Nikon Vollformat kameras
Nikon deckt mit fünf VollformatSpiegelreflexkameras ein ähnlich großes (Preis-)Spektrum ab wie Konkurrent Canon oder Sony mit seinen spiegellosen Vollformat-Modellen: Das Angebot reicht vom kompakten, leichten Consumer-Gerät D610 für 1400 Euro bis zur 7000 Euro teuren Profikamera D5 mit fest verbautem Hochkanthandgriff, schneller Serienfunktion, extrem hohen ISO-Zahlen und 4K-Video. Beide haben im EOS-System mit 6D und 1D X Mark II adäquate Gegenstücke. Bei Sony beginnt der Einstieg mit der A7 bereits bei 1100 Euro. Den Bereich dazwischen teilen sich bei Nikon drei (semi)professionell aufgestellte Modelle: Die D750 für 2000 Euro bringt als einzige NikonVollformatkamera ein integriertes WLAN-Modul und einen um 90 Grad nach oben oder um 75 Grad nach unten klappbaren Monitor mit. Canons Konkurrent, die 5D III kostet circa 600 Euro mehr, die Sony A7 II 350 Euro weniger. Für das Retro-Modell Df gibt es kein direktes Pendant: Passend zum Konzept erinnert das Df-Gehäuse an die analoge Kameralegende Nikon F2 aus den 1970er-Jahren und verzichtet auf heutzutage übliche Funktionen wie Videomodus, Motivprogramme und Kameraautomatik. Mit 2500 Euro setzt Nikon den Preis zudem hoch an, zumal die übrige Ausstattung der Df in weiten Teilen dem Standard günstigerer ConsumerKameras entspricht. Wer 700 Euro drauflegt, bekommt das auf maximale Auflösung getrimmte Top-Modell D810 mit 36,3-Megapixel-Vollformatsensor ohne Tiefpassfilter. Lange war sie mit dieser Nennauflösung der Star ihrer Klasse, mittlerweile wurde sie von Sonys A7R II mit 42 Megapaixeln sowie Canons 5DS mit 50 Megapixeln überholt.
Von 16 bis 36 Megapixel
Als eine Art Gegenpol zum 36-Megapixel-Boliden D810 setzt die Df auf ungewöhnlich wenige, dafür größere 16 Millionen Pixel, was ihr
Vorteile bei Aufnahmen in dunkler Umgebung und beim Abblenden bringt: Während die D810 bereits ab Blende 8 mit Beugungsverlusten umgehen muss, ist das bei der Df erst ab Blende 12 der Fall. Die anderen drei Nikons wählen einen soliden Mittelweg: Die D5 erhöht die Nennauflösung gegenüber ihrer Vorgängerin D4s von 16,2 auf 20,7 Megapixel (förderliche Blende 10,5), D610 und D750 nutzen dem heutigen Standard entsprechend einen 24-Megapixel-Sensor (förderliche Blende 9,8). Bei der Empfindlichkeit setzt die Nikon D5 auf Rekordzahlen: Standardmäßig unterstützt sie ISO-Einstellungen bis ISO 102 400, mit „Hi5“erhöht sie auf sagenhafte ISO 3 280 000 – erstaunlich, selbst wenn die damit aufgenommenen Bilder an experimentelle Fotografie denken lässt. Die Df wagt sich trotz größerer Pixel maximal bis ISO 204800 vor. D750 und D810 reizen ihren Sensor mit bis zu ISO 51 200 aus, und die D610 begnügt sich mit maximal ISO 25 600.
Outdoor-taugliches Gehäuse
Nikon sieht für die kleineren Modelle von der D610 bis zur Df ein Gehäuse aus Kunststoff und Magnesium vor, nur D810 und D5 bekommen ein Vollmagnesiumgehäuse spendiert. Damit Spritzwasser, Feuchtigkeit und Staub nicht so leicht ins Kamerainnere gelangen können, haben sie alle Dichtungen etwa an Bedienelementen und Fachabdeckungen. Deren Beschaffenheit und Qualität unterscheidet sich allerdings deutlich – sichtbar am robustesten erscheint das Profigehäuse der D5. Das Prädikat als Nikons leichteste und kompakteste Vollformatkamera musste die D610 an die D750 mit 14,1 x 11,3 x 7,8 cm und 840 g abtreten: Eigenen Aussagen zufolge verbaut Nikon hier den Bildsensor und die Hauptplatine in einer Ebene, wobei die Größe der Platine um 30 % schrumpft. Das erleichtert
eine kompakte Konstruktion und schafft Platz für einen zusätzlichen Motor, der das stufenlose Verstellen der Blende im Videomodus erlaubt. Auch die Df hat eine Besonderheit in petto: Dank klappbarem Blendenkupplungshebel lassen sich hier moderne und alte, vor 1977 konstruierte Nikkor-Objektive ohne Blendenübertragung anschließen; die Belichtung regelt die Df dann per Offenblendenmessung.
Guter Sucher, großer (Schwenk-)Monitor
Bis zur D810 bieten Nikons Vollformater einen hellen Pentaprismensucher mit 100 % Bildfeldabdeckung und effektiv 0,7-facher Vergrößerung; die D5 setzt als einzige mit 0,72-facher Vergrößerung noch einen drauf. Der Monitor fällt an allen gleichermaßen groß aus (3,2 Zoll). Bei D610 und Df handelt es sich um ein Standard-Display mit 307 200
RGB-Pixeln, bei D810 und D750 arbeitet es mit RGBW-Matrix und zusätzlichen Weißpixeln, damit das Bild in sonniger Umgebung vergleichsweise gut erkennbar bleibt. Der D5-Monitor löst mit 786 333 RGB-Pixeln am höchsten auf; außerdem erleichtert er als Touchscreen das Blättern und Scrollen, das Zoomen mit zwei Fingern, die Eingabe von Texten und das Positionieren des AF-Messfelds. Als weiteres Plus bringt die D5 zusätzlich zum Info-Display oben eine LC-Anzeige auf der Rückseite mit.
Ausklappblitz inklusive
Abgesehen von D5 und Df enthalten Nikons Vollformatkameras einen Ausklappblitz mit Leitzahl 9, der sich als Master zur Steuerung von ein oder mehreren optionalen SlaveBlitzgeräten einsetzen lässt. Die Df muss mit ihrem einzelnen SDSteckplatz neben dem Akku zudem auf den klassentypischen DoppelSlot im bequem zugänglichen Seitenfach verzichten. D610 und D750
einen mit zwei SDHC/XDEinschüben, und die D810 hat eine
bilösung für SDHC/XC und CF. Bei der D5 kann man sich zwischen zwei CF- oder zwei XQD-Slots entscheiden. Da die D5 den Ansprüchen von Sportfotografen gerecht werden will, zeichnet sie sich zusätzlich durch eine lange Akkulaufzeit und eine extrem schnelle Serienfunktion aus: Sie schafft 14 B/s und 200 Aufnahmen pro Serie – top. Die kleineren Nikons arbeiten nicht einmal
halb so schnell und weit weniger ausdauernd (4,6 bis 6,1 B/s, 14 bis 100 B/Serie).
Klassisch: Phasen- und Kontrastautofokus
D610 und Df übernehmen die abgespeckte Matrix-Belichtungsmessung mit 2016-Pixel-Sensor und den 39-Punkt-Phasenautofokus mit 9 Kreuzsensoren von Nikons günstigeren Mittelklassekameras. D750 und D810 sind dagegen mit 91 000-Pixel-RGB-Sensor und 51-Punkt-Phasenautofokus inklusive 15 Kreuzsensoren deutlich besser bestückt – die D810 nutzt übrigens noch eine ältere, die D750 eine neuere, lichtempfindlichere AF-Version. Die D5 glänzt, wie es sich für ein Profimodell in dieser Liga gehört, mit Top-Komponenten: einem 180 000-Pixel-Sensor und dem hervorragenden AF-Sensormodul Multi-CAM 20K, das einen eigenen Prozessor mobilisiert und eine gegenüber D750 und D810 verdreifachte Anzahl von Messfeldern besitzt, exakt 153, von denen 99 als Kreuzsensoren ausgelegt und 55 direkt anwählbar sind. Für das Fotografieren bei extrem wenig Licht wurde der AF-Messbereich auf -4 LW ausgedehnt. Auch die „Lockon“-Qualitäten beim Verfolgen von Objekten suchen ihresgleichen. Was das Tempo des Einzel-AF anbelangt, kann sich die D5 bei schwierigen Lichtverhältnissen gegen ihre kleineren Kolleginnen durchsetzen (0,38 s). Bei 300 Lux arbeiten D750, Df und D5 mit 0,3 bis 0,35 s im selben Bereich. Etwas langsamer ist die D610 mit 0,57/0,38 s bei 30/300 Lux. Im Live-View-Modus wechseln die Nikons zu einer Kontrastmessung am Aufnahmesensor, mit der sich die Auslöseverzögerung drastisch verlängert, vor allem bei der D610, der D750 und der D810 (1,02 bis 1,24 s). Etwas besser schneiden Df (0,95 s) und D5 (0,88 s) ab, trotzdem fallen auch mit ihnen Live-View-Aufnahmen bewegter Motive schwer.
Effizient und durchdacht
A610 und D750 folgen einem sehr ähnlichen, offensichtlich durchdachten Bedienkonzept mit doppelstöckigem, arretierbarem Moduswahlrad, Richtungswippe, zwei Universalrädern und Direktzugriffstasten etwa für ISO und Weißab-
gleich. Die D810 bringt noch mehr Bedienelemente mit, unter anderem zusätzliche Knöpfe zum Einstellen von Bildqualität undBel ich tungsmessung. Das Oberflächen layout der Df unterscheidet sich zwar auf der Rückseite kaum von ihren Schwester modellen, doch von oben betrachtet zeigt sich dann doch ihre Ausrichtung als Retro-Kamera: Zu sehen sind hier jede Menge Wahl räder, unter anderem ein doppelstöckiges für ISO-Zahl undBel ich tungs korrektur, eines für den Aufnahme modus, daneben ein weiteres für die Verschlusszeit mit Dreh schalter zum Einstellender Betriebsart. Dazukommen ein universell einsetzbares Rädchen an der Front und eines für die Blende. Die D5 bleibt abgesehen vom Touchscreen als zusätzliche Eingabeebene und einigen kleineren Modifikationen bei dem von der D4s gewohnten und entsprechend bewährten Bedienkonzept.
Da die D610 Kontraste und Kanten nur sehr zurückhaltend verstärkt, wirken ihre JPEG-Bilder auffallend weich. Dafür findet die D610 einen guten Kompromiss zwischen hoher Auflösung (bis 1793 LP/BH) und schwachem Rauschen (0,8 bis 1,7 VN von ISO 100 bis 1600), räumt auch mit einer Dynamik bis 13,0 Blenden ordentlich Punkte ab. Die Df stimmt ihre JPEG-Daten in der Grundeinstellung ein wenig härter ab, hat aber wegen ihrer niedrigeren 16-Megapixel-Auflösung (maximal 1448 LP/BH) das Nachsehen. Die D5 greift noch etwas aggressiver in die Bilder ein als die DF, insbesondere bei ISO 100. Im Vergleich zur Vorgängerin D4s legt sie ordentlich zu, sowohl bei Auflösung (bis 1751 LP/BH) als auch bei Dead-Leaves (max. 1232 LP/BH). Trotzdem muss sie sich bis ISO 3200 der D750 geschlagen geben. Bei höheren ISOZahlen wechselt sie dann allerdings auf die Überholspur, vor allem wegen der besseren Textur, des schwächeren Rauschens (1,0 bis s,3 VN bis ISO 12 800) und moderat ausgeprägter Artefakte.
Fazit
D750 und D810 verdienen beide den Kauftipp Kleinbild. Die D810 punktet vor allem mit der unbestritten höchsten Auflösung im Nikon-System, bei ISO 100 und 400 zudem mit dem besten Gesamtergebnis; und die D750 bringt dafür weniger Artefakte und bei höheren Empfindlichkeiten weniger Rauschen ins Bild. Die D610 liefert in der Grundeinstellung zwar relativ weiche, weniger knackige JPEG-Bilder. Mit der richtigen Nachbearbeitung sollte das allerdings kein Problem, womöglich sogar von Vorteil sein – Kauftipp Preis/Leistung. Der Df fehlen abgesehen vom Design die Argumente, mit denen sie ihren noch immer hohen Preis rechtfertigen und einen Anreiz schaffen könnte, sich für sie und nicht für die D750 zu entscheiden. Bleibt noch die Nikon D5, die mit ihrem tollen Autofokus Maßstäbe setzt und zusammen mit der Canon EOS 1D Mark II zu den belastbarsten, schnellsten SLR-Kameras am Markt gehört.