Dem Trinken eine Bühne
Les habitudes de consommation d’alcool sont liées au milieu social
Vous êtes plutôt whisky, bière ou vin rouge ? Vous buvez dans un verre adéquat, debout au bar ou assis à une table ? Et si toutes ces décisions étaient révélatrices de notre milieu social ? C’est ce qu’affirme l’ethnologue allemande Dagmar Hänel, qui a travaillé sur le lien entre le mobilier et nos habitudes de consommation d’alcool.
Schon bemerkt? Servierwagen und die Hausbar sind wieder da. Lange Zeit waren sie von der Bildfläche verschwunden. Doch eben noch als mit seiner Herrenzimmerattitüde aus der Zeit gefallenes Mobiliar abgeräumt und weggeschoben, kehren die Möbel
nun zurück – als Blickfang und coole Designerstücke. Wie kommt’s? Möbel sind mehr als bloß Einrichtungsgegenstände, Repräsentanten der herrschenden Wohnkultur. „An der lässt sich einiges über unser Selbstverständnis ablesen“, sagt Volkskundlerin Dagmar Hänel. Sprechen wir also mit der Fachfrau über die gepflegte Trinkkultur im häuslichen Rahmen.
2. FAZ: Seit Kurzem richtet man sich zu Hause beim Trinken wieder fein ein. Macht Sie das als Expertin für Alltagskultur hellhörig?
Dagmar Hänel: Ja, auf jeden Fall. Denn tatsächlich sind diese Barwagen oder auch Barschränke, Flaschen, Gläser und all die Accessoires interessante materielle „Marker“für so etwas wie Trinkkultur und die kulturelle und soziale Bedeutung von Alkoholkonsum.
3. FAZ: Bevor wir uns mit der Gegenwart beschäftigen, wo liegen eigentlich die Anfänge des gepflegten Trinkens? Hänel: Alkoholkonsum begleitet die Spezies Mensch in ihrer Geschichte schon sehr lange. Und immer wurde Alkohol ambivalent bewertet und genutzt: als Rauschmittel, in religiösen Kontexten, als Genussmittel und als Mittel der sozialen Verbindung wie beim gemeinsamen Feiern genauso wie zur sozialen Abgrenzung. Auch Gesundheitsaspekte spielten eine Rolle, ein schönes Beispiel dafür ist der Bierkonsum. Über Jahrhunderte hinweg haben Menschen im nordwestlichen Europa ihren Flüssigkeitsbedarf vor allem mit Bier gestillt, weil im Wasser zu viele Keime waren. Das Bier war viel leichter als heute. Die Menschen haben es zu Hause und bei der Arbeit getrunken, als Alltagsgetränk.
4. FAZ: Also nicht im gepflegten Rahmen. Hänel: Nein, diese spezielle Trinkkultur hat sich bei uns für breitere Bevölkerungskreise erst im 19. Jahrhundert herausgebildet. Das Vorbild war eine höfische Trinkkultur, die dem
Adel vorbehalten war. Erst mit dem Erstarken des Bürgertums als zen- traler neuer gesellschaftlicher Klasse entsteht hier diese Art von gepflegtem Trinken im privaten Bereich. Hier wurde Alkoholkonsum mit neuen Bedeutungen aufgeladen.
5. FAZ: Inwiefern? Hänel: Wie und welchen Alkohol jemand trank, wurde zum Distinktionsmerkmal zwischen Bauern und Arbeitern einerseits und Adel und sich bildendem Bürgertum andererseits. Letzmit teren galt öffentliches Trinken als vulgär – und unkontrolliert. Kontrolle aber ist ein entscheidendes Moment, wenn es um die Entstehung des Bürgertums, seinen Wertekosmos und auch den Alkoholkonsum geht. Und dafür spielt auch die entsprechende Umgebung samt Mobiliar eine Rolle.
6. FAZ: Erklären Sie das bitte. Hänel: Zum Glas haben alle Gruppen gegriffen, aber in den gehobenen Kreisen hat man den Alkoholgenuss besonders inszeniert und ritualisiert und eine Trinkkultur geschaffen. Man wählt bestimmte Getränke, nicht Bier, Korn oder Kartoffelschnaps, sondern Sherry, Brandy, Portwein, Whisky und auch Wein und dazu dann das passende Glas. Damit ist es aber nicht getan. Auch Zeit spielt eine Rolle. Vormittags zu trinken ist verpönt. In der englischen Oberschicht hat man Sherry am späten Nachmittag serviert, zwischen Tee und Dinner. Getrunken wird auch nicht, wo es beliebt, sondern je nach Anlass im Salon, am Esstisch, im Herrenzimmer – in Räumen und umgeben von Mobiliar, die in anderen Haushalten gar keine Rolle spielen.
7. FAZ: Welche Rolle spielt das Mobiliar?
Hänel: Die so mit Bedeutung und symbolischem Wert aufgeladenen Getränke können Sie natürlich nicht einfach im Küchenschrank aufbewahren oder im Plastikbecher servieren. Schauen Sie sich das passende Mobiliar dazu an. Das sind unglaublich wertige Designerstücke, akribisch gearbeitet. Keine Massenprodukte. Ein Möbel wie der Barschrank „Harri“wird wie eine Schatzkiste präsentiert, als würdiger Rahmen für die wertvollen Getränke. Auch der Barwagen „Loud“ seiner silbernen Spiegeltür ist so eine kleine Schatztruhe.
8. FAZ: Kann man das als Abkehr von der Demokratisierung von Design- und Trinkkultur verstehen?
Hänel: Auf jeden Fall hebt man sich von dem ab, was alle haben. Durch die teuren Gins und Whiskys, feines Mobiliar und schönes Glas werten wir aber nicht nur uns, sondern auch den Alkoholkonsum an sich auf. Und das, obwohl gegenwärtig in unserer Gesellschaft Gesundheit, Leistungsfähigkeit und ein schlanker Körper – und vor allem die Selbstkontrolle, die darin ausgedrückt wird, zu immer wichtigeren Idealen werden.
9. FAZ: Müsste sich das nicht auch in unserer Einrichtung spiegeln?
Hänel: Bisher stehen Fitnessgeräte im Keller oder im Schlafzimmer, in nicht öffentlichen Räumen. Wie wir uns für einen leistungsfähigen Körper abstrampeln, stellen wir zu Hause nicht zur Schau. Dass wir beim Trinken aber alles unter Kontrolle haben, das zeigen wir durch Barwagen, Drink und passenden Tumbler. Daran hat sich nichts geändert. O