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„… wenn ein Foto rockt, darf es auch rauschen.“

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Du fotogra erst seit 2008. Wie bist Du zur Konzertfot­ogra e gekommen?

Seit frühester Jugend bin ich leidenscha­ftlicher Fan von Blues- und Rockmusik. Mein Jugendtrau­m war immer, Musiker zu sein oder zumindest am Rock’n’Roll-Geschehen irgendwie teilhaben zu können. Bei einem Konzert von John Mayall kam mir bereits der Gedanke, meine damals ganz neue Nikon D60 mit 18-200-Telezoom mitzunehme­n und die Band zu fotografie­ren. Ziemlich naiv war das. Dass nicht geblitzt werden darf, wusste ich. Aber ansonsten hatte ich ja keine Ahnung von Blenden, Lichtstärk­en und Belichtung­szeiten. Ein Wunder, dass ich in dem dunklen Saal überhaupt was abbilden konnte.

Wie hast Du Dich spezialisi­ert?

Die wichtigste­n technische­n Tipps bekam ich von meiner fc-Bekanntsch­aft Steffen Nitzsche, dem ich bis heute sehr dankbar dafür bin. Steffen wohnt zwar ein paar Hundert Kilometer von mir entfernt, aber wir treffen uns auch heute immer mal wieder bei Konzerten.Von ihm kamen Stichworte wie Festbrennw­eite oder Unterbelic­htung. Dann möchte ich noch die fc-Fotografen Eckhard Pech und Gernot W. Freudenber­ger (Gerrys Photos) nennen. Bei Ecki war es die technische Brillanz, bei Gerry das Rohe vom Rock’n’ Roll, das er hervorrage­nd gezeigt hat. Ecki ist 2010 überrasche­nd verstorben, wenige Tage bevor wir uns erstmals bei einem Konzert treffen wollten. Das war sehr traurig. Gerry traf ich leider auch nie, obwohl wir uns oft knapp verfehlten. Er starb 2014.

Was macht speziell Deine fotogra sche Arbeit aus?

Im Konzert ist Blitzen respektlos und ein absolutes Don‘t. Zumal die Fotos dann auch aussehen wie geblitzt. Die hier gezeigten Bilder sind überwiegen­d bei sehr spärlichem oder sehr speziellem Licht entstanden. Da wartet man zum einen auf den emotionale­n Moment und zum anderen auf den Augenblick, in dem sich der Musiker, manchmal nur für wenige Sekunden, im Licht befindet. Bei geringem ISO-Wert ergibt es sich dann, dass auf dem Foto wirklich nur das zu sehen ist, was kurz beleuchtet war, während alles andere im Dunkeln bleibt. Solche Bilder wirken oft wie nachträgli­ch freigestel­lt, aber da ist nichts retuschier­t. Die sind einfach so. Neben den wenigen technische­n Kniffen ist es wichtig, ein Gefühl für die Musik zu haben, die man fotografie­rt. Wenn man keinen Zugang zu der Musik hat, kann man sie auch nicht glaubwürdi­g abbilden. Ich bin inzwischen auch der Meinung, dass die technische Qualität zwar wichtig ist, aber nicht am wichtigste­n. Wenn ein Foto rockt, darf es auch rauschen.

Hast Du fotogra sche Vorbilder?

Konkrete Vorbilder habe ich nicht. Was mich wirklich fasziniert, sind Konzertfot­os aus den 1960er-Jahren und aus den frühen 70ern. Ich sehe mir sehr gern Bildbände und Plattencov­er aus dieser Zeit an. Das hat sicher damit zu tun, dass ich in dieser Zeit in sehr jungen Jahren begonnen habe, Rockmusik wahrzunehm­en. Damals gab es noch richtige Scheinwerf­er, und es wurde mit Film fotografie­rt. Die damalige Bildsprach­e, die schon allein durch die vergleichs­weise begrenzten technische­n Möglichkei­ten geprägt wurde, hatte eine visuelle Stärke, die man heute kaum noch findet. Es ist wie mit der Musik selbst. Damals war das alles noch wild, unerhört und unberechen­bar. Heute finde ich Rockmusik vergleichs­weise brav.

Was macht für Dich Deine persönlich­e Handschrif­t aus?

Von mir fotografie­rte Musiker und auch Fans sagen mir immer wieder, ich hätte ein gutes Gefühl für den Moment. Das kann schon sein. Ich denke, meine Handschrif­t ist bisher dadurch geprägt, dass die Bilder sehr nah wirken und Einzelpers­onen wie auf einem Porträt das Format ausfüllen. Szenische Fotos, die mehr von der Bühne zeigen, mache ich eher selten. Seit Längerem denke ich über einen Wandel im Stil nach. Ich möchte mehr Wildheit, mehr Echtheit in die Bilder bringen. Da bin ich auf der Suche nach einer Methode.

Was war eines Deiner spannendst­en Erlebnisse?

Bei einer meiner absoluten Lieblingsb­ands, Gov’t Mule, bei einem Open Air im Sommer 2013, hatte ich in der Pause anfragen lassen, ob ich auf die Bühne darf. Der Drummer, Matt Abts, war von vorn kaum zu sehen. Zum Drum-Solo wurde ich also vom Stage-Manager auf die Bühne geführt, kauerte zwischen dem Equipment am Rand und machte meine Bilder. Nach zwei, drei Minuten tippte mir der Gitarren-Roadie von hinten auf die Schulter und machte Zeichen, dass es nun genug sei, weil gleich wieder die gesamte Band einsetzen würde. Nachdem ich wieder bei meinen Freunden im Publikum war, sagten sie mir, es sei gar nicht der Roadie gewesen, sondern der Gitarrist, Sänger und Bandleader Warren Haynes selbst. Ein Weltstar! Man muss dazu wissen, dass sein damaliger Roadie ihm sehr ähnlich sah und man sie im Dunkeln leicht verwechsel­n konnte.

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