Massenphänomen Fotografie
Im letzten Jahr feierte die Fotografie ihren 175. Geburtstag. In dieser langen Zeit gab es unzählige Innovationen. Doch wie viele davon haben die Fotografie als Massenphänomen wirklich dauerhaft verändert und ältere Technologien vom Markt verdrängt? Man kann sie an den Fingern einer Hand abzählen:
• George Eastmans Kodak Box 1 machte die Fotografie mobil und öffnete ihr den Weg in den Massenmarkt. Der Film löst die Glasplatte ab. Das war 1888.
• Oskar Barnacks Ur-Leica definierte das Filmformat 24 36 Millimeter und damit Kameras, die in die Tasche passen. Sie kommt 1923 auf den Markt, 35 Jahre nach der Kodak Box.
• Weitere 40 Jahre später wurde die Farbfotografie massentauglich: Dank automatisierter Entwicklung und Vergrößerung sind Farbbilder seit den 1960er-Jahren billiger als Schwarzweißabzüge.
• Und in den 1990er-Jahren schließlich begann der Siegeszug der Digitalkameras, die heute den Markt dominieren. Der Film hat ausgedient.
Steht uns demnächst die fünfte Revolution bevor?
In welchem Maß werden Smartphones über kurz oder lang die Kamera ersetzen? Längst sind sie das meistgenutzte Aufnahmegerät und haben die Fotografie um eine interessante Facette erweitert – als das perfekte fotografische Notizbuch. Doch wie praxistauglich sind sie bei gehobenen Ansprüchen? In der COLORFOTO-Redaktion ist Technik natürlich ein zentrales Thema – aber mehr auch nicht. Kein Selbstzweck, sondern nur ein Weg zu guten Bildern und Spaß am Fotografieren. Als vor 25 und mehr Jahren das eigene Labor eine Schlüsseltechnologie war, hat COLORFOTO ausgiebig darüber berichtet. Und trotzdem als eine der ersten Zeitschriften Nachrufe geschrieben, als Photoshop & Co. am heimischen Rechner das Labor dann überflüssig machten. Alles hat seine Zeit.
Seit etwa zwei Jahren ist deshalb auch die Smartphone-Fotografie verstärkt in den Fokus der COLORFOTO-Redaktion gerückt. Zusammen mit Huawei wollten wir nun im Workshop die Möglichkeiten und Grenzen der Smartphone-Fotografie evaluieren. Warum gerade mit Huawei? Ganz einfach: Huawei geht das Thema Smartphone-Fotografie sehr ernsthaft auf Hard- und Softwareseite an und hat sicher nicht zufällig Leica als Kamera-Partner gewinnen können. Zentrale Fragen bei diesem exklusiven Workshop waren: Was erwartet der Fotograf von seinem Smartphone? Welche Hardware soll es sein, was ist heute schon gut, was fehlt noch? Wie soll die Bedienung aufgebaut sein? Und natürlich wollten wir wissen: Was wollen Fotografen zu diesem Thema in ihrer Zeitschrift lesen: Hardware, Apps, Praxis?
Proof of Concept in Regensburg
Der Smartphone-Tag in Regensburg bestand aus drei Teilen:
1. einleitender Workshop
2. Fotosession
3. Diskussion der Bilder und Erfahrungen
Für drei praktische Aufgaben in der Altstadt – die Themen hießen Menschen, Mittelalter und Türen – stand jedem Workshop-Teilnehmer ein aktuelles Huawei P10 zur Verfügung. Nicht nur das zeitgleich stattfindende Bürgerfest sorgte für großar tige Stimmung, auch die Teilnehmer waren bester Laune, gingen die Aufgaben engagiert an und unterstützten sich gegenseitig, wenn es mal erforderlich war. Bei der Bild- und Technikbesprechung am Nachmittag wurden die Bilder per Beamer gezeigt und in der Gruppe ausgiebig diskutiert – unter technischen, aber auch gestalterischen Aspekten.
Ein Blick in die Zukunft
Das größte Aha-Erlebnis für alle war das RAWFormat. Selbst Teilnehmer, die bereits über ein RAW-fähiges Smartphone verfügten, hatten diese Variante noch nicht ausprobiert. Und alle waren überzeugt, ob des damit möglichen Zugewinns an Bildqualität gegenüber JPEG. Man war sich einig, dass Smartphones noch kein Ersatz für eine Systemkamera sind – wohl aber für eine Kompaktkamera, auch für eine gehobene.
Leidenschaftlich wurde auch über zukünftige Entwicklungen spekuliert. „Smartphones könnten die Fotolandschaft stärker verändern als der Wechsel von analogen zu digitalen Kameras um die Jahrtausendwende“, wagte COLORFOTO-Chefredakteur Werner Lüttgens einen Blick in die Glaskugel. „Im Smartphone wird nie Platz für einen KB-Sensor sein, aber die Kombination kleiner Sensoren wird weitergehen. Auch klassischen Linsensystemen muss nicht die Zukunft gehören.“Natürlich wird Fotografieren mit dem Smartphone immer anders sein als mit einer Kamera – aber schließlich will die Zeitanzeige des Smartphones auch die Rolex am Handgelenk nicht ersetzen.