Was war das erste Wort? L’écriture manuscrite en question à l’ère du numérique.
Quel était le premier mot ?
A l’ère du numérique, l’écriture manuscrite passe de plus en plus à la trappe. Faut-il ou non perpétuer son apprentissage ? Le débat est ouvert. Le musée de la littérature moderne de Marbach consacre une exposition à notre rapport à l’écriture à travers des témoignages de grands auteurs.
Die Sache ist ganz klar ein Fall für die Arbeitsmediziner: Die Tätigkeit des Schreibens schadet dem Nacken, den Augen, dem Rücken, dem Unterleib, den Venen und den Hüftgelenken. Aber sie tut uns auch gut, sie trainiert uns und sorgt dafür, dass wir auf Zack 1. die Sache l’affaire / der Fall(¨e) le cas / die Tätigkeit l’activité / das Schreiben l’écriture / einer Sache schaden causer des dommages à qqch / der Nacken la nuque / der Rücken le dos / der Unterleib le bas-ventre / das Hüftgelenk(e) la hanche / dafür sorgen, dass faire en sorte que / auf Zack bleiben rester attentif, alerte / bleiben, denn wir aktivieren beim Schreiben mit der Hand zwölf Gehirnareale, die vernetzt und koordiniert werden müssen, und nehmen siebzehn Gelenke und dreißig verschiedene Muskeln in Anspruch. Das Schreiben hilft uns dabei, unsere Gedanken beisammenzuhalten. Was wir mit eigener Hand abgeschrieben haben, bleibt uns
das Gehirnareal(e) la zone du cerveau / vernetzen connecter / etw in Anspruch nehmen avoir recours à, solliciter qqch / das Gelenk(e) l’articulation / seine Gedanken beisammen-halten(ie,a,ä) rassembler ses idées / ab-schreiben noter / fast immer länger im Gedächtnis als das nur Gelesene. Aber wie es eigentlich angefangen hat mit unserem Schreiben, das dürften wir in der Regel vergessen haben: „Wie war das, als ich das erste Wort schreiben konnte? Ich wünschte, ich könnte mich erinnern!“ im Gedächtnis bleiben rester en mémoire / das Gelesene ce que l’on a lu / eigentlich en fait / in der Regel généralement / sich erinnern se rappeler, se souvenir.
2. Cornelia Funke, Jahrgang 1958, Autorin der weltweit gelesenen „Tintenwelt“-Trilogie, erinnert sich nicht mehr an die ersten Buchstaben, die sie ins Schulheft bannte, wohl aber an das erste Schreibgerät, einen blauen Pelikan-Füllfederhalter. Weil sie die „Schönschreibe-Übungen“ans geliebte Zeichnen erinnerten, wurden sie ihr zum Genuss: „Was ist schon der große Unterschied, ob man den Klang von Worten oder einen Hund oder ein Pferd im Bild festhält?“
„WARUM AUCH NOCH SCHÖN?“
3. Dass Wörter nicht selten anders aussehen, als sie klingen, gehört indes zu den zentralen Problemen des Schrifterwerbs. Wie haben Schriftsteller schreiben gelernt? Nicht anders als ihre Leser. Hans Magnus Enzensberger, Ideengeber der neuen Marbacher Ausstellung über die vielfältigen Aspekte der Handschrift – vom Schrifterwerb bis zu den unterschiedlichen Verfahren der Fixierung eines Sprachkunstwerks –, nimmt den Unterschied zwischen Klangbild und Schriftbild auf die leichte Schulter, wenn er im Gespräch mit Jan Bürger erklärt, warum er schon vor dem Schulbesuch lesen konnte: „Wenn man als Kind rausgeht und man sieht das Wort ,Bäckerei‘ – da sind Brote und Semmeln drauf. Und wenn man um die Ecke geht, dann kommt noch einmal ein Laden mit demselben Wort. Und das bedeutet halt ,Bäckerei‘ – das kann man auch noch mit ,Backen‘ verbinden. Das versteht sich doch alles von selbst, dafür brauche ich gar keine Schule.“
4. Dass der Schulbesuch jedoch auch beim sechsjährigen Magnus nicht völlig überflüssig war, belegt eines der schönsten Stücke dieser reichhaltigen Ausstellung: Enzensbergers mit Buntstift
2. Jahrgang 1958 né en 1958 / weltweit dans le monde entier / die Tintenwelt le monde d’encre, die TintenweltTrilogie la trilogie Coeur d’encre, Sang d’encre, Mort d’encre / der Buchstabe la lettre / in … bannen fixer, ici écrire dans … / das Schulheft(e) le cahier d’école / das Schreibgerät(e) l’instrument d’écriture / der Füllfederhalter le stylo-plume, à encre / die Schönschreibe-Übung l’exercice de calligraphie / jdn an etw erinnern rappeler qqch à qqn / das Zeichnen le dessin / der Genuss la plaisir / der Klang(¨e) le son / fest-halten(ie,a,ä) consigner, fixer.
3. selten rarement / anders aus-sehen, als avoir l’air différent de / klingen(a,u) sonner / zu … gehören faire partie de … / indes cependant / der Schrifterwerb l’acquisition, l’apprentissage de l’écriture / der Schriftsteller l’écrivain / die Ausstellung l’exposition / vielfältig multiple / die Handschrift l’écriture manuscrite / das Verfahren le procédé / das Sprachkunstwerk l’oeuvre d’art linguistique / das Klangbild la sonorité / das Schriftbild la typographie / etw auf die leichte Schulter nehmen prendre, traiter qqch à la légère / vor dem Schulbesuch avant d’aller à l’école / raus-gehen sortir / die Bäckerei la boulangerie / die Semmel(n) all. du S. le petit pain / um die Ecke gehen tourner au coin / der Laden(¨) la boutique / bedeuten signifier / halt ma foi / mit … verbinden(a,u) associer avec … / backen cuire.
4. überflüssig superflu / belegen démontrer / das Stück(e) la pièce / reichhaltig riche / der Buntstift(e) le crayon de couleur / illustrierter „Brief an den Vater“empfiehlt nicht nur die „ilegterrische Aisenban“als Transportmittel, sondern auch ihren baldigen Gebrauch: „LiberFata-Gom-Balt-Magnus“.
5. „Immer mussten wir schön schreiben“, stöhnt der fast Neunzigjährige heute. Hätte verständlich und lesbar zu schreiben denn nicht genügt? „Warum auch noch schön?“Die Erinnerung an die Zwänge der Schulzeit gehört zu den Konstanten, von denen die Ausstellung durchzogen ist. Hermann Hesse, bekennender Schulverächter, über seine Zeit als Seminarist im Kloster Maulbronn: „Ich brauchte nur das ,Du sollst‘ hören, so wendete sich alles in mir um und ich wurde verstockt.“Wenig später, als Insasse der Heilanstalt Stetten, fragt der Fünfzehnjährige brieflich seinen Vater: „Darf ich Sie vielleicht um 7 M(ark) oder gleich um den Revolver bitten. Nachdem Sie mich zur Verzweiflung gebracht, sind Sie doch wohl bereit, mich dieser und sich meiner rasch entledigen zu wollen.“Aus dem „lieben Hermann“war unter dem Druck der pädagogischen Anstalten ein anderer geworden, ein „Welthasser, eine Waise, deren ,Eltern‘ leben“.
KURRENT, SÜTTERLIN ODER LATEINISCHE BUCHSTABEN
6. Während an den Schulen schon seit geraumer Zeit die Debatten über Für und Wider von Handschrift und Druckschrift sowie der Methoden des Schreibenlernens nach Gehör mit erheblicher Intensität und nicht ohne eine gewisse Verbiesterung geführt werden, stellt Marbach mit dieser Ausstellung auf spielerische Weise nicht zuletzt die Frage nach den Bedingungen seiner Existenz. Hans Magnus Enzensberger ist ja beileibe nicht empfehlen(a,o,ie) recommander / die ilegterrische Aisenban déformation de die elektrische Eisenbahn le train électrique / baldig prochain / der Gebrauch l’utilisation / Liber-Fata-Gom-Balt lieber Vater komm bald.
5. stöhnen se plaindre / der Neunzigjährige le nonagénaire / verständlich de façon compréhensible / lesbar lisiblement / genügen suffire / die Erinnerung an le souvenir de / der Zwang(¨e) la contrainte / von … durchzogen sein être traversé par … / bekennend déclaré / der Schulverächter le détracteur, la personne qui a horreur de l’école / das Kloster le monastère / sich um-wenden se retourner / verstockt werden se buter / der Insasse le pensionnaire / die Heilanstalt(en) le sanatorium / brieflich dans une lettre / gleich carrément / um etw bitten demander qqch / zur Verzweiflung bringen pousser au désespoir / bereit sein être disposé / sich einer Sache/jds entledigen s’acquitter de qqch/se débarrasser de qqn / lieb cher, charmant /unter dem Druck einer Sache sous la pression de qqch / die Anstalt(en) l’établissement / der Welthasser l’homme qui déteste le monde / die Waise l’orphelin.
6. seit geraumer Zeit depuis pas mal de temps / das Für und Wider le pour et le contre / die Druckschrift l’(écriture en) imprimé / nach Gehör à l’oreille, phonétique / erheblich énorme / gewiss≈ certain / die Verbiesterung l’aigreur / auf spielerische Weise de manière ludique / die Bedingung la condition / beileibe nicht pas du tout / der Einzige, der glaubt, dass für das Schreiben mit der Hand längst das Totenglöckchen geläutet wird.
7. Die persönliche Handschrift, gleichviel ob in Kurrent, Sütterlin oder lateinischen Buchstaben, war nie „eine selbstverständliche Gabe der Evolution“, wie Enzensberger sagt. Ob seine Prognose, derzufolge das Manuskript nur eine flüchtige, bald abgeschlossene historische Episode darstelle, zutreffend ist, bleibt abzuwarten. Das Bedürfnis, sich selbst auszudrücken und darzustellen, hat im Zeitalter der Digitalisierung ja nun nicht gerade abgenommen. Dass es sich neuer Mittel und Wege bedient, muss nicht heißen, dass wir die Handschrift vollständig abschreiben sollten.
8. Wer schreibt, spielt mit der Welt und sich. Sarah Kirsch, eine Rechtshänderin, füllte in den achtziger und neunziger Jahren mehrere Schulhefte mit „Übungen für die linkische Hand“: „Weshalb? a.) vielleicht freut sich die rechte Gehirnhälfte b.) wenn ich 1 Schlaganfall kriege, hab ich schon etwas geübt! Solche Späßchen leiste ich mir.“O Hands on! Schreiben lernen, Poesie machen. Im Marbacher Literaturmuseum der Moderne. Bis zum 1. März 2020. der Einzige le seul / längst depuis longtemps / für etw wird das Totenglöckchen geläutet on sonne le glas de qqch.
7. gleichviel peu importe / in Kurrent en écriture courante, en cursive (allemande) / in Sütterlin en écriture Sütterlin / der lateinische Buchstabe la lettre de l’alphabet latin / selbstverständlich naturel / die Gabe le don / die Prognose le pronostic, la prédiction / flüchtig furtif, passager / abgeschlossen terminé / dar-stellen (re)présenter / zutreffend sein être exact / das Bedürfnis le besoin / sich aus-drücken s’exprimer / das Zeitalter l’ère / die Digitalisierung la numérisation / nicht gerade pas vraiment / ab-nehmen diminuer, faiblir / sich einer Sache bedienen se servir de qqch / das Mittel(-) le moyen / heißen(ie,ei) signifier / vollständig complètement / etw ab-schreiben faire une croix sur qqch.
8. die Rechsthänderin la droitière / füllen remplir / linkisch maladroit, gauche / weshalb pourquoi / sich freuen se réjouir / die rechte Gehirnhälfte l’hémisphère droit du cerveau / der Schlaganfall l’AVC / üben s’exercer à / das Späßchen le petit plaisir / sich etw leisten s’offrir qqch.