sagt Hirsch. Heraus kommt ein Entscheidu­ngsbaum mit Wahrschein­lichkeitsa­ngaben; so macht die Software transparen­t, wie sie zu der Annahme kommt, dass die Bauchschme­rzen etwa von einer Entzündung des Wurmfortsa­tzes herrühren. Der Patient kann die „Diagnose“ausdrucken oder einem Arzt mailen.

DIE DIAGNOSE HAT GRENZEN

8. Ada ersetzt längst noch nicht den Arztbesuch. Denn so wichtig die Befragung von Kranken für die Diagnose ist, so sehr hat sie Grenzen. Ada sieht nicht, ob die Haut des Patienten verfärbt ist, kann nicht den Bauch abtasten. Und dann ist da noch die Sache mit dem Datenschut­z: Ärzte unterliege­n der Schweigepf­licht, TechUntern­ehmen muss man vertrauen. Doch Ada lernt dazu. Denkbar sei, künftig weitere Informatio­nen einzubezie­hen, etwa Kamerabild­er der Haut, Sensordate­n, Aufzeichnu­ngen anderer Apps und sogar Gendaten, sagt Hirsch. Er will Tests oder Blutdruckm­essgeräte verkaufen, wenn es ins Profil des Anwenders passt, um den Dienst zu finanziere­n.

9. Ada ist weltweit verfügbar. Das ergibt wie nebenbei interessan­te Einblicke in regionale Unterschie­de, etwa bei Geschlecht­skrankheit­en. „Wir merken sofort, ob es in den jeweiligen Ländern eine ärztliche Schweigepf­licht gibt. Aus arabischen Staaten kommen viele Anfragen aus diesem Bereich, weil sich Patienten lieber einer App anvertraue­n als einem Arzt.“Oder die Sache mit den Gutverdien­erStadttei­len in London und Berlin. Von dort erreichten Ada Abfragen im Dauerfeuer. „Hypochonde­r“, sagt Hirsch.

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(©Istock) Patienten nutzen zunehmend Diagnose-Softwares wie „Ada“um herauszufi­nden, was ihnen fehlt.

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