STEINHAUS MIT ANBAU
Gleich vier Generationen sind in diesem Ensemble zuhause – eine Tatsache, die den Architekten einen Bogen zwischen Trend und Tradition schlagen ließ.
Ein altes, traditionelles Wohngebäude erhielt einen modernen Anbau
Im Westen der Île de Montréal, am Nordufer des Lac Saint-Louis, befindet sich die kanadische Kleinstadt Dorval mit etwa 20.000 Einwohnern. Im Norden und Osten grenzt die Gemeinde der Provinz Québec an Montréal, dessen Stadtzentrum rund 14 Kilometer entfernt ist. Der Saint-Louis-See zieht Betrachter als Naturschönheit mit grün bewachsenen Ufern in seinen Bann, während der Blick immer wieder dem blauen Wellenspiel folgt. Wohl dem, der diese Idylle tagtäglich genießen kann! Genau hierher führt der Weg des Architekten Henri Cleinge,
der beauftragt wurde, ein 200 Jahre altes Steinhaus zu renovieren und einen zeitgemäßen Anbau zu entwerfen. „Wir wurden herausgefordert, einen klaren konzeptionellen Ansatz zu definieren, der eine zeitgenössische Architektursprache mit dem angestammten Haus in Einklang bringen würde“, erklärt Cleinge. Das ursprüngliche Gebäude gehörte einst der Hudson Bay Company und besaß einen Haupteingang in Richtung Wasser, wo sich auch die alte Straße befand. Im Laufe der Zeit wurde an der Rückseite des Hauses eine neue Straße gebaut, sodass diese fortan die Vor
derseite des Gebäudes darstellte. Der Entwurf verlangte außerdem, vier Generationen zu beherbergern: Der Anbau würde die Bauherren – ein junges Ehepaar – beherbergen, der restaurierte Teil war für die Urgroßeltern, die Großeltern und ein Enkelkind vorgesehen. Aus diesem Umstand resultierte die Idee, eine optische Parallele zwischen der generationenübergreifenden Bewohnerschaft zu schaffen – kurzum: Neben einem historischen Haus sollte ein zeitgenössisches Projekt umgesetzt werden. „Auf diese Weise spiegelt das Design den Lauf der Zeit wider“, erklärt Cleinge. Der Entwurf sah vor, dass der zeitgenössische Neubau das bestehende Steinhaus kontrastiert und dennoch einen offensichtlichen Bezug zum Stammhaus aufweist. Diese Tatsache hatte Einfluss darauf, wie die einzelnen Räume definiert wurden. So existierten fortan zwei Wohnzimmer mit doppelter Höhe an gegenüberliegenden Enden – eines in jedem Haus, verbunden durch einen Weg, der über einen Brückengang führt. Das Team von Henri Cleinge zeigt mit dem „Bord-du-Lac House“auf, wie Architektursprache auf einer Gesamtfläche von etwa 920 Quadratmetern eine symbolhafte Wirkung ausstrahlen kann. Das Steinhaus vermittelt Privatheit, während der moderne Flügel Offenheit ausstrahlt. Es verfügt über Wohnzimmer, eine Küche, Essbereiche und Glasschiebetüren, die zu einer großen gemeinsamen Terrasse führen. Zahlreiche Fensterflächen mit Blick auf den See fluten den Anbau mit Licht. Die jungen Bauherren entschieden sich in ihrem neuen Zuhause für modernes Interieur sowie Weiß, Anthrazitund Holztöne, was ihre trendig-elegante Stilsprache versinnbildlicht. Das „Borddu-Lac House“präsentiert sich als attraktive Möglichkeit eines MehrgenerationenWohnens: Familiäre Verbundenheit wird gefördert, während jeder Generation aus
giebig Freiraum und Entscheidungsmöglichkeiten zugestanden werden. Mutig und stimmig zugleich fügt sich das GebäudeEnsemble in die Landschaft ein. So unterschiedlich die verbundenen Häuser sind, so harmonisch begegnen sie doch einander – fast wie in einer großen Familie. ◆