Oktoberfest-Absage: der Schaden für alle Beteiligten ist groß
L’annulation de l’Oktoberfest 2020 aura des conséquences financières énormes.
La décison est tombée à Munich : pas de fête de la bière cette année. La suppression de cet événement-phare dans la capitale bavaroise aura des conséquences financières énormes pour les exploitants de chapiteaux, les brasseries, les hôtels et restaurants, mais ceux-ci devraient en grande partie avoir les reins suffisamment solides pour surmonter la crise. Il n’en va pas de même des forains qui craignent purement et simplement la disparition de leur métier …
In München und Umgebung kennt man seit Jahren das Phänomen der Wiesn-Grippe. Wenn das Oktoberfest vorbei ist, schnieft die ganze Stadt, denn für Viren und Bakterien gibt es kein besseres Umfeld, um sich zu verbreiten, als ein feucht-warmes Bierzelt. 2. Die Besucher sitzen dicht gedrängt zusammen, es ist laut, man schreit dem Gegenüber förmlich ins Gesicht, schunkelt, singt, liegt sich in den Armen. Dafür nahmen die Oktoberfest-Besucher bislang gern eine Erkältung in den Wochen danach in Kauf. Doch in Zeiten von Corona werden Volksfeste zur echten Gefahr.
3. In München hat man deshalb die Notbremse gezogen und schon ein knappes halbes Jahr vor dem Beginn die Wiesn abgesagt. „Wir sind übereingekommen, dass das Risiko einfach zu groß ist“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). „Abstand halten und Mundschutz geht nicht auf der Wiesn.“
EINE „BITTERE PILLE“
4. Auch alle anderen Volksfeste in Bayern, die für den Herbst geplant sind, sollen abgesagt werden. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach von einer „bitteren Pille“, denn die Absage des Oktoberfestes bringt für die Stadt und ihre Bewohner erhebliche finanzielle Einbußen mit sich.
5. Auf zwischen 1,2 und 1,5 Milliarden Euro schätzt die Stadt den Effekt des größten Volksfestes der Welt – pro Jahr. Das Geld verdienen nicht nur die Wirte der Bierzelte oder die Betreiber der Karussells und Achterbahnen, sondern vor allem auch die Hotels, Restaurants, Taxifahrer und Einzelhändler Münchens.
6. Ausgerechnet diese ohnehin schon von der Corona-Pandemie gebeutelten Branchen müssen nun mit einem weiteren dicken Minus in der Jahresbilanz rechnen. Auch deshalb hatten Stadt und Freistaat in den vergangenen Wochen noch gezögert, das Fest abzusagen, obwohl relativ schnell klar war, dass eine Wiesn mit Corona und ohne Impfstoff schwer vorstellbar sein dürfte.
7. In der Landesregierung hatte man nicht nur Sorge, dass das Virus wieder von Besuchern aus dem In- und Ausland nach Bayern eingeschleppt werden könnte. Söder fürchtete auch einen möglichen Imageschaden, wenn die Wiesn zum internationalen Corona-Umschlagplatz werden sollte – so, wie es der österreichische Ski-Ort Ischgl schon erlebt hat.
8. Anspruch auf eine Entschädigung hätten die Wirte und Schausteller nicht, sagte Oberbürgermeister Reiter. Noch habe die Stadt keine Verträge für das diesjährige Oktoberfest abgeschlossen. Tatsächlich kommt die Absage der Wiesn auch deshalb so früh, weil der größte Teil der Kosten für den Aufbau der Zelte noch nicht entstanden ist.
9. „Natürlich wird es einen wirtschaftlichen Schaden geben“, sagt auch Michael Schottenhamel. Er ist einer der beiden Geschäftsführer des Schottenhamel-Festzeltes, in dem jedes Jahr der Oberbürgermeister die Wiesn offiziell eröffnet. Neben dem entgangenen Gewinn gebe es natürlich auch Fixkosten, die auch entstehen, wenn das Volksfest ausfällt. Vier Mitarbeiter kümmern sich bei Schottenhamel das ganze Jahr lang um die Reservierungen und die Organisation des Bierzelts.
10. Zusagen für Tischreservierungen hatte man wie viele andere Zelte schon verschickt, Geld war aber noch nicht geflossen. „Wir überlegen jetzt gerade, was wir den Kunden schreiben, denen wir schon unter Vorbehalt zugesagt hatten“, sagt Schottenhamel. Die Corona-Krise treffe alle hart, auch weil die Wirte der Bierzelte stets auch Hotels oder Gaststätten betreiben, die nun ebenfalls wegen des Virus stillstehen. „Es trifft uns hart, aber wir werden’s überstehen“, sagt Schottenhamel.
11. So optimistisch ist Peter Inselkammer nicht bei all seinen Kollegen. „Als vorausschauend planender Unternehmer muss man immer Rücklagen schaffen“, sagt der Sprecher der Oktoberfest-Wirte. „Ich hoffe, dass das die meisten gemacht haben, aber es gibt Betriebe, für die geht’s jetzt um die Existenz.“
SO ETWAS WIE EINE LIZENZ ZUM GELD DRUCKEN
12. Vor allem die geschlossenen Hotels und Restaurants der Wirte außerhalb der Wiesn bereiten ihm Sorgen, dadurch könnten Unternehmen in Schieflage geraten, das würde dann auch das Oktoberfest-Geschäft treffen. Denn nur wer auch außerhalb des Volksfestes als Gastronom arbeitet, hat eine Chance darauf, ein Zelt zu betreiben. „Ich hoffe, dass jeder die Phase durchsteht, die ganze Branche braucht Hilfen, nicht nur die Wiesn-Wirte“, sagt Inselkammer.
13. Gegenwind kommt von seinem Vorgänger Toni Roiderer. Der langjährige Sprecher der Wirte hält die Absage des Oktoberfestes nicht nur für absolut richtig. „Wirte, die jetzt Probleme bekommen, sind selber schuld“, sagt er. „Wer jetzt jammert, hat in den vergangenen Jahren was falsch gemacht.“
14. Tatsächlich verdienen die Gastronomen auf dem größten Volksfest der Welt gutes Geld. Wie hoch die Gewinne sind, ist ein wohlgehütetes Geheimnis, bei einigen Zelten sollen sie aber bei mehr als einer Million Euro pro Jahr liegen. Das Oktoberfest – es ist für manche so etwas wie eine Lizenz zum Geld drucken.
15. Auch die Brauereien werden natürlich das fehlende Wiesn-Geschäft spüren. Doch der Ausfall des Oktoberfestes bedeutet nicht, dass es deshalb dieses Jahr auch kein WiesnBier geben wird. Er verstehe die Entscheidung, das „schönste Bierfest der
Welt“abzusagen, finde sie aber auch sehr schade, sagte der Chef der HofbräuBrauerei, Michael Möller.
SCHAUSTELLERBETRIEBE KÄMPFEN UMS ÜBERLEBEN
16. Wirte und Brauereien sorgen sich allerdings um die Schausteller, die Karussells und Achterbahnen auf den Volksfesten betreiben. Sie konnten deutlich weniger zurücklegen. „Eine Wiesn ohne Schausteller kann man sich genauso wenig vorstellen wie eine Wiesn ohne Wirte“, sagt Inselkammer. Er hofft auf Unterstützung vom Staat für die Branche, denn für Solidarität von den Wirten fehle auch denen derzeit das Geld.
17. Tatsächlich ist die Lage bei den Karussellbetreibern dramatisch. „Die heutige Absage der Volksfeste bis in den Herbst hinein kommt einem Berufsverbot gleich“, sagt
Robert Eckl, Vizepräsident des Bayerischen Landesverbandes der Marktkaufleute und Schausteller (BLV). „Man hat uns heute unsere Lebensgrundlage genommen.“Die letzten Einnahmen habe die Branche an Weihnachten auf den Weihnachtsmärkten gemacht, seitdem steht alles still, die Kosten laufen aber weiter.
18. „Die Rücklagen der meisten Schaustellerbetriebe sind aufgebraucht, wir kämpfen ums Überleben“, sagt Eckl. Der Verband hofft nun nicht nur auf weitere Soforthilfen, sondern vor allem, dass nicht sofort alle Kommunen auch die kleinen Volksfeste absagen. Die Prognose ist trotzdem düster: „Ich rechne damit, dass bis zu 40 Prozent der Schaustellerbetriebe pleitegehen könnten. Im schlimmsten Fall, wenn es keine weiteren Hilfen und Einnahmen in diesem Jahr gibt, wird die gesamte Branche sterben“, sagt Eckl.
19. „Welche Betriebe könnten schon ein ganzes Jahr ohne Einnahmen überleben?“, fragt auch Peter Bausch vom Münchner Schaustellerverein. Er gehe ebenfalls davon aus, dass kein Einziger seiner Kollegen ohne staatliche Hilfen überleben könne. „Dann gäbe es künftig keine Volksfeste und Märkte mehr“, sagt Eckl, „ein wichtiger Teil unserer 1200 Jahre alten Kultur wäre verloren.“