„Wir Astronauten sind keine Supermenschen“
Espace : Rencontre avec l’astronaute allemand Alexander Gerst
Depuis plusieurs années, l’astronaute allemand Alexander Gerst vulgarise la connaissance de l’univers pour les petits et les grands. Lorsqu’on lui demande ce qui l’a particulièrement marqué dans l’espace, il répond : que la Terre soit effectivement ronde !
DIE ZEIT: Alexander Gerst, wenn Sie auf der Internationalen Raumstation ISS ins Bett gingen – was haben Sie vor dem Einschlafen als Letztes gesehen?
Alexander Gerst: Blitze! Durch die kosmische Strahlung sieht man kleine weiße Blitze auf der Netzhaut, sobald man die Augen zumacht.
Als ich die ersten Tage im All in meiner Schlafkabine schwebte, hat mich das etwas irritiert.
2. ZEIT: Wie forscht ein Astronaut?
Gerst: Auf der ISS wird sehr viel Forschung betrieben, und man arbeitet an Hunderten Experimenten mit, im Prinzip als Laborant, aber auch die sind wichtig.
3. ZEIT: Sie haben sich in Ihrer Arbeit immer gewaltige Themen gesucht: Vulkane, Antarktis, die Raumfahrt sowieso. Was verbindet diese Themen – die Demut vor der Urgewalt oder die menschliche Hybris, die Urgewalt zu bezwingen?
Gerst: Es ist die Demut. Bei einem Vulkan braucht man sich nicht vorzumachen, dass man ihn irgendwie zähmen könnte. Anders als andere bin ich nie ganz runter in den Krater gegangen, um da Gas zu messen. Das war mir immer zu verrückt. Ich habe schön am
Kraterrand in 500 Metern Entfernung mein Radargerät aufgestellt.
4. ZEIT: Denken Sie manchmal: Wie klein ist der Mensch?
Gerst: Ja. Besonders an Orten, an denen die Dinge grundlegend anders sind, wie in der Antarktis oder im Weltraum.
5. ZEIT: Der Philosoph Frank Wright sprach einmal vom overview effect: Raumfahrer sehen die Erde von außen und werden dadurch innerlich verändert. War das bei Ihnen auch so?
Gerst: Dieser Wechsel der Perspektive ist sehr wichtig. Als Geophysiker wusste ich genau, welchen Radius die Erde hat. Als ich aber zum ersten Mal auf die Erde schaute, rief ich: Die ist ja tatsächlich rund! Ich musste dann über mich selbst lachen, es ist ja grotesk, darüber verwundert zu sein. Aber wir Menschen sind einfach, ja, Gefühlswesen. Wir müssen fühlen, um etwas zu verstehen. 6. ZEIT: Als @astro_alex haben Sie regelmäßig Fotos der Erde aus dem All getwittert. Ihr letztes Video als Kommandant der ISS war eine Botschaft an Ihre künftigen Enkelkinder, die dann aber Hunderttausende gesehen haben. Wie kam es dazu?
Gerst: Vielleicht war ich naiv, aber das sollte wirklich nur ein Video an meine Enkelkinder sein, die es vielleicht irgendwann einmal gibt; ich habe ja noch nicht einmal Kinder. Und es war auch nicht für die Veröffentlichung gedacht. Dazu haben mich meine Kollegen vom Videoteam auf der Erde überredet.
7. ZEIT: Das sollte dann gar nicht Ihre große Ökopredigt sein? Gerst: Überhaupt nicht. Ich möchte nicht als Ökoprediger wahrgenommen werden, sondern eine wichtige Perspektive vermitteln. Es war ja auch gar keine Predigt, sondern eine Entschuldigung für den Zustand, in dem wir den nächsten Generationen den Planeten übergeben. Dass das Video so viele Menschen berührt hat, hat mich beeindruckt. Noch mehr hat mich jedoch gefreut, wie viele Kinder wir über die Sendung mit der Maus erreichen konnten. Komplexe Sachen einfach zu erklären – das ist mein Kanal!
8. ZEIT: Herr Gerst, wenn man relativ jung im Weltall gewesen ist – was kommt dann eigentlich noch? Gerst: Ich bin ja weiterhin im AstronautenCorps. Und ich bin bei der Esa zuständig für den Gateway, die neue Raumstation, die wir für die Mond-Umlaufbahn bauen. Dafür brauchen die Ingenieurinnen und Ingenieure Leute, die schon auf einer Station gelebt haben. Und wenn sich die Chance ergibt: Ich würde gern zum Mond fliegen.
9. ZEIT: Dieses Jahr sucht die Esa wieder neue Astronauten. Sie sind Naturwissenschaftler, Ihre Kollegen sind oft Ingenieure oder frühere Kampfpiloten. Wie entscheidend ist Wissen für diesen Job, wie entscheidend sind Kompetenzen?
Gerst: Kompetenzen sind viel wichtiger. Die Leute denken immer, um Astronautenanwärter zu werden, muss man körperlich topfit sein. Aber man muss nur gesund sein, alles Weitere ist Training. Genauso ist es mit Wissen. Man muss nur zeigen, dass man sich schnell, effizient und effektiv neues Wissen aneignet und in Stresssituationen einen kühlen Kopf bewahrt.
10. ZEIT: Das ist die Kernkompetenz?
Gerst: In jeder Trainingseinheit war oft meine erste Frage an die Instruktoren: Was sind die drei wichtigsten Sachen, die ich mir merken muss, um das Ding nicht kaputt zu machen? Sie lachen, aber das ist so. Wir Astronauten sind ja keine Supermenschen.
„Auf der ISS wird sehr viel Forschung betrieben.“„Man muss nur gesund sein, alles Weitere ist Training.“