HÜTTEN-ROMANTIK
Zu Besuch bei Maria und Bosse
Ganz sachte und leise schweben die Schneeflocken vom Himmel. Dicht an dicht und unverwandt decken sie nach und nach die Wiesen und Felder zu und türmen sich auf den Ästen der Nadelbäume zu dicken, weichen weißen Kissen. Bis dann irgendwann alles unter einer dicken Schneedecke begraben liegt. Still ist es. Inmitten all der winterweißen Schneepracht leuchtet ein einzelner roter Farbtupfer: die Holzhütte von Maria und Bosse. Maria und ihre Tochter Moa sind gerade dabei, draußen vor der Hütte ein Feuer zu entfachen. Wenn die Scheite im Feuerkorb knistern und knacken, setzen sich die beiden auf die mit dicken, weichen Rentierfällen bedeckten Holzbänke und schauen mit einem Becher heißer Schokolade in den Händen versonnen ins Feuer. „Das hier ist unser Paradies“, schwärmt Maria, „wir kommen so oft hierher, wie unsere Zeit es erlaubt.“Sommers wie winters, und von Mai bis Oktober mehr oder weniger durchgehend, denn von der Hütte nach Skelleftea, der nächsten Stadt, sind es nur ein paar Kilometer. Dort haben Maria und Bosse eine Wohnung, in der sie mit ihrem 18-jährigen Sohn Emil leben. Tochter Moa steht schon auf eigenen Beinen. „Was sie nicht davon abhält an den Wochenenden nach Hause zu kommen und mit uns raus zur Hütte zu fahren“, lacht Maria, die es liebt, Familie und Freunde um sich zu haben. Bosses Eltern bauten die traditionelle Holzhütte an der Nordküste Schwedens in den 60er-Jahren. Seitdem hat die ganze Familie dort jede Menge Zeit zusammen verbracht. „Allerdings nicht nur Freizeit“, lacht Maria, „denn als wir die Hütte von Bosses Eltern übernahmen, ging es erstmal ans Renovieren und Umgestalten.“
Dunkelbraun, Blau, Dunkelgrün und Rot mussten weichen. „Es war eine ganze Menge weißer Farbe notwendig, um die Hütte so hell und freundlich zu gestalten, wie wir es wollten.“Zum Glück mussten Maria und Bosse abgesehen davon nicht allzu viel ändern. Unter den Holzboden wurde eine Fußbodenheizung gelegt, was besonders im eiskalten schwedischen Winter überaus angenehm ist. Zwischen der Haupthütte und einem Anbau aus den 70er-Jahren ließ das Paar ein Fenster einsetzen, ein weiteres, das verdeckt im Eingangsbereich lag, wurde freigelegt. Mit dem Effekt, dass dieser jetzt sehr einladend wirkt. „Wir haben den Übergang von der Küche ins Wohn- und Esszimmer offen gehalten. Das und die hohen Decken lassen die Hütte größer und luftiger erscheinen, als sie eigentlich ist“, findet Maria. Herzstück und Lieblingsplatz im Wohnbereich ist der ummauerte Kamin. „Wer einmal davor gesessen ist und seinen Blick in die lodernden Flammen versenkt hat, kann nachvollziehen, wie viel es uns bedeutet, hier zu sein und all unsere Kinder und Freunde um uns zu haben!“Gegenüber des Kaminofens steht eine Bank, die mit Kissen und Polstern belegt ist und in ihrem Inneren jede Menge Stauraum bietet. Wenn es sich nicht gerade die beiden Hunde darauf bequem machen, um das Geschehen in der Hütte von oben herab zu beobachten, sitzt auch Tochter Moa gerne hier und blättert durch eine Zeitschrift. Und noch einen Nutzen hat die praktische Holzbank: Auf ihr lässt sich auch gut schlafen – der eine oder andere Übernachtungsgast hat’s schon ausprobiert. Den Anbau der Hütte mit Fernsehzimmer, einem Bett und einer Toilette nutzen Maria und Bosse nur während der Sommermonate.
„Von November bis April haben wir hier kein fließendes Wasser“, erzählt Maria. „Deshalb gibt es im Garten ein Plumpsklo. Aber nicht immer möchte man im tiefsten Winter durch den Schnee stapfen, um zur Toilette zu gehen“, lacht sie. Unabhängig von der Wasserversorgung verbringt die Familie so viel Zeit wie nur irgend möglich in der Hütte und der Umge- bung. Lange Schneespaziergänge, Skiwanderungen und Schlittenfahrten stehen dann an der Tagesordnung. Nach der vielen frischen Luft freuen sich alle auf die warme Hütte. „Zum Glück gibt es hier eine voll ausgestattete Küche, denn oft kommen wir ziemlich ausgehungert zurück“, sagt Maria, die sich dann gerne an den Herd stellt. „Der einzige Luxus, auf den wir verzichten müssen, ist eine Geschirrspülmaschine. Aber hier helfen alle gerne zusammen.“Und dann ist Zeit zum Entschleunigen: Die Hunde rollen sich auf den Fellen am Boden zusammen, Bosse legt Holzscheite nach und außer dem Knistern und Knacken herrscht friedliche Stille. Die Einrichtung betont die ruhige Atmosphäre zusätzlich. Obwohl Weiß dominiert, wirkt die Hütte nicht kühl – im Gegenteil, die rustikale Holzvertäfelung, die vielen Felle und natürliches Kerzenlicht tragen Wärme und Behaglichkeit in alle Ecken. So ganz friedvoll und still ist es allerdings nicht immer. „Obwohl Moa und Emil schon so gut wie erwachsen sind, kommen sie immer noch sehr gerne mit, wenn wir zur Hütte rausfahren“, erzählt Maria. „Im Schlepptau haben sie dann auch noch ihre Freunde, die natürlich auch gerne hier übernachten. Dann kann es schon mal ein bisschen eng werden“, lacht die Schwedin, die so leicht nichts aus der Ruhe bringt. „Wir haben gerade deshalb ein altes
Gartenhäuschen auf unserem Grundstück zu einem Gästezimmer umgebaut, sodass wir in der Regel jeden unterbringen können, der über Nacht bleiben möchte.“Über die langen Jahre, die die Familie die Hütte schon nutzt, ist sie eng zusammengewachsen und verbindet wunderschöne Momente und zahlreiche Erinnerungen damit. Der Kontrast zwischen dem quirli- gen Stadtleben und der friedlichen Landidylle fasziniert alle Familienmitglieder jedes Mal aufs Neue. In der Zwischenzeit haben Maria und Bosse ihr großes Stadthaus in Skelleftea verkauft und sind zusammen mit Emil in eine kleinere Wohnung gezogen. „Auch Emil ist auf dem Absprung“, lacht Maria, „dann werden wir noch mehr Zeit für uns und unsere geliebte Hütte haben.“Sie könnte sich durchaus vorstellen, das Stadtleben irgendwann ganz gegen ein Leben auf dem Land zu tauschen. „Vorausgesetzt natürlich, wir haben bis dahin das Problem mit dem fließenden Wasser gelöst“, sagt sie lachend. Bis auf Weiteres bleibt also erstmal alles beim Alten: Maria und Bosse schließen die Haustür ihrer Stadtwohnung hinter sich und sind wenige Autominuten später in ihrem Winterwunderland angekommen. „Sobald wir die Tür zu unserer Hütte aufgesperrt haben, fällt der Stress ab. Dieser Ort ist und bleibt unser Paradies!“