HERBST-STIMMUNG
Eigentlich wollte Antonia Wien innerstädtisch wohnen bleiben und ein Stadthaus sanieren, doch dann fand sie ein Waldgrundstück und entschied sich zum Neubau.
Am Rand von Hamburg kreiert Antonia ein warmes, herbstliches Wohlgefühl
Etwa 25 Minuten von der Hamburger Stadtmitte entfernt geschah es: Bei einem Spaziergang durch das idyllische Seevetal verliebte sich die Restaurantkritikerin Antonia Wien irgendwann unsterblich in ein Waldgrundstück. Das ist schon deshalb ein kleines Wunder, weil Antonia eigentlich nie südlich der Elbe wohnen wollte. 15 Jahre lange hatte sie sich in Hamburg wohlgefühlt, und eigentlich wollte sie nie selbst bauen, sondern viel lieber ein altes Stadthaus sanieren. Doch Leben ist eben das, was passiert, während man andere Pläne macht! „Das Grundstück stand zufällig zum Verkauf und ich war sofort von den majestätischen Kiefern und der Heide begeistert“, erinnert sich die Unternehmerin. Das Fleckchen gefiel ihr sogar so gut, dass sie kurze Zeit später das Projekt Traumhaus in Angriff nahm. Doch woher die Ideen nehmen, wenn es um Hausplanung, Einrichtung und Deko geht? Natürlich aus Wohnmagazinen! Durch sie ließ sich Antonia für ihr neues Zuhause inspirieren. Sie riss interessante Beiträge heraus und sammelte sie in einem Ordner. Der Gedanke, in einem Altbau zu wohnen, ließ sie jedoch nie los. Von Anfang an plante sie deshalb Stilelemente wie eine gedrechselte Treppe, Kassettentüren und Parkettböden mit Hamburger Fußleisten ein. Doch auch modernes Interieur durfte keinesfalls fehlen: „Ich mag Möbel und Accessoires mit industriellem Design und ergänze sie mit Gegenstücken im Landhaus-Stil. Das ist so schön wohnlich.“Ein Beispiel? Antonia mag Körbe, denn diese vermitteln Wärme und gleichen zudem die vielen weißen Möbel und grauen Wände optisch aus, während antike Einzelstücke von Individualität gekennzeichnet
Eine offen angelegte Küche fördert die Geselligkeit
„Ein Haus lebt erst, wenn Kunst und Bücher darin sind“
sind. Keine Frage, dass Antonia deshalb gern auf Flohmärkten nach besonderen Raritäten stöbert. Auch entdeckte sie ihre Schätze in Möbelscheunen in Schweden oder bekam sie als Erbstücke. „Ich habe mit der Zeit wirklich ein besonderes Faible für Nostalgie entwickelt“, lächelt Antonia. Deshalb wünscht sie sich zu ihrem Geburtstag von ihren Eltern auch nie etwas Neues, sondern Lieblingsstücke aus deren Hausrat. So kam sie beispielsweise zu dem Silberbesteck und den Gläsern, die sie liebevoll auf dem Esstisch arrangiert. Längst hat sie ihr Herz an Unikate verloren, was auch im Flur zu entdecken ist. Dort präsentiert ein alter Setzkasten an der Wand besondere Muscheln, eine Taschenuhr und ihren Konfirmationsschmuck. Auf dem Sekretär steht eine silberfarbene Vase, die sie von ihrer besten Freundin zur Hochzeit erhalten hat. Vor der dunkelgrauen Flurwand kommt der honigbraune Biedermeier-Sekretär perfekt zur Geltung. Bereits 30 Jahre ist das Präsent ihres Patenonkels in Antonia Wiens Besitz und wie eine treue Seele oft mit umgezogen. Doch noch etwas verleiht dem Ambiente eine ganz persönliche Note, die Antonia niemals missen möchte: die zahlreichen Werke ihres Vaters. „Ein Haus lebt erst, wenn Kunst und Bücher darin sind“, ist sich die Eigentümerin sicher. Von Anfang an plante die Familie Regale für 400 Bücher ein und bestückte sie mit Reiseliteratur, Bildbänden und Klassikern – so zum Beispiel mit alten Fontane- und Goethe-Ausgaben aus der Bibliothek der Eltern. Viele der Aquarelle und Ölgemälde, zum Beispiel das Säulenbild über dem Sofa oder die Landschaften im Bad, entstanden in Griechenland, wo die Familie traditionell ihre Urlaube verbringt. Wenn Antonia Wien zwei- bis dreimal im Jahr ein Bild an einen Gast verkauft oder ein neues hinzukommt, erhal
ten auch die übrigen einen neuen Platz, damit eine harmonische Raumwirkung gewährleistet bleibt. „Das Umstreichen der Wände passiert ebenfalls des Öfteren“, erzählt Antonia, „meist spontan über Nacht.“Da sie als Restaurantkritikerin arbeitet, ist es kein Wunder, dass beim Hausbau auch auf eine offene Küche großen Wert gelegt wurde. Die Hausherrin kocht oft und gern mit Freunden. Um vielen Gästen Platz bieten zu können, wählte sie einen massiven Eichenholztisch und acht Freischwinger. Geselligkeit, Smalltalk und Sitzkomfort steht damit nichts im Wege. Als sich das Haus noch im Rohbau befand, wurden bereits die eisernen Hängeleuchten gekauft, die heute den Esstisch erhellen. Extra dafür ließ Antonia schnell noch zwei Anschlüsse legen. Kommen Gäste, erhält die Tafel zudem ein Kleid aus Silber, Stoffservietten und saisonalen Tischschmuck. Gerade im Herbst scheint sich ein besonderer Wohnzauber im Hause Wien zu entfalten. Antonia liebt es, florale Herbstgebinde als Deko zu platzieren. Für ihre Sträuße kombiniert sie gekaufte Blumen mit Blüten und Kräutern aus dem Garten. Diese variieren je nach Jahreszeit von Hortensien bis Flieder, sind aber stets in Rosé, Weiß und Grün gehalten. Und so, wie Antonia die Liebe zu schönen Dingen von ihren Eltern übernahm, vererbt sie diese Leidenschaft nun an ihre Tochter Viktoria, die schon fleißig mitdekoriert – ganz besonders im Herbst.