ERBSTÜCK IN NEUEM GLANZ
Zuhause bei Fotografin Melanie Zabel
Ein Haus zu erben, kann eine zweischneidige Sache sein. Auf der einen Seite ist es ohne Frage ein Glücksfall für eine vierköpfige Familie, ohne größere Probleme zu einem Eigenheim zu kommen. Auf der anderen Seite erbt man bei der Gelegenheit auch das eine oder andere Stück mit, das so gar nicht zum eigenen Lebensstil passt. So erging es auch Melanie Zabel. Die Fotografin übernahm vor 15 Jahren das Haus ihrer Großeltern im hessischen Grün- berg – „mit allem, was man sich nur vorstellen kann!“Melanie erinnert sich noch gut daran, was ihr bei der Besichtigung durch den Kopf ging. „Entrümpeln, aber richtig! Die Wände waren bis unter die Decke holzvertäfelt und mit Dingen vollgestopft, die sich im Laufe eines langen Lebens so ansammeln.“Die Vorgabe war klar: Hell, lichtdurchflutet und freundlich sollten die Räume werden, ein gemütliches Heim für die größer werdende Familie. Zum Glück besaß das Haus schon einen optimalen Grundriss, sodass keine Wände entfernt werden mussten. Da das Budget für eine komplette Renovierung nicht ausreichte, übernahm das Paar viele Arbeiten in Eigenregie. Nach der vollständigen Entrümpelung stellten Melanie und Andre dann zu allem Überfluss fest, dass das Flachdach des 60er- Jahre- Bungalows nicht dicht war. Die Lösung? Der Flachbau bekam ein zusätzliches Dachgeschoss. Im Nachhinein ein echter
Glücksgriff, denn hier richtete sich Melanie ihr eigenes, kleines Fotostudio ein. „ Ich war ja damals gerade junge Mutter und konnte so das Mama- Sein ganz easy mit meinem Beruf vereinbaren.“Während oben unterm Dach kreativ gearbeitet wird, ist unten der Lebensmittelpunkt der Familie. Und auch die Großeltern sind nicht in Vergessenheit geraten. „Viele der Möbel sind Erbstücke, an denen unser Herz besonders hängt“, erzählt Melanie. „Wenn uns die Farbe nicht gefallen hat, bekamen sie einfach einen neuen Anstrich.“Weiß ist die dominierende Farbe, bunte Kleckse in Form eines pinkfarbenen Sofas und eines roten Sessels aus den 60er-Jahren beleben die Einrichtung. Fragt man Melanie nach dem Geheimnis ihres Wohnstils, erhält man ein klare Antwort. „ Ich würde meinen Stil als sehr zeitlos bezeichnen. Ich kombiniere gerne verschiedene Epochen und achte am Ende auf eine gewisse Farbharmonie.“Ganz wichtig ist es ihr, Schnappschüsse aus dem Familienurlaub oder selbst gemalte Bilder der Kinder in geballter Form zu präsentieren. Im Flur hängt eine Pinnwand, auf der die Lieblingsfotos ausgestellt sind, am Treppenaufgang befinden sich lange Leinwände mit Zeichnungen der Kinder. „ So bleibt dem jeweiligen Raum trotzdem eine optische Ruhe und das Auge wird gezielt geführt“, findet Melanie. Sie liebt es, wenn Möbel Geschichten erzählen wie der lange, weiße Tisch im Atelier, ein alter Kneipentisch, der ihrer Urgroßmutter gehörte, oder die Esszimmerkommode im Vintage- Look. „Auch meine Porträtfotos sollen einen dekorativen Charakter haben, Geschichten erzählen, gleichzeitig als Kunstwerke dienen und Persönlichkeit ausstrahlen,“sagt die Fotografin, die ihren Kunden rät, das Outfit auf
ihre Einrichtung abzustimmen, wenn es ans Shooting geht. Ein Faible für schöne Dinge und fürs Einrichten hatte Melanie schon immer, aber erst über das Fotografieren bahnten sich die ersten Interior Design- Aufträge an. „Weil ich viele meiner Kunden in unserem Haus und im Atelier fotografiere, haben mich viele von ihnen nach Einrichtungstipps und Ideen für ihr eigenes Zuhause gefragt“, erinnert sie sich. „Schon als Kind habe ich statt vor dem Einschlafen Geschichten zu lesen lieber Fantasiehäuser eingerichtet.“Interior Design gibt ihr die Möglichkeit, zu entdecken und zu verändern – natürlich immer wieder auch im eigenen Zuhause. Ausgedehnte Streifzüge über die Floh- märkte der Gegend bereichern das Zuhause in regelmäßigen Abständen mit neuen, alten Schätzen. Die letzte Errungenschaft: Eine alte, ausrangierte Trommel, die Melanie in einem strahlenden Weiß strich und kurzerhand zum Schirmständer umfunktionierte. Er hat ein hübsches Plätzchen neben der erst kürzlich weiß lackierten Treppe gefunden, die hinauf ins Atelier unterm Dach führt, und ist ein echter Blickfang. Für die Designerin hat Wohnkultur sehr viel mit Wohlfühlen zu tun. „Wenn in einer Ecke oder in einem Raum noch etwas fehlt, male ich oft passend dazu ein Bild oder entwerfe ein Kunstwerk. Die Kreativität steckt einfach in mir, sie ist wie eine Kraft, die ohne mein Zutun ständig arbeitet“, erzählt sie. Das mit dem Wohlfühlen klappt in Melanies „Multitasking-Haus“, wie sie es nennt, jedenfalls sehr gut. In diesem Sinne kann das Fazit der Familie nur lauten: Erbe gut, alles gut!