Sollte man fürs Nichtstun bezahlt werden?
Et si travailler devenait une simple option ?
Dans notre société, tout tourne autour du travail. Un autre modèle où l’agitation du quotidien laisserait une place à la contemplation et au vide est souhaitable et tout à fait vivable, le sociologue Harald Welzer en est convaincu. Dans un plaidoyer pour l’oisiveté, il nous pousse à nous interroger sur les concepts de "travail" et de "fainéantise".
SPIEGEL: In der schwedischen Stadt Göteborg ist eine unbefristete Stelle ausgeschrieben: umgerechnet 2046 Euro brutto im Monat fürs Nichtstun. „Die Arbeit ist das, was der Angestellte tun will“, heißt es in der Jobbeschreibung. Eine gute Idee?
Harald Welzer: Eine charmante Idee. Wir wundern uns nicht, wenn jemand 3000 Euro Rente bekommt und Däumchen dreht, weil wir wissen, dass er dafür gearbeitet hat. Wir halten es aber für irrational, dass jemand für gar nichts entlohnt wird. Dahinter steckt der absonderliche Gedanke, dass Arbeit an sich besser sei als Müßiggang.
2. SPIEGEL: Und das stimmt nicht?
Welzer: Wieso soll es sinnvoller sein, in der Rüstungsindustrie zu arbeiten und Waffen herzustellen, deren einziger Zweck die Zerstörung ist, als auf der Wiese zu liegen und in den Himmel zu gucken?
3. SPIEGEL: Was soll es bringen, sich auf die Wiese zu legen?
Welzer: Wir leben in einer Kultur des „Alles immer“. Der Rückzug aus der Unruhe des Alltags ist wichtig, wir brauchen die Kontemplation, die Leere. Der eine hält die Leere einen Tag aus, der andere zwei Monate. Aber es wirkt wie eine Infusion: Man wird frischer, kreativer.
4. SPIEGEL: Dass jeder den ganzen Tag Wolken zählt, kann es aber auch nicht sein. Irgendwer muss doch noch arbeiten. Welzer: Natürlich. Was ich meine: Die Hochschätzung der Arbeit im Sinne der fremdbestimmten Erwerbstätigkeit ist historisch jung, vor der Industrialisierung war das noch anders. Wir achten die Arbeit heute auch deswegen, weil sie dem Tag Struktur gibt – man muss sich keine Gedanken machen, was man mit seiner Zeit anstellt. Wenn man kein Geld verdienen muss, ist man aber nicht zwangsläufig faul. Müßiggang ist etwas anderes als Faulheit. Faulheit ist ein Begriff, der uns dazu bringen soll, zu arbeiten. Müßiggang heißt auch: Man kann sich ehrenamtlich im Hospiz engagieren oder Kindern Nachhilfe geben. Man hat die Möglichkeit, anderes zu tun. Und zwischendurch guten Gewissens absolut nichts.
5. SPIEGEL: Was halten Sie vom bedingungslosen Grundeinkommen?
Welzer: Ich bin ein großer Freund davon. Es baut Existenzängste ab und nimmt Druck aus dem System. Es reduziert bei den unteren Schichten den Drang, gesellschaftlich aufsteigen zu müssen. Bei den höheren Schichten mindert es die Notwendigkeit, den Eltern nacheifern und entsprechen zu müssen. Es bietet die Freiheit, selbstbestimmt Dinge zu lassen. Die Dringlichkeit, den Wunsch nach Eskapismus durch Konsum zu befriedigen, verringert sich. Es herrscht eine entspanntere Grundhaltung.
6. SPIEGEL: Für Berufsanfänger von heute ist Geld und Karriere nicht alles. Sie können das verstehen?
Welzer: Die nächste Generation findet es wahrscheinlich absurd, worüber wir gerade reden. Sie wird einen anderen Bezug zur Arbeit haben. Immer mehr Menschen wollen dieses Zeitregime nicht mehr. Die Trennung von Arbeit und Müßiggang wird sich durch die Digitalisierung in vielen Berufsfeldern auflösen.