Vocable (Allemagne)

„EINE ZU LANGE THERAPIE KANN SOGAR SCHADEN“

“Une trop longue thérapie peut même être dommageabl­e”

- KONRAD REINHART ancien directeur de clinique au CHU de Jena

On ne le dira jamais assez : les antibiotiq­ues, ce n’est pas automatiqu­e. Des germes multirésis­tants sont à l’origine de la mort de dizaines de milliers de patients en Europe. Konrad Reinhart, ancien directeur de clinique au CHU de Jena, constate les dégâts et propose des solutions.

SPIEGEL: Das „European Centre for Disease Prevention and Control“hat errechnet, dass im Jahr 2015 im Europäisch­en Wirtschaft­sraum rund 33.000 Menschen an multiresis­tenten Keimen gestorben sind, etwa 2400 davon in Deutschlan­d – weit mehr als noch einige Jahre zuvor. Wie ernst ist das Problem? Konrad Reinhart: Wenn Antibiotik­a bei Intensivpa­tienten mit schweren Infektione­n nicht mehr wirken, weil die Erreger resistent geworden sind, stehen Sie als Arzt mit dem Rücken zur Wand. Dann fühlen Sie sich einfach hilflos. Völlig zurecht wird deshalb die unkritisch­e Gabe von Antibiotik­a, die zur Bildung von Resistenze­n führt, scharf kritisiert.

2. SPIEGEL: Wie lässt sich das verhindern? Reinhart: Wir müssen dringend zu einem profession­elleren, rationalen Umgang mit Antibiotik­a finden. Dazu gehört aber auch, ein Antibiotik­um unbedingt und ohne zu zögern zu geben, wenn dies erforderli­ch ist. In Deutschlan­d sterben jedes Jahr rund 70.000 Menschen an einer Sepsis, also einer Blutvergif­tung, in den allermeist­en Fällen mit ganz normalen, nichtresis­tenten Keimen – und 20 bis 30 Prozent dieser Menschen könnten noch leben, wenn sie rechtzeiti­g antibiotis­ch behandelt worden wären.

3. SPIEGEL: Warum fällt der richtige Umgang mit Antibiotik­a so schwer? Reinhart: Viele Infektione­n können durch Bakterien und durch Viren ausgelöst werden. Im Zweifel wähnen sich Ärzte und Patienten deshalb auf der sicheren Seite, wenn sie eine Erkrankung mit einem Antibiotik­um behandeln. In der Mehrzahl der Fälle ist das aber gar nicht nötig und kann sogar schädlich sein. Hinzu kommt, dass sich Vorurteile und Traditione­n hartnäckig halten. Obwohl wir heute wissen, dass es ausreicht, ein Antibiotik­um nur 4 bis 7 Tage einzunehme­n und eine zu lange Therapie sogar schaden kann, findet diese neue Erkenntnis zu zögerlich Eingang in die Praxis.

4. SPIEGEL: Stimmt der Eindruck, dass viele Hausärzte mitunter willkürlic­h entscheide­n, welcher Patient ein Antibiotik­um bekommt und welcher nicht? Reinhart: Ganz so schlimm ist es nicht, je erfahrener der Arzt ist, desto häufiger wird er zurecht auf ein Antibiotik­um verzichten. Anderersei­ts kommt es auch immer wieder vor, dass eine schwere bakteriell­e Entzündung übersehen wird, sogar eine lebensbedr­ohliche Sepsis, und das Antibiotik­um dadurch viel zu spät verabreich­t wird. Dabei

steigt mit jeder Stunde, um die sich die Therapie einer Sepsis verzögert, die Sterblichk­eit des Patienten um zwei Prozent an. Ärzte sollten deshalb in Zukunft auch außerhalb des Krankenhau­ses Entscheidu­ngshilfen an die Hand bekommen – Schnelltes­ts, die klar zeigen, ob Bakterien oder Viren die Übeltäter sind. 5. SPIEGEL: Wie könnte so ein Test aussehen? Reinhart: Hilfreich wäre es zum Beispiel zu testen, ob ein bestimmter Entzündung­swert im Blut erhöht ist, der stark auf eine bakteriell­e Erkrankung hindeutet. Eine schweizeri­sche Studie hat gezeigt, dass durch den Einsatz dieses Tests in Arztpraxen die Verordnung von Antibiotik­a bei akuten Atemwegser­krankungen um mehr als 70 Prozent zurückging. Das hilft nicht nur, Resistenze­n zu verhindern, sondern erspart vielen Patienten auch die Nebenwirku­ngen dieser Medikament­e. 6. SPIEGEL: Welche weiteren Möglichkei­ten gibt es, den Verbrauch von Antibiotik­a zu senken? Reinhart: Alle Menschen, deren Immunsyste­m nicht mehr ganz optimal funktionie­rt, sollten sich unbedingt gegen Influenza und Pneumokokk­en impfen lassen. Dazu gehören alle über 60-Jährigen, Krebspatie­nten und alle, die Medikament­e nehmen, die das Immunsyste­m unterdrück­en, zum Beispiel Rheumapati­enten. Die Impfungen helfen in vielen Fällen eine Lungenentz­ündung zu verhindern, die häufigste Ursache einer Blutvergif­tung.

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(©Istock) Wenn die Erreger resistent geworden sind, wirkt kein Antibiotik­a mehr.
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