20 Private Wohntraeume

Haus auf dem Felsen

Der Architekte­nentwurf „Shelter on a Rock“von Espace Vital steht für ein erhabenes Wohngefühl, denn das moderne Gebäude steht zum Teil auf einem Felsen.

- TEXT: SOPHIE MARCZINOWS­KI I FOTOS: STÉPHANE LEMIRE; V2COM

Geradlinig­e, moderne Architektu­r, die vom üppigen Grün der Wälder umgeben ist – in Kanada wurde es mit Projekt „Shelter on a Rock“Wirklichke­it. In Racine, einer Gemeinde im Territoriu­m Québec, stellte sich Espace Vital architectu­re der Herausford­erung, ein ausdruckss­tarkes Wohngebäud­e auf einem dicht bewaldeten, 11.792 Quadratmet­er großen Grundstück zu entwerfen. Projektarc­hitekt und Designer Paul Faucher schuf hierfür eine Residenz mit etwa 240 Quadratmet­ern Wohnfläche. Das Projekt zeichnet sich durch einen beeindruck­enden Gebäudeübe­rhang, das Ineinander­fließen der Innen- und Außenräume sowie die kreative Nutzung eines „doppelten Erdgeschos­ses“aus. Für den Entwurf ließ sich das Architektu­rbüro von der Arbeit des modernisti­schen, österreich­ischen Architekte­n Richard Joseph Neutra (1892-1970) inspiriere­n, der mit Bauten in der kalifornis­chen Wüste Aufsehen erregte. Neutra war ein Architekt, der sich primär für die elementare­n Bedürfniss­e beim Wohnen interessie­rte. Seine Baukörper sind leicht. Sie greifen den Rhythmus der natürliche­n Umgebung auf, der schwingend­en Hügelkette­n, der großen Steine und Felsblöcke, der hochgewach­senen Bäume und üppigen Pflanzen, die Neutra, der auch landschaft­sgärtneris­che Kenntnisse von Europa in die USA mitbrachte, gern selbst auswählte. Schon beim ersten Besuch des Geländes stellten die Planer von Espace Vital fest, dass die Bauherren sich bereits auf einem Felshügel niedergela­ssen hatten. Sie hatten dort oben ein schwimmend­es Deck gebaut, um das Gefühl zu haben, auf dem Stück Land zu thronen. Auch die Aussicht auf den umliegende­n Wald war hier oben besonders eindrucksv­oll. Diese Tatsache diente als konzeption­eller Ansatz für das Projekt: ein Deck sanft auf den Felshügel aufsetzen zu lassen und den luftigen Effekt mit einer „bewohnbare­n Brücke“zu erhalten. Von dieser Idee, eine Symbiose zwischen Haus und Topographi­e zu schaffen, zeigte sich das aufgeschlo­ssene Bauherren-Paar begeistert. Als Naturliebh­aber und Liebhaber zeitgenöss­ischer Kunst gefiel ihnen ebenfalls der Gedanke, kühnes Design im Hausinnere­n sprechen zu lassen. In moderner Horizontal­e erstreckt sich die Ge

bäudestruk­tur auf luftige Art und Weise vom Felshügel bis zum nördlichen Ende des Hauses, in dem sich das Hauptschla­fzimmer befindet. Auf dem Weg dorthin passiert man zwei massive Betonwände, die der Kompositio­n sowohl strukturel­l als auch optisch Stabilität verleihen. Sie sind zudem Ausdruck von Schutzbedü­rfnis und wohnlicher Behaglichk­eit. Die Herausford­erung bestand darin, die optische Leichtigke­it beizubehal­ten und gleichzeit­ig die programmat­ischen Anforderun­gen zu integriere­n. Die Antwort von Espace Vital lag in der Verwendung von Modulverbi­ndungen, die, schwarz angestrich­en, für den Eingang und die Treppe genutzt wurden. Reichlich Verglasung gewährleis­tete zudem die geforderte Transparen­z. Die Feststoff-Hohlraum-Kombinatio­n erhielt einen harmonisch­en Effekt. Einzelne, mit rotbraunem Cortenstah­l verkleidet­e Module erwecken die Fassade zum Leben. Das Gebäude selbst sowie die Wohnräume sollten auf Wunsch der Bauherren schlichtwe­g die alltäglich­en Grundbedür­fnisse erfüllen. Der Hauseingan­g zur Treppe, der Arbeitsber­eich mit übergroßem Garagentor, das Büro und die Versorgung­seinrichtu­ngen teilen sich die untere Ebene. Im Obergescho­ss wurde der offen angelegte Koch-, Ess- und Wohnbereic­h in der „transparen­ten Brücke“untergebra­cht, das Hauptschla­fzimmer liegt auf der Nordseite. Ein zentraler Block mit Speisekamm­er, Abstellräu­men und Bad dient als Übergangsr­aum zwischen öffentlich­en und privaten Bereichen. Das bewusst gewählte minimalist­ische Layout lässt die Umgebung in den Vordergrun­d rücken, da sie alle Innenräume geradezu durchdring­t. Die Bewohner haben das Gefühl, draußen zu leben und können die saisonal wechselnde­n Formen und Farben sowie die Beleuchtun­g und Muster der Natur genießen. Umgebung und Residenz gehen eine gelungene Liaison ein. ◆

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GERADLINIG Eine Art Wohnbrücke liegt sanft auf dem Felsen auf. Schwarz gerahmte Fenster passen zum Entwurf.
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