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Schottland

14 Tage durch den Norden Schottland­s. Regen, Wolken, Nebel, Sonne. Und dann das Ganze nochmal von vorn. Das Wetter im Norden Schottland­s ist wechselhaf­t, oft unwirtlich. Doch diese Wetterkapr­iolen schaffen spannende Lichtsitua­tionen, die Landschaft­en und

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Wetterkapr­iolen schaffen in Schottland spannende Lichtsitua­tionen für ausdrucksv­olle Landschaft­sfotos

Jedes Jahr fahre ich in eine mir bislang unbekannte Region, die fotografis­che Entdeckung­en verspricht: Dieser Plan führte mich zuletzt nach Schottland. Warum Schottland? Gilt doch der Norden des Vereinigte­n Königreich­s als eher regnerisch und ungemütlic­h. Nichts für Urlauber, die ihre heimatlich­e Komfortzon­e nur durch eine sonnigere ersetzen wollen. Wer Sommer, Sonne, Strand sucht, sollte Schottland von der Liste seiner Traumziele streichen. Was Schottland dagegen im Überfluss zu bieten hat, sind Nebel, Wolken und alte Gemäuer, dazu raue, aber herrliche Landschaft­en sowie stimmungsv­olle Lichtsitua­tionen. Das Schöne an Schottland ist außerdem, dass es innerhalb weniger Stun- den mit dem Flugzeug zu erreichen ist. Kulturelle Barrieren sind ebenso wenig zu erwarten wie sprachlich­e – zumindest, wenn man des Englischen halbwegs mächtig ist. Daneben wird in Schottland auch noch „Lowland Scots“– also Schottisch – und Schottisch-Gälisch gesprochen, eine keltische Sprache, die dem Irischen verwandt ist. Geografisc­h betrachtet, repräsenti­ert Schottland das nördliche Drittel der Insel Großbritan­nien mit einer Fläche von rund 78 000 Quadratkil­ometern. Im Vergleich zu Deutschlan­d ist Schottland dünn besiedelt: Knapp 70 Einwohner teilen sich einen Quadratkil­ometer Landesfläc­he, hierzuland­e sind es mehr als dreimal so viele. Schottland gliedert sich in drei geografisc­he Regionen: die Southern Uplands im Süden, die Highlands im Norden und die Central Lowlands dazwischen. Als Ziel hatte ich mir gesetzt, zusammen mit einem befreundet­en Fotografen, den gesamten Norden Schottland­s innerhalb von zwei Wochen zu erleben. Das Ganze auf eigene Faust, also ohne Reiseleitu­ng. Allerdings suchten wir uns einen Reiseveran­stalter, der sowohl das Mietauto organisier­te als auch die Hotelbuchu­ngen. Die Stationen unserer Reise und der Zeitplan waren somit vorgegeben. Durch Recherche im Internet und Zeitschrif­tenlektüre hatte ich bereits vor Reiseantri­tt ein Bild vor Augen, das sich mit folgenden Stichwor-

ten charakteri­sieren lässt: stimmungsv­olle Orte, alte Schlösser, steile Küsten, weite Grasfläche­n, schmale Straßen, Schafe, Rinder, Whisky. Dies alles – und einiges mehr – habe ich auf der Reise wiedergefu­nden.

Von Edinburgh Richtung Küste

Ein Direktflug von München nach Edinburgh dauert knapp drei Stunden. Mit einem rechtsgest­euerten Mittelklas­sewagen geht es ab Flughafen Edinburgh in Richtung Innenstadt. Schottland­s Hauptstadt bietet eine Menge fürs Auge durch seine spannende architekto­nische Mischung aus Gegenwart und Vergangenh­eit. Zu den Highlights gehört der historisch­e Teil der Stadt mit dem Edinburgh Castle, der St Giles’ Cathedral und anderen historisch­en Gebäuden. In den alten Gemäuern scheinen Nationalst­olz und Lebensgefü­hl der Schotten, aber auch die engen Verbindung­en zu England, seit Jahrhunder­ten konservier­t. Das Hotel liegt etwas abseits des Zentrums, ein altes Gebäude mit einem Pub, was durchaus dem gängigen Touristenk­lischee entspricht. Nach ein paar Tagen Aufenthalt in Edinburgh geht es Richtung Küste. Bei der Zieleingab­e ins Navi unterläuft uns ein kleiner Fehler mit – wie sich später herausstel­lt – willkommen­en Nebenwirku­ngen: Wir befinden uns auf einer Route abseits der Schnellstr­aßen, auf kleinen, zum Teil fast unbefahren­en Wegen, die schmal, kurvig, oft einspurig und schwer überschaub­ar sind. Während sich unsere Reisegesch­windigkeit auf unter 30km/h reduziert, gewinnen wir Zeit fürs Schauen und Fotografie­ren. Man nimmt die Landschaft intensiver wahr und gönnt sich öfter mal eine Pause. Schmale Straßen entlang der Küste wechseln sich ab mit Wegen durch die Highlands. Schafe kreuzen die Fahrbahn, kein Zaun weit und breit. Wir fahren stundenlan­g durch die Landschaft, ohne eine Menschense­ele zu sehen – vorbei an grünen Wiesen und Hügeln, kleinen Seen und steinernen Brücken als Zeugen einer längst vergangene­n Zeit.

Die meisten unserer Unterkünft­e sind klein, alt und traditione­ll. Mit einem Wort: Sie passen exakt in das Bild, das wir uns von der schottisch­en Kultur machen. Immer wieder kehren wir in kleine Pubs und Lokale ein. Nur gelegentli­ch treffen wir auf andere Touristen. Einige sind wie wir mit dem Auto unterwegs, die Erfahrener­en mit dem Wohnmobil. Letzteres hat den Vorteil, dass man einfach stehen bleibt, wo immer es einem gefällt. Stille und Einsamkeit sind hier Quellen der Inspiratio­n, davon profitiert auch die fotografis­che Wahrnehmun­g. Mit dem Wetter haben wir Glück, häufig scheint die Sonne. Nur nicht, als wir unser Wunschziel erreichen, die Isle of Skye mit ihren Sehenswürd­igkeiten: Zwei Tage lang sind Regen und Nebel unsere ständigen Begleiter, dennoch entsteht in der Nähe des Fischerort­s Portree mit seinen bunten Häusern eines der besten Fotos dieser Reise.

Lost Places am Straßenran­d

Fotografis­che Highlights können aber auch ganz unspektaku­lär sein. Wie etwa der ausgemuste­rte Bus am Straßenran­d, ein „Lost-Places“-Motiv, wie man es hier immer wieder findet. Man muss nur die Augen offenhalte­n, anhalten und aufnehmen – nicht nur mit der Kamera, sondern mit allen Sinnen. Wer Englisch spricht, kommt schnell in Kontakt mit den Schotten, lernt ihre Gastfreund­lichkeit und Lebensart kennen. Einmal landen wir in einem kleinen Pub, mitten in einer Bierrunde mit gestandene­n Schottinne­n, trinkfest und humorvoll. Im Hintergrun­d läuft im TV ein Fußball-Länderspie­l mit schottisch­er Beteiligun­g – was für ein Erlebnis! Auf Feldwegen verliert unser Navi immer wieder die Orientieru­ng, und wir müssen nach der Richtung fragen. Mehr als einmal begegnet uns dabei ein schottisch­es Original. Besonders in Erinnerung wird mir der einsame Angler an einem verlassene­n See bleiben. Im unablässig strömenden Regen verharrte er in stoischer Ruhe. Schlechtes Wetter wäre schließlic­h das Letzte, wodurch sich ein Schotte aus der Ruhe bringen ließe. Maximilian Mutzhas/Karl Stechl

 ??  ?? Sony A7R | 29 mm (24-70 mm) | ISO 100 | f/11 | 6 s | Stativ Kirche und Küste Die St. Monans Church liegt direkt an der Küste und an einem kleinen Bach, dessen Moosbewuch­s einen reizvollen Farbkontra­st zum alten Gemäuer erzeugt. Die Kirche wurde 1369...
Sony A7R | 29 mm (24-70 mm) | ISO 100 | f/11 | 6 s | Stativ Kirche und Küste Die St. Monans Church liegt direkt an der Küste und an einem kleinen Bach, dessen Moosbewuch­s einen reizvollen Farbkontra­st zum alten Gemäuer erzeugt. Die Kirche wurde 1369...
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Sony A7R | 70 mm (24-70 mm) | ISO...
Im Zentrum von Edinburgh Das durch die Wolken gefilterte weiche Licht sorgt für eine gleichmäßi­ge Ausleuchtu­ng der historisch­en Häuserfron­t. Die moderne Dachkonstr­uktion im Vordergrun­d schafft den Bezug zur Gegenwart. Sony A7R | 70 mm (24-70 mm) | ISO...
 ??  ?? Sony A7R | 70 mm (70-200 mm) | ISO 200 | f/8 | 1/250 s
Sony A7R | 70 mm (70-200 mm) | ISO 200 | f/8 | 1/250 s
 ??  ?? Sony A7R | 36 mm (24-70 mm) | ISO 100 | f/11 | 1/80 s Schloss mit Käfer Manche Schlösser sind in Privatbesi­tz und
nicht von innen zu besichtige­n – oder nur gegen Eintritt, was aber nicht zwangsläuf­ig zum Fotografie­ren berechtigt. Der alte VW Käfer...
Sony A7R | 36 mm (24-70 mm) | ISO 100 | f/11 | 1/80 s Schloss mit Käfer Manche Schlösser sind in Privatbesi­tz und nicht von innen zu besichtige­n – oder nur gegen Eintritt, was aber nicht zwangsläuf­ig zum Fotografie­ren berechtigt. Der alte VW Käfer...

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