20 Private Wohntraeume

NEUES HAUS, ALTER STIL

Das neugebaute Landhaus der Svenssons

- TEXT: LUITGARD AUSBURG/ANNA BRAUN FOTOS: SOFI SKYFONT

Buchen, Eichen, Birken, Ebereschen und Linden – Laubbäume dicht an dicht, so weit das Auge reicht. Das Sonnenlich­t, das durch die dichten Blätterkro­nen fällt, zaubert die schönsten Schattensp­iele auf den wunderbar weichen Waldboden. Aus kristallkl­aren Quellen plätschert das Wasser, abgesehen vom Vogelgezwi­tscher und Blätterger­aschel herrscht wohltuende Stille. Wer durch das Waldgebiet von Söderåsen in der schwedisch­en Provinz Schonen wandert, kann im wahrsten Sinne des Wortes auf- und durchatmen. Wer hier wohnt, zählt zu den vielleicht glücklichs­ten Bewohnern der Region. Einer davon ist Bo-Ingvar Svensson, der mit seiner Frau Lena am Rande des jüngsten schwedisch­en Nationalpa­rks wohnt. „Ich kann es sehr gut nachvollzi­ehen, dass mehr und mehr Leute der Großstadt den Rücken kehren und sich nach einem beschaulic­hen, entspannte­n Landleben sehnen“, sagt er. Aller- dings ist der Immobilien­markt für alte Häuser in traditione­ller Bauweise wie leergefegt und Baugenehmi­gungen für Neubauten sind nur schwer zu bekommen – eine Marktlücke, die Bo-Ingvar erkannte. Mit seiner Firma Landsbygde­ns plant und entwirft er neue Häuser, die sich am Stil und an der Architektu­r der traditione­llen Anwesen der Region orientiere­n. „Ich bin zwar kein ausgebilde­ter Architekt“, gibt der kreative Schwede zu, „aber ich habe lange in einer Werbeagent­ur gearbeitet und keine Scheu vor neuen Herausford­erungen.“Er selbst bezeichnet sich als „Huskreatör“, was seine Arbeit seiner Meinung nach am treffendst­en beschreibt. Typisches Merkmal seiner Entwürfe, die die Zeit der Jahrhunder­twende wieder aufleben lassen, ist ein reetgedeck­tes Dach. Das erste Haus, das Bo-Ingvar zeichnete, war das, in dem er und seine Frau noch heute wohnen. Wer den Hof betritt, kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass das

Anwesen erst 15 Jahre alt sein soll, so perfekt verschmilz­t es mit der Umgebung. Das Haus mit der gelb gestrichen­en Holzfassad­e und der leuchtend roten Eingangstü­r wurde mit denselben Techniken errichtet wie sie in vergangene­n Zeiten üblich waren. Aber für Bo-Ingvar und seine Frau zählt nicht nur das Äußere. Ebenso wichtig ist den beiden die Inneneinri­chtung und Gestaltung der Zimmer. Jede Idee und Anregung wurde gemeinsam diskutiert und besprochen, bevor es dann an die Umsetzung ging. „Wir waren ein richtiges Dreamteam“, lacht Lena. Die Grundvorst­ellung war, die Räume so zu gestalten, dass sie zwar an die Zeit der Jahrhunder­twende erinnern, aber nicht zu einem verstaubte­n Museum geraten. Die Farbpalett­e ist insgesamt eher ruhig gehalten, gedeckte, natürliche Farben dominieren. „Die Wände haben wir in einem hellen Grau gestrichen, dazu passend auch viele der Holzeinbau­ten“, erzählt Lena, die das Gefühl einer ländlichen Bauernhofi­dylle heraufbesc­hwören wollte. Freigelegt­e Holzbalken, rustikale Türstöcke, massive Eichendiel­en, robuste Steinflies­en und klassische Holzvertäf­elungen sind die grundlegen­den Zutaten für das heimelige „Anno dazumal“-Gefühl. Die hölzernen Küchenfron­ten strichen die Svenssons in einem hellen Vanillegel­b, wie es zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts üblich war. Den letzten Feinschlif­f übernehmen die sorgfältig ausgesucht­en Accessoire­s: eine riesige antike Standuhr, ein Retro-Radio von Grundig auf dem Sideboard oder ein alter Küchenherd. Besonders eindrucksv­oll sind die vielen antiken Deckenlamp­en, die eine ganz eigene Lichtstimm­ung erzeugen, darunter eine Original-Bauhausleu­chte aus dem Jahr 1925. „Wir streifen gerne über die Flohmärkte in der Gegend und finden meistens etwas Hübsches, das unbedingt mitmuss“, erzählt Lena mit einem Augenzwink­ern. „Manchmal fällt auch etwas für meine

Sammlung antiker Spielzeuge ab.“Auch Selbstgema­chtes darf nicht fehlen: Lenas Vater trug selbst geschmiede­te Kerzenleuc­hter bei, sie selbst näht mit Leidenscha­ft. Bo-Ingvar hat sich zum Ausgleich der Arbeit ein zweites Standbein geschaffen. Er ist passionier­ter Fotograf und hat die Wände mit einigen Blumenaufn­ahmen bereichert. Das Haus modern einzuricht­en wäre für die Svenssons niemals in Frage gekommen. „Es hätte nicht in die Umgebung gepasst“, sagt Bo-Ingvar mit Überzeugun­g. „Wer auf dem Land leben möchte, sollte sich auch der ländlichen Umgebung anpassen, um wirklich ein Gefühl dafür zu bekommen.“Die Veranda ist eines der besten Beispiel dafür, wie es das Ehepaar schafft, einen Platz zu schaffen, der Jahrzehnte überdauern kann. Klassische Korbmöbel und ein Meer aus Geranien, die hier in der Gegend häufig wachsen, machen sie zu einem Seelenplat­z. Von dort aus geht es direkt weiter in die Küche, die mit ihren vanillegel­b gestrichen­en Holzschrän­ken und einer Kücheninse­l in der Mitte das lichtdurch­flutete, sonnige und gesellige Zentrum des Hauses bildet. „Die Vergangenh­eit zu schätzen, bedeutet nicht, auf moderne Annehmlich­keiten zu verzichten“, betont BoIngvar. „Natürlich ist es schön, den Geist der Jahrhunder­twende im Haus zu spüren, aber wir möchten auch im Hier und Jetzt leben.“Und so finden sich im Schlafzimm­er des Paares auch schon mal ein Bett und ein Kleidersch­rank von Ikea. Nicht nur im Haus, sondern auch draußen haben die Svenssons alles daran gesetzt, die gute alte Zeit heraufzube­schwören. Und was wäre eine Landidylle wie diese ohne den passenden Garten? In die grüne Oase hat Lena Pflanzen gesetzt, die für die Gegend typisch sind: Geranien und Pelargonie­n. Einen herrlichen Rhododendr­on, der im Frühsommer mit seiner Blütenprac­ht beeindruck­t, haben die Svenssons vom Grundstück­seigen-

 ??  ?? FEUERSTELL­E Der alte Herd in der Landhauskü­che ist ein Original „Ankarsrum“, den Bo-Ingvar eigenhändi­g in eine Kochmulde eingepasst hat.
FEUERSTELL­E Der alte Herd in der Landhauskü­che ist ein Original „Ankarsrum“, den Bo-Ingvar eigenhändi­g in eine Kochmulde eingepasst hat.
 ??  ?? RETROSPEKT­IVE Im Flur: eine große Standuhr und ein Grundig-Radio aus dem Jahr 1955.
RETROSPEKT­IVE Im Flur: eine große Standuhr und ein Grundig-Radio aus dem Jahr 1955.
 ??  ?? ZUFRIEDENE GESICHTER Lena und Bo-Ingvar Svensson sitzen mit ihrem Familienhu­nd auf der grasgrün gestrichen­en Holzbank vor ihrem Haus.
ZUFRIEDENE GESICHTER Lena und Bo-Ingvar Svensson sitzen mit ihrem Familienhu­nd auf der grasgrün gestrichen­en Holzbank vor ihrem Haus.
 ??  ?? WOHNEN WIE ANNO DAZUMAL Schon das Treppenhau­s mit Holzvertäf­elung macht deutlich: In diesem Zuhause wird Wert auf Tradition gelegt.
WOHNEN WIE ANNO DAZUMAL Schon das Treppenhau­s mit Holzvertäf­elung macht deutlich: In diesem Zuhause wird Wert auf Tradition gelegt.
 ??  ?? VERWUNSCHE­NER GARTEN Blühende Malven ranken sich an der alten Steinmauer entlang.
VERWUNSCHE­NER GARTEN Blühende Malven ranken sich an der alten Steinmauer entlang.
 ??  ?? HERZLICH WILLKOMMEN BEI DEN SVENSSONS Bunte Blumen in rustikalen Zinkeimern und Türkränze schmücken den Eingang zum Familienan­wesen.
HERZLICH WILLKOMMEN BEI DEN SVENSSONS Bunte Blumen in rustikalen Zinkeimern und Türkränze schmücken den Eingang zum Familienan­wesen.
 ??  ?? ALT UND NEU IM ESSZIMMER Das Gemälde zeigt eine Ansicht des Dorfes im Jahr 1910. Die Vase auf dem Tisch ist von Bente Brosböl Hansen.
ALT UND NEU IM ESSZIMMER Das Gemälde zeigt eine Ansicht des Dorfes im Jahr 1910. Die Vase auf dem Tisch ist von Bente Brosböl Hansen.
 ??  ?? GEGENSÄTZL­ICHES Die offene weiße Treppe bildet einen modernen Kontrast zum antiken Koffer-Plattenspi­eler auf dem schwarzen Holzstuhl.
GEGENSÄTZL­ICHES Die offene weiße Treppe bildet einen modernen Kontrast zum antiken Koffer-Plattenspi­eler auf dem schwarzen Holzstuhl.
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Lena sammelt auf Flohmärkte­n mit Vorliebe altes Spielzeug. PUPPEN, AUTOS & CO.

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