Auf einmal beklatscht, zuvor ignoriert
Les personnels soignants veulent plus que des applaudissements.
Ils sont les héros de la pandémie. Tous les soirs, partout en Europe, les gens sortent dans la rue et sur les balcons pour applaudir leur travail admirable. Cependant, si ce petit geste est accueilli favorablement par les personnels soignants, ils souhaiteraient par-dessus tout que cette crise mène à une reconnaissance et à une revalorisation de leur profession par les autorités publiques.
Sie sind die Helden der Corona-Pandemie: Was Ärzte und Pfleger in diesen Tagen leisten, bringt viele an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. In der Gesellschaft wächst unterdessen das Bewusstsein für die Bedeutung dieses Berufsstands. Viele Menschen verabreden sich zum Klatschen oder Singen am Fenster, um Solidarität mit Ärzten und Pflegekräften zu demonstrieren.
2. Doch darüber können gerade Menschen in Pflegeberufen oft nur müde lächeln. Zu lange wurde ihrem Beruf die angemessene gesellschaftliche und vor allem finanzielle Anerkennung verwehrt. „Klatschen ja, aber bitte auch endlich konkrete Maßnahmen“, hallt es aus verschiedenen Ecken des Internet.
„PFLEGE VERDIENT EINE BESSERE BEZAHLUNG“
3. Thomas Müller war selbst mehr als 15 Jahre in der Pflege tätig, bevor er sich mit seiner Firma Curassist selbstständig machte und nun freiberufliche Pflegekräfte und Pflegebedürftige durch das Dickicht bürokratischer Hürden zueinander führt. Woran das Pflegesystem in Deutschland krankt und wie man Pflegeberufe endlich attraktiver macht, weiß Müller ganz genau.
4. „Pflege verdient eine bessere Bezahlung“, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, als er Ende Januar die Anhebung des Pflegemindestlohns bekanntgab. Bis zum 1. April 2022 steigen die Stundensätze deswegen auf 11,20 € (Pflegehilfskraft) respektive 15,40 € (Pflegefachkraft). Bezieht eine Pflegekraft also Mindestlohn, liegt ihr Bruttoeinkommen mindestens zwischen 2175 € und 2669 €.
5. Das Problem: Weit über Mindestlohn zahlt heute kaum ein Arbeitgeber, kritisiert Experte Müller. „Die Erhöhung des Mindestlohns hat letztendlich dazu geführt, dass sich viele Krankenhäuser, Altenheime, ambulante Pflegedienste oder Krankenkassen jetzt daran orientieren.“
6. Statt eine faire Bezahlung zu gewährleisten, vermittelt der undifferenzierte Mindestlohn nach Müllers Meinung eine ganz andere, gefährliche Botschaft: „Jeder kann Pflege.“Genau das sei jedoch nicht der Fall. Um Pflegeberufe attraktiver zu machen, müsste sich die Bezahlung endlich an die Fachkenntnisse der Pflegekräfte anpassen, fordert der Experte.
LAXER UMGANG MIT DEM GESETZ
7. Und weiter: „Die Fachkompetenz der einzelnen Pflegekräfte wird nicht honoriert. Wenn ich mich beispielsweise als Pflegekraft zum Wundmanager weiterbilden lasse und diese Expertise erwerbe, werde ich deswegen in der Regel nicht besser bezahlt. Bei Ärzten ist das völlig anders.“Weiterbildungen müssten sich nicht nur im Lebenslauf, sondern auch auf dem Gehaltszettel bemerkbar machen.
8. Dass sich Lohnzahlungen in der Pflege allzu oft im Bereich des Pflegemindestlohns bewegen, hängt auch mit dem beschränkten Zugang zu Selbstständigkeit zusammen. Verlässt man als Pflegekraft das Angestelltenverhältnis, „kann ich meine Fachkenntnisse quasi nicht mehr anbieten“, moniert Müller. Es entstehe ein Abhängigkeitsverhältnis, weil sich Krankenkassen häufig weigern, Zahlungen für freie Pflegekräfte zu übernehmen.
9. Die Gründe dafür sieht Müller insbesondere in der mangelnden Anerkennung von Abschlüssen sowie bürokratischen Hürden, obwohl die entsprechenden Paragrafen des Sozialgesetzbuches sehr konkret seien. 10. Stattdessen herrsche ein laxer Umgang mit dem Gesetz, was dazu führe, „dass das Ziel, Karriere zu machen, oder gar der Traum von der Selbständigkeit in der Pflege nicht existieren“. Mit einer konsequenten Umsetzung der Gesetzgebung wäre bereits viel gewonnen.
CHRONISCHE UNTERBESETZUNG
11. Für das angestellte Pflegepersonal auf den Krankenhausstationen gibt es zusätzliche Herausforderungen. So planen viele Kliniken gerade nachts mit minimalem Personalaufwand.
12. Ein Pfleger in Alleinverantwortung für eine gesamte Station sei nach Aussage Müllers demnach keine Seltenheit: „Die Pflegekraft muss permanent Angst haben, dass jemand verstirbt, während sie mit der Betreuung eines anderen Patienten beschäftigt ist. Diese chronische Unterbesetzung geht auf die Psyche.“Mehr Personal würde das Problem lösen.
13. Angemessener Lohn, Selbständigkeit und ein Personalschlüssel oberhalb des Minimums – die Maßnahmen, um Pflegeberufe attraktiver zu machen, sind erkennbar. Womöglich liefert die Corona-Krise den Anstoß für wirkliche Veränderung. Klatschen kann man dann natürlich immer noch.